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Unter den vielen Orten, an denen jetzt Konsulatslehrer arbeiten, ist auch die prächtige Neuköllner Sehitlik-Moschee. Der Trakt mit den Unterrichtsräumen befindet sich rechts von der eigentlichen Moschee.

© Mike Wolff

Ramadan in Neukölln: Kopftuch und kein Amen

Trotz Karlsruhe und Knatsch um eine Referendarin: Neuköllns Bezirksbürgermeisterin nutzt den prominent besetzten Iftar-Empfang der Sehitlik-Moschee, um ihr Nein zum Kopftuch noch einmal zu bekräftigen.

Als die Kanzlerin kürzlich einen Iftar-Empfang ihrer Staatsministerin für Integration beehrte, sah eine große deutsche Zeitung bereits Staatskirchentum heraufziehen und zitierte ungenannte „Spötter“, die nun auf Fronleichnamsprozessionen oder Karfreitagsgebete mit Kanzlerinnenbegleitung warteten.
Nun ist das allabendliche muslimische Fastenbrechen im Monat Ramadan eher profan als liturgisch und insofern eine Schwester von Aschermittwoch, Weihnachtsessen oder des Sternsingens an Dreikönig, die seit je zum Bestand deutscher Politfolklore gehören – bisher, ohne religionsverfassungsrechtliche Bedenken zu provozieren.

Trotz Urteil aus Karlsruhe: Giffey will kein Kopftuch sehen

Aber natürlich ist ein muslimisches Abendessen noch immer kein Dreikönigstreffen, auch wenn Jahr um Jahr mehr und öfter Repräsentanten des Staates daran teilnehmen oder dazu einladen. Erst recht nicht in Neukölln. So kam’s, dass die Sehitlik-Moschee beim Iftar-Empfang am Montag, nach vielen freundlichen Grußworten, doch noch Schauplatz eines Staat-Religion-Konflikts wurde, einer zivilisatorischen Mini-Karambolage (clash of civilizations).
Da nämlich bat Pinar Cetin von der Moscheegemeinde Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey ans Mikrofon, betonte, wie sehr sich viele Musliminnen auf die junge Frau nach Heinz Buschkowsky gefreut hätten und auf mehr Verständnis für ihre Belange setzten. Zum Schluss der warmen Worte eine kurze Anspielung auf die jüngsten Neuköllner Schlagzeilen: „Selbstverständlich“ sei man „bezüglich des Kopftuchs anderer Meinung“. Giffey antwortete mit einem ausführlicheren Exkurs zu den vergangenen „harten Wochen“, die hinter ihr lagen – gemeint war der Fall der kopftuchtragenden Referendarin Betül Ulusoy: Sie sage „auch hier ganz offen“, dass sie „bei hoheitlichen Akten keine religiösen Zeichen“ wünsche.

Versöhnliches vom Verfassungsminister

Nun hatte Giffeys Bezirksamt nach eben jenen harten Wochen gerade einsehen müssen, dass es um Hoheitliches bei der Juristenausbildung nur höchst selten geht und Ulusoy deshalb nicht ausgesperrt werden könne. Und pauschale Kopftuchverbote per Gesetz waren im März höchstrichterlich gekippt worden. Der Redner nach Giffey war folglich nicht zu beneiden: Es war nämlich der Bundesinnen- und damit auch Verfassungsminister. Doch Thomas de Maizière nahm die Kurve elegant. Sprach von den Muslimen als einem großen Teil der Bevölkerung, der sich erwünscht fühlen solle, vom Klima, das für sie rauer geworden sei. Dass aber Reibung auch Wärme erzeuge.

Und brachte seine Rede, die kürzeste dieses Abends auf dem Platz vor der Moschee, auch noch Punkt 21.38 Uhr, Sonnenuntergang, zu Ende. Das Buffet war damit eröffnet. Was noch zu sagen war, übernahmen alle Gäste: Afiyet olsun, guten Appetit!

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