
© Ina Fassbender / AFP
Newsblog zur AfD: Co-Chef Jörg Meuthen attackiert - um Petry wird es einsam
Die AfD-Delegierten beraten nicht über ihren "Zukunftsantrag", obwohl die Vorsitzende auf Gegner wie Alexander Gauland zugeht. Kontrahent Meuthen bekommt viel Beifall. Der Newsblog zum Nachlesen.
- Matthias Meisner
- Ingo Salmen
- Ruth Ciesinger
- Marius Mestermann
Stand:
- 600 Delegierte treffen sich an diesem Wochenende zum Bundesparteitag der AfD im Kölner Maritim-Hotel.
- Die Vorsitzende Frauke Petry scheitert mit ihrem "Zukunftsantrag"; sie hatte zuvor bereits auf eine Kandidatur verzichtet.
- Voraussichtlich erst am Sonntag wird es um die Frage der Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gehen.
(mit Agenturen)
Das war der Newsblog zu Halbzeit eins...
... des AfD-Bundesparteitags. Eine Analyse zur Rolle von Frauke Petry lesen Sie hier.
Für den morgigen Sonntag sind dann einige wichtige Entscheidungen der Delegierten zu erwarten. Alle Infos dazu finden Sie natürlich wieder auf tagesspiegel.de. Wir wünschen einen schönen Abend!
Gibt es etwas Deutscheres?
Zum Abschluss bekommt jeder Delegierte ein AfD-Bier geschenkt.

Fazit zu Tag Eins: Petry ist angeschlagen
Der erste Tag des AfD-Parteitags geht unspektakulär zu Ende. Seit dem frühen Nachmittag debattieren die Delegierten über das Wahlprogramm für die Bundestagswahl. Bei einzelnen Punkten, etwa der Positionierung zur Beschneidung, wird hitzig diskutiert. Aber insgesamt arbeitet die Partei ihre Programmanträge nüchtern ab.
Die umstrittenen Anträge von Frauke Petry zum Antirassismus und für eine realpolitische Strategie wurden nicht abgestimmt. Viele Delegierte jubelten Jörg Meuthen zu, der Diskussionen anhand der Linie Realpolitik vs. Fundamentalopposition für überflüssig hält. Petry geht angeschlagen aus dem ersten Tag in Köln hinaus.
Wie es am Sonntag weitergeht, ist unklar. Viele Delegierte wollen einen oder mehrere Spitzenkandidaten wählen. Andere, wie etwa der NRW-Sprecher Martin Renner, halten eine Benennung von Spitzenkandidaten für überflüssig. So etwas sei nötig, wenn es um die Kanzlerschaft gehe. Die AfD müsse mit Inhalten punkten und nicht mit Personalentscheidungen innerhalb der Partei polarisieren.
Weniger als erwartet passierte rund um den Parteitag. Die angekündigten Blockaden blieben zum Großteil wirkungslos, sodass die AfD beinahe pünktlich und vollzählig mit ihrem Parteitag beginnen konnte. Einzelne Delegierte beklagten allerdings, von Gegendemonstranten angegangen und teilweise verletzt worden zu sein. Tausende Menschen gingen gegen die AfD auf die Straße, unter ihnen auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und der Grünen-Chef Cem Özdemir. Sie sehen ihren Protest als Erfolg - und auch die Polizei zieht ein positives Fazit: Zwar wurden zwei Beamte verletzt, insgesamt sei es aber „ruhiger geblieben, als zu erwarten war“, so ein Polizeisprecher.
Am Sonntag setzt die AfD ihren Parteitag um 10 Uhr fort. Viel Protest ist dann nicht zu erwarten.
Und noch was Programmatisches
Ein weiterer Einblick in die laufende Programmdebatte: Die AfD will das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in seiner jetzigen Form abschaffen. Es solle künftig "Bundesministerium für Familie und Bevölkerungsentwicklung" heißen, beschloss der Bundesparteitag.
Die Begründung der Antragsteller: Das Ministerium in seiner jetzigen Form werte die "normale Ehe" zwischen Mann und Frau ab. Eine "Genderclique" kümmere sich in dem Ministerium vor allem um "Gleichstellung, Frühsexualisierung und andere gravierende Fehlentwicklungen", hieß es in der Antragsbegründung.
Stattdessen müsse ein solches Ressort alle Kraft darauf verwenden, "dass wieder mehr Kinder in Deutschland geboren werden". Hauptaufgabe müsse sein, "Bevölkerungsentwicklung nach wissenschaftlichen Kriterien" zu koordinieren und zu fördern.

Frontalangriff auf Frauke Petry
Petrys Ko-Vorsitzender Jörg Meuthen paktiert schon seit längerem mit Petrys Gegenspielern – darunter auch Rechtsaußen Björn Höcke. Er attackiert Frauke Petry auf dem Parteitag massiv in einer Rede, ohne sie konkret beim Namen zu nenne, und erntete dafür begeisterten Applaus. Meine Kollegin Maria Fiedler hat eine Analyse zum Frontalangriff auf Frauke Petry geschrieben, die Sie hier lesen können.
Während es um die Vorsitzende ziemlich einsam geworden ist, stecken derweil Jörg Meuthen, Alice Weidel und Beatrix von Storch die Köpfe zusammen.
Programmdebatte verläuft jetzt weitgehend einig
Seit etwa drei Stunden beschäftigen sich die Delegierten des AfD-Parteitags mit dem Programm für die anstehende Bundestagswahl. Austritt aus der Europäischen Union, Weg mit dem Euro, mehr Abschiebungen, Einschränkungen für Muslime. Kontroverse Debatten bleiben zum Großteil aus. Programmatisch ist die AfD erstaunlich geeint.
Über Spitzenkandidaten und darüber wie viele es werden wird vermutlich erst am Sonntag debattiert.
Keine Israel-Debatte
Kraft fordert "klare Haltung" gegen Hetze
Tausende Menschen haben am Samstag in Köln gegen den Parteitag der rechtspopulistischen AfD demonstriert. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) begrüßte es, dass sich so viele Bürger eingefunden hätten, um eine „klare Haltung“ gegen Ausgrenzung und Hetze zu zeigen. Damit werde ein Zeichen „für Toleranz und gegen Hass“ gesetzt, sagte sie auf der Kundgebung des Bündnisses „Köln stellt sich quer“.
Die AfD stehe für eine engstirnige Politik, die an „die dunkelsten Kapitel“ deutscher Geschichte erinnere. sagte Kraft. Die Politik der Partei verstoße gegen den ersten Artikel des Grundgesetzes, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist.
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) erklärte, der friedliche Protest setze ein Zeichen für Demokratieverständnis, Menschenrechte und Weltoffenheit. Man überlasse das Feld nicht denjenigen, die „Fakten ignorieren oder sogar leugnen und Hass predigen“. Köln sei eine Stadt, in der Menschen aus über 180 Nationen lebten. „Wir grenzen niemanden aus“, betonte Reker.
Grünen-Chef Cem Özdemir erklärte, die AfD schüre Hass und Hetze. Sie wolle spalten und das friedliche Zusammenleben in Deutschland, in dem Konflikte mit zivilisierten Umgangsformen und vor allem demokratisch gelöst würden, zerstören. Özdemir warnte zugleich vor eine Rückkehr zum Nationalstaat, wie sie die AfD fordere. (epd)Petry zurück
Gauland setzt auf Petry im Wahlkampf
AfD-Parteivize Alexander Gauland sagt am Rande des Parteitags, der Richtungsantrag von Parteichefin Frauke Petry sei "ein Fehler" gewesen. Es gebe die darin beschriebene Spaltung der Partei in einen realpolitischen und einen fundamental-oppositionellen Teil nicht.
Zu Petrys Entscheidung, auf eine Spitzenkandidatur zu verzichten, erklärt Gauland, er halte dies für falsch und bedauere ihren Rückzug. Er hätte begrüßt, wenn sie Teil eines Spitzenteams geworden wäre. Als Parteivorsitzende gehöre sie in ein solches Team.
Gauland betonte, er hoffe sehr, dass Petry im Wahlkampf dennoch eine herausragende Rolle spiele. Petry sei "ein wichtiges, vielleicht das wichtigste Gesicht der Partei und das bleibt sie auch". (AFP)Programmdebatte ohne Parteiführung
Petry verlässt Parteitag
Petry nennt Parteitagsentscheidungen falsch
Parteichefin Frauke Petry hält es für eine "folgenschwere Entscheidung", nicht über den "Zukunftsantrag" und andere strategische Fragen zu entscheiden. Der Parteitag habe damit "einen Fehler gemacht", sagte sie in einem Statement vor Journalisten. Sie werde sich nun vorbehalten, die Entwicklung der Partei "in den nächsten Monaten genau anzuschauen". Der Verzicht auf strategische Entscheidungen habe bereits in der Vergangenheit zu Zerwürfnissen geführt, sagte Petry. Im Wahlkampf müssten nun jene eine führende Rolle spielen, die mit einer Nicht-Entscheidung zur Strategie souveräner umgehen würden. Diesen wünsche sie viel Erfolg.

Kraft nennt Proteste gegen AfD "großartig"
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat die zentrale Kundgebung gegen den AfD-Parteitag in Köln als „großartig“ bewertet. „Hier stehen viele aufrechte Demokraten und sagen klipp und klar: Wir wollen so bleiben, wie wir sind - ein vielfältiges, ein offenes, ein tolerantes Land“, sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa.
Köln sei besonders bekannt für seine Vielfalt und seine friedliche Bewegung gegen Rechts, sagte Kraft. Am Morgen habe es zwar einige Ausschreitungen gegeben, doch was sie nun bei der zentralen Kundgebung auf dem Kölner Heumarkt erlebe, sei „buntes Aufstehen für die Demokratie, und das finde ich großartig“. (dpa)
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