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Politik: In den letzten Zügen

Die Bundesregierung kippt ihre Pläne für ein Rauchverbot. Welche Regelungen wird es in den Ländern geben?

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Beim Nichtraucherschutz in Gaststätten hat der Bund aus verfassungsrechtlichen Gründen den Rückzug angetreten – damit sind die Länder wieder am Zug. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass das, was die Arbeitsgruppe vorlegt, nicht das letzte Wort sein wird“, sagt Roswitha Steinbrenner, Sprecherin der Berliner Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Jetzt will das Land Berlin erst recht eigene Wege gehen. „Berlin wird im nächsten Jahr ein eigenes Nichtraucherschutzgesetz vorlegen“, sagt Lompscher. In der Koalitionsvereinbarung wurde ein solches Gesetz bereits für öffentliche Gebäude, Kliniken und Gaststätten angekündigt. Und in der Gastronomie ermögliche das Gaststättengesetz ein Eingreifen, heißt es aus der Verwaltung. Möglich sei, überall getrennte Bereiche für Raucher und Nichtraucher zu verordnen.

In Nordrhein-Westfalen will die Landesregierung die ursprünglichen Pläne des Bundes selbst umsetzen: Das Rauchen soll in Restaurants generell verboten werden, in Bierkneipen aber erlaubt bleiben. In Schulen gibt es bereits ein Rauchverbot; für Kindergärten, Kliniken und Landesbehörden soll es folgen. Das Saarland favorisiert in der Gastronomie Ähnliches. „Speisegaststätten müssen anders behandelt werden als die Kneipe um die Ecke“, sagt Sozialministeriumssprecher Stephan Kolling. Rauchverbote an Schulen und Kindergärten gebe es bereits, außerdem eine entsprechende Vorschrift im Krankenhausgesetz. Häuser, die sich nicht daran hielten, müssten mit geringeren Fördermitteln rechnen. In Rheinland-Pfalz und in Hessen sind bislang nur Schulen rauchfrei. Für 2007 hat Wiesbaden aber auch ein Rauchverbot an Kitas vorgesehen.

Aus den Gesundheitsministerien in Sachsen und Thüringen kommen kritische Töne: Es hätte doch allen Beteiligten vorher klar sein müssen, dass das Gaststättenrecht Ländersache sei. Sie ziehen daraus unterschiedliche Konsequenzen: Sachsens Gesundheitsministerin Helma Orosz (CDU) will beim Wirtschaftsministerium für Nichtraucherschutz in Gaststätten „heftig werben“. Im Freistaat darf seit Sommer 2005 in obersten Landesbehörden nicht mehr geraucht werden. Dasselbe gilt für Kitas. Schulen haben eine Frist: Wenn bis Sommer 2007 nicht 75 Prozent rauchfrei sind, kommt ein Verbot. Dagegen setzt Thüringen, nicht nur bei Gaststätten, auf Freiwilligkeit: „Wir werden als Landesregierung vorerst nicht aktiv“, heißt es im Sozialministerium. Auch in Hamburg gibt es zurzeit keine konkreten Pläne für ein solches Gesetz.

Kritik am Rückzieher des Bundes kommt aus Baden-Württemberg . „Wir hätten eine bundeseinheitliche Regelung begrüßt“, sagt eine Sprecherin des Sozialministeriums – und warnt vor einem Flickenteppich verschiedenster Regelungen. Es sei doch merkwürdig, wenn in Neu-Ulm (Bayern) geraucht werden dürfe und in Ulm (Baden-Württemberg) nicht. Schleswig-Holstein hat sich Rauchverbote an Schulen und bis August 2007 „konsequenten Nichtraucherschutz“ in öffentlichen Gebäuden verordnet. Bei Gaststätten wirbt Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) für „kreative Lösungen“.

In Sachsen-Anhalt legte Gesundheitsministerin Gerlinde Kuppe (SPD) Anfang dieser Woche den Entwurf für ein Nichtrauchergesetz vor. Nun will sie klären, ob in einem „ergänzenden Verfahren“ eine Regelung zu den Gaststätten folgen kann. In Bremen war ein Gesetz zum generellen Rauchverbot in Kliniken, Schulen und Kitas am 1. August in Kraft getreten. Und bei den Gaststätten hofft Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) auf die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am Mittwoch. Den Vorsitz in der MPK hat zurzeit Niedersachsen. Doch große Initiativen sind von dort nicht zu erwarten. Das Land setze zunächst auf Freiwilligkeit, also auf die Selbstverpflichtung des Hotel- und Gaststättenverbands, heißt es im Sozialministerium. Ein Gesetz zum Nichtraucherschutz sei „nicht in der Pipeline“.

In Brandenburg will das Kabinett am Dienstag ressortübergreifend über Gaststätten sprechen. Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler wolle „weitreichenden Nichtraucherschutz auch in Gaststätten“ – und möglichst abgestimmt mit den anderen Ländern, heißt es dort. Im Land selbst sind die Schulen schon rauchfrei.

In Mecklenburg-Vorpommern soll nun beschleunigt ein Gesetz zum Nichtraucherschutz in öffentlichen Gebäuden, Schulen und Krankenhäusern auf den Weg gebracht werden.

In Bayern gilt seit August ein Rauchverbot an Schulen und Kitas. Wenn der Bund nur für Bundeseinrichtungen Regelungen treffen könne, werde der Freistaat „seinerseits Maßnahmen ergreifen“ – konkreter wird das bayerische Gesundheitsministerium nicht.

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