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Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU)

© AFP/Ina Fassbender

Presseschau zum Fall Maaßen: „Laschet hat eine Sekunde zu lange gebraucht, um sich zu distanzieren“

Glücklich ist die CDU-Spitze nicht, dass Hans-Georg Maaßen als Direktkandidat antritt. Dessen Äußerungen belasten den Wahlkampf von Kanzlerkandidat Laschet.

Hans-Georg Maaßen hat sich mal wieder in den Mittelpunkt geredet und in Deutschland für Aufsehen gesorgt. Am Wochenende hat der ehemalige Verfassungsschutz-Chef wieder einmal große Empörung ausgelöst, indem er öffentlich-rechtlichen Medien tendenziöse Berichterstattung vorwarf.

Am Sonntagabend betonte Maaßen zwar auf Twitter, Presse- und Rundfunkfreiheit in Deutschland hätten Verfassungsrang, am Montag forderte er aber erneut Verfassungstreue: „Es ist seit Jahren bekannt, dass es Journalisten gibt, die Bezüge zur Antifa hatten und möglicherweise noch haben“, sagte er der dpa. Ein solcher Verdacht müsse ausgeräumt werden.

Während andere Parteien nicht lange auf Reaktionen warten ließen, blieb man in der Südthüringer CDU ganz ruhig und verteidigt Maaßen, er sei „unwidersprochen Demokrat“. Trotz der breiten Empörung über ihn sehe man in der Südthüringer CDU keinen Anlass, die Bundestagskandidatur des früheren Verfassungsschutzchefs zu hinterfragen.

In der deutschen Presse fallen die Urteile eher vernichtend für den Kanzlerkandidaten der CDU aus. Armin Laschet, auch Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, wird seiner Rolle nicht gerecht.

Die „Allgemeine Zeitung“ aus Mainz kommentiert zu Laschet und Maaßen:
Laschet hat die ganze Zeit schon auf eine Integration Maaßens gesetzt, offenkundig in der Hoffnung, so die rechte Flanke der Partei abzusichern. Nur wird sich Maaßen als thüringischer CDU-Direktkandidat keineswegs dem großen Ganzen unterwerfen, das ist nun klar. Er wird der bleiben, der er ist: ein Zündler, der die Grenzen der Union nach rechts auslotet. Und er wird damit immer wieder die Werte der Merkel- und Laschet-CDU infrage stellen. Unheil droht auch von der Werte-Union, selbst wenn sie keine offizielle Parteigliederung ist. Laschet muss möglichst rasch und unmissverständlich an der "Brandmauer nach rechts" arbeiten, die er selbst gern im Mund führt. Ansonsten hat die CDU ein großes Glaubwürdigkeitsproblem.

Der „Südkurier“ in Konstanz schreibt:
Jede Partei hat ihren Donald Trump. Bei der CDU heißt er Hans-Georg Maaßen. Seit ihn einige rebellische Kreisverbände in Thüringen als Bundestagskandidaten aufgestellt haben, bringt der frühere Verfassungsschutzchef mit verstörenden Äußerungen die gesamte Union in Verlegenheit - inklusive Kanzlerkandidat Laschet. Besserung ist nicht in Sicht: Wer Gesinnungstests für Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordert, weiß genau, dass er an der Pressefreiheit rüttelt. Solche Forderungen passen vielleicht zur AfD, keinesfalls aber zu einer Rechtsstaatspartei wie der CDU. Trotzdem führt der Ruf nach Parteiausschluss nicht weiter. Solche Verfahren können sich nervend lange hinziehen, wie auch andere Parteien leidvoll zur Kenntnis nehmen müssen. Trotzdem hat Wahlkämpfer Laschet eine Sekunde zu lange gebraucht, um sich zu distanzieren. In der Abgrenzung nach rechts kann sich die CDU keine Unklarheiten leisten. Der Vorsitzende muss klarstellen, was klar sein sollte

Die „Rhein-Zeitung“ aus Koblenz zum Umgang der CDU mit der Causa Maaßen:
Armin Laschet muss jetzt gehörig aufpassen, dass ihm die Causa Maaßen nicht entgleitet und ihn in den nächsten Wochen des Wahlkampfes ein zweiter Makel verfolgt. Was die Abgrenzung nach rechts angeht, erwarten nicht nur viele Unionsanhänger deutliche Worte vom CDU-Vorsitzenden. Die lässt Laschet hinsichtlich der AfD nicht mehr missen, mit Blick auf Maaßen aber schon. Zumindest öffentlich. Ein Fehler. Denn dadurch kann der Eindruck einer indirekten Tolerierung dessen entstehen, was der Ex-Verfassungsschützer so von sich gibt und womit er versucht, am rechten Rand zu fischen. Maaßen ist freilich keiner, der klein beigibt. Die Personalie wird den CDU-Chef im Wahlkampf weiter begleiten. Umso wichtiger ist nicht nur die Distanzierung, sondern auch dass endlich mehr über Inhalte geredet wird. Auch dazu muss Laschet noch seinen Beitrag leisten.

[Mehr zum Thema: Die Methode Laschet - Wahlkampf auf dem Nebenschauplatz (T+)]

Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ meint:
Dass sich die Werteunion nach der Wahl von Max Otte zum Vorsitzenden zerlegt, ist Triumph und Risiko zugleich für den CDU-Vorsitzenden Laschet. Verschwunden sind die Werteunion-Mitglieder damit nicht. Laschet hat versprochen, seine Kanzlerkandidatur mit der Integration aller Strömungen der Partei anzutreten, den Konservativen bislang aber noch kein inhaltliches Angebot gemacht. Wie problematisch das noch werden kann, zeigen Äußerungen des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen. Er könnte demnächst der Unionsfraktion im Bundestag angehören und ist mit seiner Forderung einer Gesinnungsprüfung von Redakteuren beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk übers Ziel hinausgeschossen. Auch die Arbeit von Journalisten darf und muss kritisiert werden. Wer aber ihre politische Gesinnung überprüfen will, gefährdet die Presse- und Meinungsfreiheit, die zu verteidigen er vorgibt.

Die „Ludwigsburger Kreiszeitung“ kommentiert:
Die Gefahr, Maaßen aufzuwerten, besteht immer - ob durch klare Abgrenzung oder durch demonstrative Missachtung. Zumal er medial ohnehin viel Aufmerksamkeit erfährt. Im Mittelpunkt muss aber das Selbstverständnis der Union stehen. Und das lautet, eine Partei der Mitte zu sein. Was also die Abgrenzung nach rechts angeht, erwarten nicht nur viele Unionsanhänger klare Kante und deutliche Worte vom CDU-Vorsitzenden. Die lässt Laschet hinsichtlich der AfD nicht mehr missen, mit Blick auf Maaßen aber schon. Zumindest öffentlich. Ein Fehler. Denn dadurch kann der Eindruck einer indirekten Tolerierung der Thesen des Ex-Verfassungsschützers entstehen, mit denen er am rechten Rand fischt. Positionen, die eben nicht denen der Union entsprechen.

Der „Reutlinger General-Anzeiger“ merkt an:
Das Beispiel Maaßen zeigt, wie schwierig der Wahlkampf für Unionskandidat Armin Laschet noch werden kann. Denn es ist mit weiteren Querschüssen des politischen Rechtsaußen zu rechnen, der in Thüringen ein Bundestagsmandat erringen will. Der CDU-Chef versucht zwar, das Thema herunterzuspielen und verweist auf den Parteibeschluss, dass es keine Kooperation mit der AfD geben darf. Das ist die rote Linie. Doch das reicht nicht. Denn Maaßen wird versuchen, die Grenze des Sagbaren weiter nach rechts zu verschieben. Er will konservative Wähler von der AfD zurückgewinnen. Ob das mit dieser Methode gelingt, ist mehr als fraglich. Denn wer echten Rechtspopulismus will, der wählt AfD.

Die „Schwäbische Zeitung“ (Ravensburg) schreibt:
Nicht einmal ignorieren - es spricht im Normalfall einiges dafür, auf Ärgernisse mit Karl Valentins Lebensweisheit zu reagieren. Diejenigen, die provokanten Blödsinn von sich geben, haben ja die größte Freude daran, wenn ihre Äußerungen wiedergegeben, verbreitet und diskutiert werden. So gesehen wäre es klug und richtig, dass sich CDU-Chef Armin Laschet bedeckt hält, wenn ein Bundestagskandidat Breitseiten auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abfeuert. Doch dieser Bewerber in Südthüringen ist eben nicht irgendein Unbekannter, dem ohnehin niemand zuhört, sondern Hans-Georg Maaßen. Hinter verschlossenen Türen hat Laschet, der das Maaßen-Problem wohl am liebsten einfach aussitzen würde, kundgetan, dessen Aussagen seien schädlich für die Partei. Dass er sich nicht auch öffentlich distanziert, lässt an einer klaren Haltung im Umgang mit dem Zündler am rechten Parteirand zweifeln. Es drängt sich fast der Verdacht auf, die Union lasse Maaßen gewähren, um vielleicht doch den einen oder anderen AfD-Wähler bei der Bundestagswahl zurückzuholen.

Die Märkische Oderzeitung aus Frankfurt (Oder) schreibt:
Jede Partei hat ihren Quälgeist. In der CDU ist dies derzeit eindeutig Hans-Georg Maaßen, der ehemalige Verfassungsschutz-Chef und aktuelle Bundestags-Direktkandidat im Wahlkreis 196. Am Wochenende hat er mal wieder für mächtig Aufregung gesorgt mit der Forderung, öffentlich-rechtliche Journalisten biografisch-charakterlich 'auf den Prüfstand' zu stellen. Später schob er ein Bekenntnis zur Pressefreiheit hinterher. Erst provozieren, dann relativieren - das ist die bewährte Methode, um erstens im Gespräch zu bleiben und zweitens Grenzen in die gewünschte Richtung zu verschieben. Für die CDU stellt sich nun die Frage: Wie umgehen damit? Dass nicht nur Maaßen, sondern auch die Opposition die Partei und vor allem ihren Kanzlerkandidaten Armin Laschet in eine Art Duell zwingen wollen, versteht sich von selbst. Dass Laschet daran keinerlei Interesse hat, auch. (Tsp mit dpa, AFP)

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