zum Hauptinhalt

Politik: Herzlich, aber hart

Schröder und Chirac betonen Einigkeit im Streit um die EU-Verfassung – und wollen gegenüber Polen und Spanien nicht nachgeben

Regieren ist eine zeitaufwändige Sache, insbesondere wenn man an die außenpolitischen Verpflichtungen denkt – so hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder sinngemäß am vergangenen Freitag seinen angekündigten Rücktritt vom SPD-Parteivorsitz unter anderem begründet. Wie um dies zu verdeutlichen, stand der Montag des Kanzlers schwer im Zeichen der EU-Politik. Am Abend traf er in Dublin den europäischen Ratspräsidenten, den irischen Regierungschef Bertie Ahern, um einen Kompromiss zur umstrittenen EU-Verfassung auszuloten. Zuvor bekräftigte Schröder gemeinsam mit Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac im Schloss Genshagen in Brandenburg noch einmal die gemeinsame Linie zur EU-Verfassung. Und die lautet: Deutschland und Frankreich wollen eine Einigung in diesem Jahr, „aber nicht um jeden Preis“.

Vergeblich hatten 25 europäische Staats- und Regierungschefs im vergangenen Dezember in Brüssel die Frage zu lösen versucht, wie die Macht in der EU bei Abstimmungen im Ministerrat künftig verteilt werden soll. Polen und Spanien beharrten auf einem Abstimmungssystem, das den beiden Staaten jeweils fast genauso viele Stimmen wie Deutschland zusichert, obwohl ihre Bevölkerungszahl deutlich unter der Deutschlands liegt. Dagegen favorisierten Berlin und Paris das System der so genannten „doppelten Mehrheit“. Danach gilt ein Beschluss im EU-Ministerrat in der erweiterten EU künftig als angenommen, wenn 13 der 25 EU-Staaten zustimmen – sofern diese 60 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten. Bei ihren informellen Konsultationen in Genshagen zeigten sich Schröder und Chirac unnachgiebig: Deutschland und Frankreich „müssen auf der doppelten Mehrheit bestehen“, bekräftigte der Kanzler.

Darüber hinaus zeigten Schröder und Chirac mit ihrer Forderung nach einer Verkleinerung der EU-Kommission wenig Verhandlungsbereitschaft in einer weiteren strittigen Frage der geplanten Verfassung. Chirac betonte, dass „in jedem Fall“ unter der niederländischen EU-Präsidentschaft eine Lösung des europäischen EU-Verfassungsstreits gefunden werden müsse. Die Niederlande übernehmen in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft. Hart bleiben wollen Deutschland und Frankreich darüber hinaus mit ihrer Forderung, die EU-Ausgaben ab dem Jahr 2007 bei einem Prozent der EU-Wirtschaftsleistung zu deckeln.

Mit Blick auf die Irak-Politik beider Länder hoben Schröder und Chirac die Übereinstimmung ihrer Positionen und die „enge und freundliche Zusammenarbeit“ hervor. Für Afghanistan kündigte Schröder erneut an, dass der Einsatz der deutsch-französischen Brigade geprüft werde. Voraussichtlich im August wird das Eurokorps mit Soldaten aus fünf Ländern der Europäischen Union das Kommando der internationalen Isaf-Truppe in Afghanistan übernehmen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false