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Einig wie selten: Premier Netanjahu (r.) und Oppositionschef Herzog halten die Einigung mit dem Iran für einen schlechten Deal.

© Baz Ratner/Reuters

Atomdeal mit dem Iran: Israels große Koalition gegen das Abkommen

In der Regel lässt die Opposition in Israel keine Gelegenheit aus, um Regierungschef Netanjahu in die Parade zu fahren. Doch die Ablehnung des Atomabkommens mit dem Iran eint die politischen Lager.

Die Worte lassen an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Der Iran sei "ein Reich des Bösen". Ein Land, das Hass und Terror in der Region verbreite. Israel müsse eine "eiserne Mauer" errichten, um sich zu schützen. Denn das Wiener Atomabkommen bedeute ein erhebliches Risiko für die Sicherheit des jüdischen Staates. Der Deal sei daher schlecht und gefährlich.
Diese alarmistisch klingenden Sätze könnten von Premier Benjamin Netanjahu stammen. Doch sie kommen nach übereinstimmenden Medienberichten von Jitzchak Herzog, Israels sozialdemokratischen Oppositionsführer. Der 54Jährige gilt als ein besonnener, auf Ausgleich bedachter Politiker. Also als Gegenmodell zum rasch aufbrausenden, oft polternden konservativen Regierungschef. Und sofern es um mögliche Verhandlungen mit den Palästinensern geht, teilt Herzog gerne tüchtig gegen Netanjahu aus, wirft dem Likud-Vorsitzenden völliges Desinteresse an einer Aussöhnung vor.

Aber bei Teherans nuklearen Ambitionen sind sich beide einig wie selten: Die Übereinkunft mit der Islamischen Republik ist eine echte Bedrohung. Der Tiger habe sich aus seinem Käfig befreit, sagte Herzog vor wenigen Tagen. Nun brauche es eine große Koalition, um ihn wieder in Schranken zu weisen. Rechts, links, Mitte – diese politischen Richtungen dürften angesichts der Herausforderungen keine Rolle spielen.

Oppositionschef in diplomatischer Mission

Herzog will deshalb schon bald in die USA reisen – mit der festen Absicht, den Abgeordneten im US-Kongress seine erheblichen Bedenken zu schildern, sie vor dem möglichen Folgen des Abkommens mit Teheran zu warnen. Diese diplomatische Mission muss nicht unbedingt mit Netanjahu abgesprochen sein, aber sie ist ganz in dessen Sinne. Denn der Ministerpräsident will nichts unversucht lassen, die Kongressmitglieder auf seine Seite zu ziehen.

Fast 60 Tage lang haben sie noch Zeit, die Einigung von Wien zu prüfen und gegebenenfalls ein Veto einzulegen. Vor allem bei den Republikanern gibt es große Vorbehalte gegen den Deal. Einige Demokraten sind ebenfalls skeptisch, wollen allerdings ihrem Präsidenten nicht in den Rücken fallen. Schließlich sieht Barack Obama in dem Abkommen sein außenpolitisches Vermächtnis. Und er ist wie viele seiner Parteikollegen auf Netanjahu seit Langem schlecht zu sprechen.

Lockmittel Außenministerium

Da kommt Herzogs Washington-Besuch für Israels Premier gerade recht. Wenn ein moderat agierender Liberaler gegen die Übereinkunft mit Teheran argumentiert, könnte das sogar bei den Demokraten im Kongress verfangen. Denn die Botschaft lautete: Netanjahu steht mit seiner Kritik keineswegs allein, die Furcht eint alle politischen Lager.

Auch aus einem anderen Grund dürfte Israel Regierungschef Herzogs Initiative begrüßen: Schon lange versucht Netanjahu, die Opposition zu einer großen Koalition zu bewegen. Als Lockmittel soll der bislang demonstrativ freigehaltene Posten des Außenministers dienen. Doch davon will Herzog nichts wissen. Noch nicht.

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