zum Hauptinhalt
In Berlin stieg die Zahl ukrainischer Geflüchteter zuletzt wieder.

© picture alliance/dpa/Paul Zinken

„Kostspieliger und unsinniger Taschenspieler-Trick“: Grüne kritisieren Bürgergeld-Aus für ukrainische Geflüchtete

Wer nach dem 1. April aus der Ukraine nach Deutschland gekommen ist, soll künftig nur noch Asylbewerberleistungen statt Bürgergeld erhalten. Die Opposition spricht von Schikane.

Stand:

In der Rentenpolitik haben sich Union und SPD verhakt, doch bei der Verschärfung der Migrationspolitik kommt die Regierung weiter voran. An diesem Mittwoch soll im Kabinett der sogenannte Rechtskreiswechsel für einen Teil der ukrainischen Geflüchteten kommen. Personen, die aus dem Kriegsland nach dem 1. April in Deutschland angekommen sind, sollen dann nicht mehr Bürgergeld erhalten, sondern nur die niedrigeren Asylbewerberleistungen.

In der vergangenen Woche hatte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) die Maßnahme, die Schwarz-Rot im Koalitionsvertrag vereinbart hatten, angekündigt. Gleichzeitig hatte sie Bedenken geäußert: „Mir gefällt es nicht, ich sage das ganz offen“, sagte Bas bei einer Regierungsbefragung im Bundestag.

Zwar sollen die Ukrainerinnen und Ukrainer weiter einen sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, aber für bestimmte Förderungen wie den „Jobturbo“ mit Integrations- und Sprachkursen besteht kein Rechtsanspruch mehr. Die Union, die den Rechtskreiswechsel vorangetrieben hatte, hofft jedoch auf finanzielle Einsparungen - davon geht man im Arbeitsministerium so gut wie nicht aus.

Entsprechend scharf kritisieren die Grünen das Vorhaben der Regierung. „Mal wieder schikaniert sie Geflüchtete, dieses Mal aus der Ukraine. Der Rechtskreiswechsel ist eine Schnapsidee“, sagte der Sozialpolitiker Timon Dzienus dem Tagesspiegel.

Seine Fraktion hat einen eigenen Antrag formuliert, der den Bundestag auffordert, die bestehende Regelung beizubehalten. Zudem sollen ausländische Berufsabschlüsse leichter anerkannt und die Bundesregierung müsse sicherstellen, „dass allen Menschen, die Schutz suchen, unabhängig von Herkunft, Aufenthaltsstatus oder Einreisedatum das soziokulturelle Existenzminium, eine gleichwertige Gesundheitsversorgung und der Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt werden“, heißt es in dem Antrag, der dem Tagesspiegel vorliegt.

Die Menschen aus der Ukraine aus dem Bürgergeld zu werfen, ist ein lose-lose-Gesetz.

Grünen-Politiker Timon Dzienus kritisiert Schwarz-Rot.

Dzienus, früherer Sprecher der Grünen Jugend, kritisierte, der Rechtskreiswechsel sei sozialpolitisch falsch, integrationspolitisch schädlich und haushaltspolitisch widersinnig. „Die Menschen aus der Ukraine aus dem Bürgergeld zu werfen, ist ein lose-lose-Gesetz“, sagte der Grünen-Politiker.

Zudem würden die Einsparungen beim Bürgergeld durch Mehrausgaben des Bundes für die Kommunen sogar noch übertroffen. „Der Rechtskreiswechsel ist nichts anderes als ein kostspieliger und unsinniger Taschenspieler-Trick, der Chaos stiftet“, kritisierte Dzienus.

In der Union hält man am Rechtskreiswechsel fest. Am Rande der Regierungsbefragung in der vergangenen Woche hatte etwa die CSU-Abgeordnete Hülya Düber erklärt, dass die Regelung für Ukrainer zu einem „Zwei-Klassen-System von Geflüchteten“ gesorgt habe.

Aktuell leben laut dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung etwa 1,2 Millionen Schutz suchende Ukrainer in Deutschland. Erwachsene erhalten wie alle Bürgergeld-Empfänger 563 Euro pro Monat, wenn sie alleinstehend sind. Dazu übernimmt der Staat Kosten für Miete und Heizung. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gibt es dagegen 196 Euro für persönlichen Bedarf und 245 Euro für notwendigen Bedarf wie Essen und Kleidung – zusammen also 441 Euro pro Monat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })