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Ein kleiner Piks, der auch die Kleinen schützt.

© Menachem Kahana/AFP

Mit einem Drittel der üblichen Dosis: Israel impft Kinder ab fünf Jahren

Der jüdische Staat beginnt mit dem Schutz von Kindern ab fünf Jahren. Doch die Maßnahme ist umstritten – viele Eltern sind skeptisch, einige Experten auch.

Als zweites Land der Welt hat Israel am Dienstag die Corona-Impfung für Kinder ab fünf Jahren eingeführt. Die USA hatten den Schutz für diese Altersgruppe wenige Wochen zuvor freigegeben; die europäische Arzneimittelbehörde wird voraussichtlich am Donnerstag darüber entscheiden.

Israels Ministerpräsident Naftali Bennett wirbt eindringlich für die Kinderimpfung: „Mein Sohn David wird einer der Ersten sein, die geimpft werden“, verkündete er Anfang der Woche. „Und ich erwarte das Gleiche von allen israelischen Eltern und gewiss von denjenigen Kabinettsministern, die Kinder oder Enkel im relevanten Alter haben.“

Ebenso wie in den USA sollen die Kinder ein Drittel jener Impfdosis erhalten, die für Erwachsene vorgesehen ist. Der jüdische Staat setzt vorwiegend das Biontech/Pfizer-Produkt ein. Eltern können den Termin für ihre Kinder über die großen Gesundheitsversorger buchen.

Seit einigen Wochen verzeichnet Israel relativ wenige Neuinfektionen. Ein paar Hundert waren es zuletzt am Tag. Im September noch hatten die täglichen Infektionszahlen einen Rekord von mehr 11000 erreicht. Experten schreiben die rasche Besserung der Lage in erster Linie der Booster-Impfung zu, die Israel als erstes Land der Welt schon im August eingeführt hatte.

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Inzwischen hat knapp die Hälfte der Bevölkerung sich die dritte Dosis geben lassen. Am Sonntagabend empfahl ein Expertengremium der Regierung, den Booster auch für Minderjährige im Alter von zwölf bis 15 freizugeben. Gut die Hälfte von ihnen hat bisher zwei Dosen erhalten.

Experten warnen vor einer Krankheitswelle, die Kinder betreffen könnte

Manche Experten warnen jedoch, dass die Infektionsraten bald wieder gefährlich in die Höhe klettern könnten. Der R-Wert, der angibt, wie viele Personen ein Coronakranker durchschnittlich ansteckt, steigt in Israel wieder, zuletzt auf 1,04 – ein Hinweis darauf, dass sich das Virus wieder ausbreitet.

Daten des israelischen Gesundheitsministeriums zeigen zudem, dass die Infektionsraten unter Minderjährigen höher sind als in jeder anderen Altersgruppe. „Wir scheinen kurz vor einer Krankheitswelle zu stehen, die Kinder betrifft“, warnte Ministerpräsident Bennett Anfang der Woche.

Der Entscheidung, Kinder ab fünf Jahren impfen zu lassen, war eine wochenlange Diskussion von Fachleuten vorausgegangen. Anfang November hatte das vom Gesundheitsministerium eingesetzte Gremium die Kinderimpfung mit großer Mehrheit empfohlen: 73 der 75 beteiligten Experten stimmten dafür.

Israels Regierungschef Naftali Bennett fordert die Eltern seines Landes auf, ihre Kinder vor Corona zu schützen - mit einer Impfung.
Israels Regierungschef Naftali Bennett fordert die Eltern seines Landes auf, ihre Kinder vor Corona zu schützen - mit einer Impfung.

© Abir Sultan/dpa

Schon Ende Oktober hatte die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel die Impfung von Fünf- bis Elfjährigen mit dem Biontech-Vakzin freigegeben. Mehr als zweieinhalb Millionen Kinder dieser Altersgruppe haben die Impfung erhalten. Israelische Gesundheitsexperten hatten sich im Vorfeld optimistisch gezeigt, dass auch dort die Kinderimpfung gut angenommen würde.

Kein Andrang bei den Impfzentren

Bislang jedoch scheint der Ansturm auf die Impfzentren geringer zu sein als bei vorangegangenen Kampagnen. Medienberichten zufolge hatten am Dienstagmorgen erst 2,3 Prozent aller Eltern ihre Kinder für die Impfung angemeldet. „Ich höre, dass es gemischte Gefühle gibt“, sagte Amnon Lahad, Leiter der Abteilung für Familienmedizin der Hebräischen Universität in Jerusalem, dem israelischen Fernsehsender i24.

„Viele zögern und warten ab, was passiert, und wollen, dass andere zuerst geimpft werden.“ Er selbst äußerte Verständnis für diese Eltern: Sofern das Kind im Falle einer Corona-Infektion nicht unter einem erhöhten Risiko leide oder es besonders gefährdete Personen in der Familie gebe, sehe er keinen Grund, sich mit der Impfung „zu beeilen“.

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Andere Experten warnen vor den Gefahren einer Covid-19-Erkrankung auch für Kinder. Die Konsequenzen könnten „verheerend“ sein, sagte David Greenberg, Leiter der Abteilung für pädiatrische Infektionskrankheiten an der Soroka-Universitätsklinik in Beerscheba, in einem Pressegespräch.

Werden die Risiken des Impfens übertrieben oder kleingeredet?

An seiner eigenen Klinik seien mehrere infizierte Kinder in der Intensivstation behandelt worden. Viele Minderjährige, die eine Coronaerkrankung hinter sich haben, litten zudem unter Folgeschäden. „Einige können sich in der Schule nicht mehr konzentrieren, andere haben Muskelschmerzen oder können nicht schlafen.“

Auch der Epidemiologe Ran Balicer, Direktor des Forschungsinstituts der Krankenkasse Clalit, befürwortet die Kinderimpfung. „Impfgegner reden die Risiken der Krankheit klein“, schrieb er auf Twitter, „und überzeichnen die Risiken des Impfstoffs“. Er sei zuversichtlich, dass sich ein wesentlicher Anteil jener Eltern, die angemessen informiert seien, am Ende für die Kinderimpfung entscheiden würden.

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