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Der Bundestag hat am Donnerstag mit knapper Mehrheit für eine Verschärfung der Migrationspolitik gestimmt.

© IMAGO/Achille Abboud/IMAGO/Achille Abboud

Hauchdünne Mehrheit im Bundestag: Wo der Brandmauer die Stimmen fehlten

Um eine Mehrheit mit der AfD zu verhindern, widersetzten sich einzelne Abgeordnete am Mittwoch der Fraktionsdisziplin. Viele andere blieben der Abstimmung fern. Eine Übersicht.

Stand:

Vier Stimmen – mehr hätte es nicht gebraucht, um den Antrag scheitern zu lassen, den CDU, CSU und AfD gestern im Bundestag gemeinsam verabschiedeten. Er wurde mit einer hauchdünnen Mehrheit angenommen: 348 Abgeordnete stimmten dafür, 344 dagegen. Zehn weitere enthielten sich.

Bei einer so knappen Mehrheit fällt jede einzelne Abweichung von der Fraktionsdisziplin, aber auch jede nicht abgegebene Stimme ins Gewicht. Gerade, wenn es aus der Sicht vieler Abgeordnet darum geht, die Brandmauer zur AfD zu verteidigen.

Abweichler und Abwesende

Wer waren die Abgeordneten, die gegen ihre Kollegen stimmten oder keine Stimme abgaben – und was war ihr Motiv? Der Tagesspiegel hat bei allen Abweichlern und Abwesenden angefragt.

Antje Tillmann, Abgeordnete der CDU aus Thüringen, am Rednerpult des Deutschen Bundestags. Sie stimmte gegen ihre Fraktion.

© IMAGO/Janine Schmitz/photothek.de

Am meisten Aufmerksamkeit zog die Thüringer CDU-Abgeordnete Antje Tillmann auf sich, die als einzige gegen den Antrag ihrer eigenen Fraktion zur Verschärfung der Migrationspolitik stimmte. Zu ihren Motiven hat sie sich bislang nicht geäußert. Tillmann tritt bei der anstehenden Bundestagswahl nicht erneut an.

Rechtsextreme dürfen im Deutschen Bundestag niemals das Zünglein an der Waage sein.

Ulrich Lechte, FDP-Abgeordneter aus Baden-Württemberg

Darüber hinaus gab es zwei Abweichler bei der FDP. Anikó Glogowski-Merten und Ulrich Lechte enthielten sich, statt gemeinsam mit ihren Kollegen dem Unions-Antrag zuzustimmen. Beide erklärten ihre Entscheidung mit inhaltlichen Bedenken.

„Auf wissentliche Mehrheiten mit der AfD zu bauen, ist für mich inakzeptabel. Rechtsextreme dürfen im Deutschen Bundestag niemals das Zünglein an der Waage sein“, sagte Lechte dem Tagesspiegel. Glogowski-Merten ließ in einem Statement wissen, der Unions-Antrag sei „weder nach nationalem noch nach europäischem Recht umsetzbar“.

Nicht alle Mitglieder der Unionsfraktion stimmten am Mittwoch für eine Verschärfung der Migrationspolitik, wie sie CDU-Chef Friedrich Merz und seine Kollegen fordern.

© dpa/Kay Nietfeld

Darüber hinaus blieben zahlreiche Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen der Abstimmung fern. Bei der CDU fehlten acht Fraktionsmitglieder. „Ich ertrage diese Nähe zur AfD nicht. Für mich ist eine rote Linie überschritten“, erklärte Monika Grütters aus Berlin ihre Abwesenheit. Auch Anette Widmann-Mauz gab an, inhaltliche Bedenken zu haben.

Betretenes Schweigen bei vielen Unions-Abwesenden

Der Berliner CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann wollte keinen Kommentar zu seinem Fernbleiben abgeben, ebenso wie dessen Fraktionskollegen Sabine Weiss und Marco Wanderwitz. Letzterer ist Mitinitiator des AfD-Verbotsantrags. Ebenfalls abwesend war der als Teil des liberalen Flügels der CDU geltende Roderich Kiesewetter.

Die CDU-Politikerin Astrid Timmermann-Fechter gab an, aus gesundheitlichen Gründen gefehlt zu haben, den Antrag jedoch zu unterstützen. CDU-Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas äußerte sich nicht zu ihrer Abwesenheit.

Krankheit als häufigster Fehlgrund

Auch bei den Liberalen stimmten acht Abgeordnete nicht ab. Von ihnen antworteten fünf auf die Tagesspiegel-Anfrage, drei davon gaben Krankheit oder Mutterschutz als Grund für ihr Fehlen an. Ria Schröder wollte keinen Kommentar abgeben. „Ich konnte nicht teilnehmen“, sagt Jens Brandenburg, ohne genauere Gründe zu nennen. „Es wäre gut, wenn wir gemeinsame demokratische Positionen über die Fraktionsgrenzen hinweg finden würden“, sagte er.

Bei der SPD, die in sozialen Medien von einem „Tabubruch“ gesprochen hatte, fehlten sieben Abgeordnete. Zwei von ihnen erklärten ihr Fernbleiben mit einer Erkrankung, ein weiterer gab die Geburt seines Kindes als Grund an. Eine weitere Abgeordnete verwies auf einen Trauerfall in der Familie. Bei den Grünen und dem BSW fehlten je zwei Abgeordnete, die allesamt auf gesundheitliche Gründe verwiesen.

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