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Großes Gefälle. In Baden-Württemberg bekommen Pflegekräfte fast 1000 Euro mehr als die Kollegen in Sachsen-Anhalt.

© picture alliance / dpa

Kosten fürs Pflegeheim: Im Westen 30 Prozent teurer

Die Preise für Pflegeheim-Plätze variieren von Bundesland zu Bundesland erheblich. Der Regierung zufolge liegt das an der unterschiedlichen Bezahlung der Fachkräfte. Doch das Beispiel Berlin widerspricht dieser These.

In Deutschland variieren die Kosten für Plätze in Pflegeheimen trotz einheitlicher Pflegesätze und Leistungsansprüche je nach Bundesland um bis zu 30 Prozent. Das ist einer Preisübersicht der privaten Krankenversicherer zu entnehmen, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Am teuersten in NRW, am billigsten in Sachsen

Am teuersten sind Heimplätze demnach in Nordrhein-Westfalen, sie kosten dort je nach Pflegestufe zwischen 2802 Euro (Stufe 1) und 3970 Euro (Stufe 3). In Sachsen sind dafür im Schnitt nur 1951 Euro (Stufe 1) bis 2780 Euro (Stufe 3) fällig – und in Sachsen-Anhalt werden für die dritte Pflegestufe gar nur 2640 Euro verlangt.

Die höchsten Kosten für Pflegeheimplätze hat Nordrhein-Westfalen, die niedrigsten Sachsen-Anhalt.
Die höchsten Kosten für Pflegeheimplätze hat Nordrhein-Westfalen, die niedrigsten Sachsen-Anhalt.

© Tsp/Anna Schmidt

Das bedeutet Preisunterschiede von bis zu 1330 Euro, die von den Bewohnern im Regelfall komplett aus eigener Tasche zu zahlen sind, da die Pflegeversicherung aufgrund ihres Teilkaskoprinzips die Kosten selbst in den günstigsten Heimen nicht annähernd deckt.

Derzeit bekommen Heimbewohner für die Pflegestufe 1 gerade mal 1064, für die zweite Stufe 1330 und für die dritte 1612 Euro. Bleibt ein durchschnittlicher Eigenanteil von 887 bis 2358 Euro im Monat – je nach Pflegestufe und Bundesland.

Pflegebeauftragter: Nur im Westen und Süden werden Pflegekräfte fair bezahlt

Als wesentlichen Grund für die enormen Preisunterschiede nennt der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, die unterschiedliche Bezahlung der Pflegekräfte. Im süddeutschen Raum und in Nordrhein-Westfalen würden Pflegekräfte „zumeist fair bezahlt“, sagte er dem Tagesspiegel. Das habe eine von ihm in Auftrag gegebene Studie deutlich gezeigt. „In diesen Regionen haben wir eine hohe Tarifbindung. Im nord- und ostdeutschen Raum sieht das anders aus.“

Beispiel Nordrhein-Westfalen: Laumanns Erhebungen zufolge verdient eine Pflegekraft dort im Schnitt monatlich fast 500 Euro mehr als in Niedersachsen. „Deshalb fallen die Pflegekosten dort grundsätzlich auch höher aus.“ Hinzu komme eine Ausbildungsumlage, die den Preis ebenfalls erhöht. Die Pflegebedürftigen in Deutschlands bevölkerungsreichsten Bundesland müssten diese höheren Kosten jedoch nicht ganz alleine stemmen, betonte Laumann. Sie würden „mit dem in Nordrhein-Westfalen gezahlten Pflegewohngeld gleichzeitig entlastet“.

Tatsächlich ergibt die zu Jahresbeginn veröffentlichte Studie, dass Fachkräfte der Altenpflege in Baden-Württemberg am meisten (im Schnitt 2725 Euro) und in Sachsen-Anhalt am wenigsten (im Schnitt 1743 Euro) verdienen. Altenpflegehelfer werden in Nordrhein-Westfalen am besten (2092 Euro) und in Sachsen am schlechtesten (1396 Euro) bezahlt. Und im generellen Ost-West-Vergleich bekommen in den alten Bundesländern Fachkräfte 623 Euro und Hilfskräfte 360 Euro mehr als in Ostdeutschland.

Nur Berlin schafft beides: Hohe Kosten und miese Bezahlung

Auffällig dabei ist jedoch, dass in Berlin, das bei den Heimkosten ganz oben dabei ist, die Bezahlung eher mies ausfällt. Hier gibt es für Fachkräfte im Schnitt gerade mal 2271 Euro und für Altenpflegehelfer 1826 Euro im Monat. Dabei rangiert die Hauptstadt bei den Pflegestufen 1 und 2 mit Durchschnittskosten von 2756 und 3336 Euro gleich nach Nordrhein-Westfalen. Berlin ist damit für die noch etwas rüstigeren Heimbewohner das zweitteuerste Bundesland. Nur bei der Pflegestufe 3 (Durchschnittskosten in Berlin: 3750 Euro) schieben sich noch das Saarland (3872 Euro) und Hamburg (3846 Euro) dazwischen.

Apropos Saarland: Dort hatten Pflegeheimbewohner im vergangenen Jahr den stärksten Kostenanstieg zu verkraften. Die Durchschnittskosten in der Pflegestufe 1 stiegen dort binnen eines Jahres (zwischen Ende 2013 und 2014) um 135, in der Pflegestufe 2 um 170 Euro und in der Pflegestufe 3 um 209 Euro. In Sachsen kam es in diesem Zeitraum gerade mal zu einem Preisanstieg von 10,04 (Stufe 1), 12,78 (Stufe 2) und 14,60 Euro (Stufe 3).

Preisanstieg binnen eines Jahres um bis zu 230 Euro

Gründe für den unverhältnismäßigen Preisanstieg im Saarland vermochte das Gesundheitsministerium des Landes auf Anfrage nicht zu nennen. Übertroffen wurde diese Kostenexplosion einzig von Bayern in der Pflegestufe 2, wo sich die Durchschnittskosten für die Heimbetreuung um 230 Euro erhöhten.

Laumann ärgert sich über die enormen Vergütungs-Unterschiede, die sich letztlich auf die Preise auswirken. „Für mich ist klar: Der Wettbewerb in der Pflege darf nicht über die Löhne geführt werden“, sagt er. „Sonst werden wir eine Spirale in Gang setzen, die nach unten führt.“ Um gute Pflege sicherzustellen, müsse sich der Wettbewerb zuallererst an der Qualität orientieren. Dazu gehörten auch für die Pflege „flächendeckend faire, in Tarifverträgen vereinbarte Löhne“.

Ein umfangreiches Informationspaket zum Thema Pflege, zu Kosten und Finanzierung und zu Preisen, Ausstattung und Qualität von rund 300 Berliner Pflegeheimen bietet das jetzt neu erschienene Magazin „Tagesspiegel Pflegeheime“. Die Ausgabe hat 156 Seiten Umfang und kostet 12,80 Euro. Sie ist im Zeitschriftenhandel sowie im Tagesspiegel-Shop (Telefon 030 29021 520) oder im Internet unter www.tagesspiegel.de/shop erhältlich.

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