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Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hat beim Besuch in Polen und Litauen eine Doppelrolle: Er vertritt seine Partei, aber auch sein Land.

© Andreas Arnold/dpa

Friedrich Merz in Warschau: Im Ausland, bitte, ein anderer Ton

In Berlin darf der Oppositionsführer die Regierung scharf kritisieren. In Polen und Litauen vertritt er neben seiner Partei auch sein Land. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Wie viel Loyalität schuldet die Opposition der Regierung in Kriegszeiten, um die nationalen Interessen nicht zu beschädigen? Darf sie deren Politik im In- und Ausland scharf kritisieren?

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Diese Fragen stellen sich angesichts der Reise des CDU-Chefs Friedrich Merz nach Polen und Litauen. Der gute Ruf Deutschlands hat dort in den fünf Monaten Krieg in der Ukraine erheblich gelitten.

Kanzler Olaf Scholz gilt als zögerlich bei der Waffenhilfe an die Ukraine und an östliche Nato-Partner. Und ebenso bei der Umstellung der deutschen Energieversorgung.

Wenn die Opposition den Kurs der Regierenden für falsch, ja: für schädlich hält, muss sie das sagen. Aber auch Auswege nennen, damit die Bürger wissen: Es gibt Alternativen – in der Sache. Und ebenso beim Regieren.

Die Bühne für harte Attacken sollte das Inland sein

Es macht freilich einen Unterschied, an welchem Ort die Kritik geäußert wird und in welchem Ton. Es gehört sich nicht, das Ausland als Bühne zu nutzen, um die Regierung hart anzugreifen. Je schärfer die Vorwürfe, umso eher müssen sie daheim vorgebracht werden.

Mehr zum Ukraine-Krieg bei Tagesspiegel Plus:

Im Ausland hat ein Oppositionsführer eine Doppelaufgabe. Er darf zu erkennen geben, was er anders machen würde. Zugleich muss er das internationale Ansehen des eigenen Landes schützen und um Verständnis werben, warum deutsche Interessen hier und da von denen der Partner abweichen.

Er sollte erläutern, inwieweit es an den Kapazitäten deutscher Rüstungskonzerne und nicht fehlendem Willen der Regierung liegt, wenn Leopard-Panzer später als erhofft geliefert werden. Und Pauschalvorwürfe mit antideutschem Unterton, wie sie die nationalpopulistische Regierung in Warschau pflegt, um innenpolitisch zu punkten, zurückweisen.

Im Idealfall verbessert die Opposition die Außenpolitik

Daran ist Merz zu messen. Die scharfe Version der Kritik hat er vor der Abreise in deutschen Medien geübt. In Warschau und in Vilnius wird zu beobachten sein, ob er der Doppelrolle gerecht wird, dort nicht nur seine Partei, sondern auch sein Land zu vertreten.

Im Idealfall können sich die innen- und außenpolitischen Aufgaben eines Oppositionsführers nämlich auf konstruktive Weise ergänzen. Weil daraus Chancen erwachsen, die deutsche Außenpolitik zu verbessern. Und den Partnern klar zu machen, wo Regierung und Opposition zusammenstehen.

So wie beim Merz-Besuch in Kiew Ende April. Damals hatte die Ausladung des Bundespräsidenten Steinmeier durch die Ukraine eine eisige Stimmung zwischen Berlin und Kiew geschaffen. Die Kritiker taten Merz Reise in die Ukraine als Show-Einlage ab. Tatsächlich trug er durch die Tonlage seiner Gespräche zur Entspannung bei.

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