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Klage in Karlsruhe: AfD kämpft vor dem Bundesverfassungsgericht um Millionen für ihre Stiftung
Die Partei verlangt Gleichbehandlung bei den Finanzen. Das Gericht wird das zum Anlass für ein Grundsatzurteil nehmen - denn Regeln gibt es bisher keine.
Stand:
Für die AfD geht es um Millionen, für die anderen Parteien geht es um die AfD: Seit Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Organklage der Partei auf staatliche Zuwendungen für die ihr politisch nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung.
Anders als die Organisationen anderer Parteien werden der seit 2016 tätigen Erasmus-Stiftung solche Mittel vorenthalten. So sieht es zumindest deren Vorsitzende, die frühere CDU-Politikerin Erika Steinbach, die heute Mitglied der AfD ist.
Bundesregierung und Bundestag, formal die Antragsgegner der AfD im verfassungsgerichtlichen Verfahren, halten dies dagegen für gutes Recht: Die AfD erfülle die nötigen Voraussetzungen nicht, heißt es.
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Das Bundesverfassungsgericht will das Problem nun grundsätzlich anfassen. Es gehe um die Frage, ob die AfD durch die bislang fehlende staatliche Förderung in ihrem Recht auf Chancengleichheit der Parteien oder ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt ist - oder sogar in beiden Verfassungsrechten zugleich, sagte die Vorsitzende des Zweiten Senats Doris König zum Auftakt der Verhandlung.
Die Stiftungen sind von den Parteien zwar unabhängig, gleichwohl kommt ihnen deren Arbeit zugute. Neben der Pflege von Archiven, internationaler Zusammenarbeit, Bildungsveranstaltungen und Begabtenförderung fiel in Karlsruhe häufiger das Schlagwort der „Milieupflege“.
Für alles zusammen werden Millionen aufgewendet, nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes sollen es im vergangenen Jahr rund 590 Millionen gewesen sein.
Eine verdeckte Parteifinanzierung sei das nicht, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil von 1986. Es müsse aber gewährleistet sein, dass die Stiftungen rechtlich und organisatorisch getrennt von den Parteien agieren.
Vorschriften darüber gibt es keine, ebenso wenig ein Gesetz, dass die Verteilung der staatlichen Mittel regeln würde. Über die Zuschüsse entscheidet das Parlament in eigener Regie, vergeben werden sie über verschiedene Bundesministerien.
In sogenannten „Stiftungsgesprächen“ wird der Finanzbedarf angemeldet. Die AfD ist auf nahezu allen möglichen rechtlichen Ebenen gegen die Praxis vorgegangen, bisher aber erfolglos.
Eine Mischung aus Helmut Schmidt und Franz-Josef Strauß
AfD-Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau über die politische Grundströmung der Stiftung
Bundestag und Bundesregierung verweisen darauf, dass bisher alle Stiftungen erst eine Wartezeit hinter sich bringen mussten, um Gewähr dafür zu bieten, dass die durch sie vertretene „politische Grundströmung“ von Dauer sei.
Die Prozessbevollmächtigte des Parlaments Sophie Schönberger meinte sogar, die Partei wolle für sich einen Sonderfall erstreiten, weil sie für die Stiftung schon für die Zeit ab 2017 Geld haben will, seit die AfD erstmals in den Bundestag einzog.
AfD-Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau widersprach und forderte, in einem späteren Urteil auch die schon laufende Legislaturperiode zu berücksichtigen. Spätestens mit ihrem Wiedereinzug in den Bundestag habe die AfD bewiesen, dass ihre Grundströmung - eine „Mischung aus Helmut Schmidt und Franz-Josef Strauß“ wie Vosgerau sagte - dauerhaft sei.
Stiftungsvorsitzende als Sachverständige
Allerdings soll nach dem Willen der anderen Parteien die Beständigkeit nicht das einzige Kriterium sein. Dem Haushaltsplan für 2022 wurde erstmals ein Vermerk beigefügt, dem zufolge Zuschüsse nur Stiftungen gewährt werden, „die nach ihrer Satzung und ihrer gesamten Tätigkeit jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zur der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“.
Welche Rolle dieser Vermerk spielen wird, ließ das Bundesverfassungsgericht am Dienstag zunächst noch offen. Klar wurde aber, das die AfD-Klage kein Selbstgänger wird. Die Richter wollten sich ein Bild davon machen, welchen konkreten Nutzen die Parteien von den Stiftungen haben und luden deshalb deren Vorsitzende als Sachverständige ein.
„Natürlich gibt es Verbindungen und natürlich sind sie eng“, sagte der CDU-Politiker und frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert für die Konrad-Adenauer-Stiftung. Aber Parteiarbeit, da sind sich die Stiftungsvertreter einig, würde nicht geleistet. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.
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