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Kriegsopfer: Nach einem Luftangriff von regierungstreuen Kräften wird ein verwundeter Junge in der Stadt Maarrat Misrin in der syrischen Provinz Idlib abtransportiert.

© Abdulaziz KETAZ/AFP

Koalition streitet über Sanktionen gegen Russland: „Alles dafür tun, damit es zu einer Deeskalation in Syrien kommt“

Die syrische Zivilbevölkerung leidet extrem: Unionspolitiker verlangen nun Sanktionen der EU gegen Moskau. Die Sozialdemokraten widersprechen.

Von Hans Monath

Wegen der militärischen und humanitären Krise in Syrien streiten Union und SPD erneut über den Umgang mit Russland. In der Union mehren sich nun die Stimmen von Außenpolitikern, die eine spürbare Reaktion der EU auf das rücksichtslose militärische Agieren Moskaus in Syrien bis hin zu Sanktionen ins Spiel bringen.

Die SPD machte deutlich, dass sie davon nichts hält. Unter anderem Unions-Vizefraktionschef Johann Wadephul und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (beide CDU), hatten einen solchen Schritt mit der Begründung vorgeschlagen, Russland bombardiere im Norden Syriens nach Bruch der Waffenstillstandsvereinbarung die Zivilbevölkerung und provoziere damit neue Fluchtbewegungen, die Europa destabilisieren könnten.

Er halte Sanktionen gegen Russland für „schädlich“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider am Mittwoch. Sie würden aller Voraussicht nicht zu Deeskalation der Lage in Syrien beitragen. „Das geht wahrscheinlich nach hinten los“, sagte der SPD-Politiker. Die SPD-Fraktion sei der Meinung, dass „alles dafür getan werden muss, dass es zu einer Deeskalation der Lage kommt“ und unterstütze deshalb die Vermittlungsbemühungen von Außenminister Heiko Maas (SPD).

SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sagte dem Tagesspiegel, Forderungen nach Sanktionen gegen Moskau seien nachvollziehbar, lösten aber „das Problem nicht“. Moskau werde sich davon voraussichtlich nicht beeindrucken lassen. „Umso mehr kommt es jetzt darauf an, schnellstmöglich einen Vierer- Gipfel unter Beteiligung Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Türkei zu realisieren, um zu einem tragfähigen Waffenstillstand zu kommen“, meinte er.

Der Druck wächst

Auch auf europäischer Ebene wächst der Druck, das Vorgehen Russlands in Syrien zu sanktionieren. Zwölf europäische Parlamentarier aus dem Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik appellierten in einem offenen Brief an die EU- und Nato-Regierungen,, einen Gipfel mit Russlands Präsident Wladimir Putin einzuberufen und wegen der Kriegsverbrechen Moskaus Sanktionen vorzubereiten. Darunter sind Parlamentarier aus Italien, Frankreich und Großbritannien sowie die Bundestagsabgeordneten Norbert Röttgen und Roderich Kiesewetter (beide CDU),Franziska Brantner und Omid Nouripour (beide Grüne) sowie Bijan Djir-Sarai (FDP).

Außenminister Maas hatte vor wenigen Tagen in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York Assad und Moskau Kriegsverbrechen in Nordwestsyrien vorgeworfen. Die Armeen beider Länder bombardierten „zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser und Schulen“. Russland und Syrien hätten als Konfliktparteien die Pflicht, die Zivilbevölkerung zu schützen, mahnte Maas: „Willkürliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind Kriegsverbrechen.“

Erdogan trifft Putin

Vor möglichen weiteren Schritten will Maas aber offensichtlich das Treffen des türkischen Premierministers Erdogan mit Putin am Donnerstag abwarten. Auch gilt es in Regierungskreisen als unwahrscheinlich, dass sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt alle EU-Partner für Sanktionen gegen Russland gewinnen ließen.

Maas hatte zu Anfang seiner Amtszeit große Teile seiner eigenen Partei durch eine härtere Rhetorik gegenüber Russland verschreckt, aber keine grundsätzlich neue Politik gegenüber Moskau eingeleitet. Auch in der Vergangenheit hatten Unionspolitiker sich mehrfach für einen härteren Kurs gegenüber Russland ausgesprochen, waren aber immer wieder auf Widerstand der SPD gestoßen.

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