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Bundespräsident Christian Wulff

© dpa

Affäre um Bundespräsident Wulff: Immer neue Vorwürfe, immer neue Berichte

Seit Dezember zieht sie sich nun hin - die Affäre um den Bundespräsidenten. Immer neue Vorwürfe, immer neue Berichte. Jetzt will die Staatsanwaltschaft ermitteln.

Am frühen Nachmittag schien Christian Wulff noch ganz entspannt. Bei einem Gespräch mit Journalisten ging es um Italien, Griechenland und die Schuldenkrise, um den Euro und nur am Rande um die Vorwürfe, denen sich der Bundespräsident seit nun über zwei Monaten ausgesetzt sieht. Doch mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft in Hannover am Donnerstagabend (hier deren Erklärung im Wortlaut) hat die Affäre Wulff eine neue Dimension angenommen. Es ist in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig, dass nun der Bundestag die Aufhebung der Immunität des Staatsoberhaupts beschließen soll.

Dem Antrag wird das Parlament voraussichtlich folgen. Damit ist aber der Ausgang der rechtlichen Auseinandersetzung noch lange nicht absehbar. Manche Experten meinen, die Ermittlungen würden mit großer Wahrscheinlichkeit wegen Mangels an Beweisen eingestellt werden. Nur: Kann sich Wulff so lange im Amt halten? Die Forderungen nach Rücktritt, gerade etwas leiser geworden, dürften nun noch lauter als je zuvor erschallen.

Seit dem 13. Dezember letzten Jahres widersetzt sich Wulff klar und entschlossen allen Forderungen, wegen der diversen Vorwürfe Konsequenzen zu ziehen. An diesem Tag ging die „Bild“-Zeitung mit dem 500.000-Euro-Privatkredit für Wulffs Einfamilienhaus in Großburgwedel und sein bisheriges Schweigen darüber an die Öffentlichkeit. Der Bundespräsident war auf Reisen in den Golfstaaten. Wulffs Anruf am Vorabend auf die Mailbox von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann und der Versuch, die Veröffentlichung zu verhindern oder zu verzögern, blieb ohne Erfolg.

Doch dies war nur der Anfang: Danach kam der plötzliche Abgang seines Sprechers Olaf Glaeseker, gegen den inzwischen ermittelt wird, Berichte über Urlaube bei Unternehmerfreunden auf Mallorca und in Florida, über Staatshilfe für den Party-Manager Manfred Schmidt. Und wenn es so schien, das Interesse an der Affäre habe nachgelassen, kamen neue Berichte - zuletzt der Sylt-Urlaub mit dem Film-Freund David Groenewold. Ausgerechnet dieser Kurzurlaub und die Frage, ob Wulff die Kosten tatsächlich später in bar an Groenewold gezahlt oder eben doch kostenlos Urlaub gemacht hat, könnten nun kritisch für den Bundespräsidenten werden. Denn unabhängig vom Ausgang der Ermittlungen: Alle, die seit zwei Monaten den Rücktritt des Bundespräsidenten fordern, dürften sich bestätigt fühlen.

Wirklich abtreten muss Wulff deshalb noch lange nicht. Erst wenn tatsächlich Anklage erhoben werden sollte, wäre er endgültig nicht mehr zu halten. Die Frage scheint eher, ob er und seine Frau Bettina dem erwarteten massiven politischen Druck noch standhalten können. Unübersehbar hat die Affäre schon jetzt Spuren hinterlassen. Der Präsident erscheint abgemagert, manchmal fahrig und unkonzentriert. Wie gerne würde er sich um seine politischen Aufgaben kümmern, wie zuletzt in Italien für die Einheit Europas werben.

Aber selbst beim Staatsbesuch in Rom zu Beginn dieser Woche musste sich Wulff immer wieder bohrende Fragen von mitreisenden Journalisten gefallen lassen. Da nutzte es auch wenig, dass sich im Gastland niemand für die Affäre Wulff interessierte, und dass es sich für italienische Verhältnisse wohl eher um Kleinigkeiten handelt. (dpa)

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