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Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen.

© imago images / Jürgen Heinrich

Ärztemangel auf dem Land: Kretschmer erwägt neuen Studiengang

Kaum noch Mediziner sind bereit, auf dem Land zu arbeiten. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will mit einem eigenen Studiengang gegensteuern.

Um die Abwanderung vom Land zu stoppen, will Sachsen mit einem Landarztstudium ganz neue Wege beschreiten. Dadurch, dass die Nachfrage nach Medizin-Studienplätzen so groß ist, könne man einen Studiengang speziell für junge Leute etablieren, „die sich für den Beruf des Allgemeinmediziners im ländlichen Raum interessieren“, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) dem Tagespiegel.

Das Studium orientiere sich dann an der Praxis. „Wir bauen das Studium dann genauso auf: Nicht Uni-Klinikum, nicht Pharmaindustrie, nicht Forschung, sondern Arbeit an den Patienten.“ Derzeit würden sich viele Absolventen eines Medizinstudiums entscheiden, in den großen Städten zu bleiben, in die Anstellung zu gehen und nicht mehr 40 Stunden die Woche zu arbeiten. „Wir brauchen eine Landarztquote, die ganz zielgerichtet darauf ausgerichtet ist, mehr Leute für diese Richtung zu gewinnen. Dazu gehören dann auch Zuschüsse und möglichst wenig Bürokratie, wenn jemand als Arzt sich im ländlichen Raum ansiedelt“, betonte Kretschmer.

Der Freistaat hatte auch die Verbeamtung von Lehrern wieder eingeführt, um mehr Lehrer zu gewinnen. 30 Jahre nach dem Mauerfall ist die Stärkung des ländlichen Raums ein Hauptaugenmerk von Kretschmer – so gibt es auch von der EU unterstützte Förderprogramme etwa für die Restaurierung alter Gebäude, um gerade jungen Familien  das Landleben schmackhafter zu machen.

"Der Ärztemangel ist ein Märchen"

Die FDP forderte zielgerichtetere Aktionen, um mehr Ärzte auf das Land zu locken, statt einfach mehr Studienplätze zu schaffen. „Der Ärztemangel ist ein Märchen“, sagte Andrew Ullmann, Obmann der FDP-Fraktion im Bundestags-Gesundheitsausschuss, dem Tagesspiegel. Fakt sei, dass es hierzulande „so viele berufstätige Ärztinnen und Ärzte wie nie zuvor“ gebe. Statt zusätzliche Studienplätze zu finanzieren, sollten die Länder „das Geld besser in die Attraktivität der ländlichen Regionen stecken, beispielsweise in die Kinderbetreuung und öffentliche Infrastruktur“. Dann, so Ullmann würden sich dort auch wieder junge Ärztinnen und Ärzte niederlassen.

Der FDP-Politiker begründet seine Einschätzung mit Antworten der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion zur aktuellen Zahl berufstätiger Ärzte. „Es sind 140.000 mehr als noch im Jahr 1992, und die Zahl steigt stetig“, resümierte der Gesundheitspolitiker. Allerdings gebe es Fehlsteuerungen im System. So sei der Anstieg von Ärzten in den Kliniken seit Jahren besonders hoch. Das liege auch daran, dass es hierzulande „zu viele Krankenhausbetten in zu vielen kleinen Krankenhäusern“ gebe. Viele Klinikfälle seien vermeidbar, sagte Ullmann. Das bestätige auch die Bundesregierung. „Wir könnten und sollten also viel mehr ambulant machen.“

Im Vergleich dazu gebe es im ländlichen Raum zum Teil erhebliche Probleme, genügend Ärzte für die Praxen zu gewinnen. Diese Ungleichverteilung sei nur durch die derzeitige Versorgungsstruktur und Finanzierung von Kliniken erklärbar. Beides bedürfe einer grundlegenden Reform. 

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery dagegen drängt auf deutlich mehr Medizinstudienplätze – auch mit Verweis darauf, dass in bundesdeutschen Krankenhäusern derzeit rund 5000 Ärztestellen nicht besetzt seien. Die Arbeitsverdichtung dort könne nur durch mehr Personal kompensiert werden. Zudem brauche man ganz generell für die Versorgung „der immer älter und kränker werdenden Bevölkerung“ dringend mehr Ärzte, heißt es in einer Entschließung der Bundesärztekammer vom letzten Ärztetag. Dafür seien bundesweit „mindestens zehn Prozent mehr“ Studienplätze für Humanmedizin nötig. 

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