
© dpa/Britta Pedersen
„Lösungen für Alltagsprobleme schaffen Vertrauen“: Oberste Verbraucherschützerin Pop kritisiert Ampel-Stillstand
Die Ampelkoalition fokussiert sich zu sehr auf die Krisenbekämpfung, kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband. Gesetze für mehr Verbraucherschutz kämen kaum voran.
Stand:
Deutschlands oberste Verbraucherschützerin, Ramona Pop, fordert die Ampelkoalition auf, sich wieder stärker um die Alltagssorgen der Bürgerinnen und Bürger zu kümmern. „Konkrete Lösungen für die Alltagsprobleme von Verbrauchern schaffen Vertrauen“, sagte die Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) dem Tagesspiegel. „Dem sollte die Bundesregierung in den verbleibenden Monaten Rechnung tragen.“
Im Politikcheck 2024 hat der vzbv untersucht, wie viele Vorhaben für mehr Verbraucherschutz die Ampelkoalition ein Jahr vor der nächsten regulären Bundestagswahl bereits umgesetzt hat. Wegen externer Krisen habe der Koalitionsvertrag nicht mehr die Bindungskraft vergangener Legislaturperioden gehabt, kritisiert der Verband. „Aktuelle Krisenbekämpfung darf aber nicht den Blick auf die Alltagssorgen der Menschen verstellen“, heißt es in dem Politikcheck, der dem Tagesspiegel vorliegt.
Warnung vor Deutschlandticket-Erhöhung
Der Bundesverband drängt insbesondere darauf, dass telefonisch abgeschlossene Verträge nur bei einer schriftlichen Bestätigung gelten sollen, um Verbraucher vor untergeschobenen Verträgen zu schützen. „Wer nach einem Telefonat nichts schriftlich bestätigt hat, sollte auch nichts zahlen müssen“, so Pop.
„Aktuelle Krisenbekämpfung darf aber nicht den Blick auf die Alltagssorgen der Menschen verstellen“
Politikcheck des Verbraucherzentrale Bundesverbands
Das Deutschlandticket verbucht der Bundesverband als „verbraucherpolitischen Meilenstein der Bundesregierung für die Verkehrswende“. Umso mehr kritisiert Pop die aktuelle Debatte um eine Preiserhöhung: „Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass der Preis für das Ticket bis 2030 bei 49 Euro bleibt.“
Bei der Fernwärme fordert der vzbv eine zentrale Preisaufsicht bei einer Bundesbehörde, um überhöhte Preisen der Monopolanbieter zu verhindern. „Verbraucher:innen müssen vor schwarzen Schafen auf dem Fernwärmemarkt geschützt werden“, sagte Pop.
Stillstand bei Zuckersteuer
Lob erhält die Bundesregierung für die telefonische Krankschreibung, für die unkomplizierte Anmeldung von Solarkraftwerken und dafür, dass Verbraucherschützer nun leichter Sammelklagen initiieren können.
Insgesamt checkt der vzbv seit Beginn der Legislaturperiode den Fortschritt bei 21 Gesetzesvorhaben für mehr Verbraucherschutz. Von ihnen sind bisher nur vier vollständig abgeschlossen, fünfzehn hat die Ampel begonnen, bei zweien hat sich gar nichts getan. Bei den allermeisten Vorhaben hat die Ampel laut vzbv bisher nur einen Teil der Forderungen der Verbraucherschützer erfüllt.
Besonders enttäuscht ist der Bundesverband über den fehlenden Fortschritt beim sogenannten Zucker-Werbeverbot. Noch immer liege kein Referentenentwurf für das Gesetz vor, das an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel verbieten soll – anderthalb Jahre nachdem das Agrarministerium Eckpunkte präsentiert habe, monieren die Verbraucherschützer. „Stattdessen wurden die einst sehr guten Vorschläge auf Druck der Lebensmittel- und Werbewirtschaft und der FDP-Bundestagsfraktion aufgeweicht.“
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