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Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) unterhält sich auf der deutschen Fregatte „Baden-Württemberg“ mit Besatzungsmitgliedern.

© dpa/Soeren Stache

„Lücke auf unserer Seite schließen“: Pistorius verteidigt geplante Stationierung von US-Waffen in Deutschland

Verteidigungsminister Pistorius hat die Kritik am Vorgehen der Bundesregierung bei der Stationierung weitreichender Waffen zurückgewiesen. Das Thema müsse nicht im Bundestag diskutiert werden.

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Verteidigungsminister Boris Pistorius hat Kritik am Vorgehen der Bundesregierung bei der Übereinkunft mit den USA über eine Stationierung weitreichender Waffen zurückgewiesen. Es spreche nichts dagegen, über dieses Thema im Bundestag offen zu sprechen, sagte Pistorius am Dienstag (Ortszeit) am Rande eines Besuchs im US-Bundesstaat Hawaii.

„Aber es ist originär kein Thema, was zuvor im Parlament diskutiert werden müsste“, sagte der SPD-Politiker. „Es ist auch nicht vergleichbar mit dem Nato-Doppelbeschluss aus den 80er Jahren. Von daher sollten wir hier die Dinge sorgfältig auseinanderhalten.“

Am Rande des jüngsten Nato-Gipfels in Washington hatten die USA und Deutschland die Stationierung von Tomahawk-Marschflugkörpern, SM-6-Raketen und neuen Hyperschallwaffen von 2026 an angekündigt und als Reaktion auf Bedrohungen durch Russland gerechtfertigt.

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Die gemeinsame Entscheidung kam für viele Bundestagsabgeordnete überraschend. Kritik und die Forderung nach einer parlamentarischen Befassung gab es aus mehreren Parteien, auch aus Pistorius' SPD.

Es geht jetzt darum, (...) deutlich zu machen, ein möglicher, ein eventueller Angriff auf Nato-Gebiet, auf Nato-Verbündete hätte für Russland einen so hohen Preis, dass das Risiko nicht mehr kalkulierbar wäre.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

Der Minister sagte auf Hawaii, es gehe bei der Stationierung um konventionelle Waffen, die nicht als Waffen mit nuklearen Sprengköpfen vorgesehen seien. „Das muss man zur Beruhigung all derer, die sich hier Sorgen machen, sehr deutlich unterstreichen“, sagte Pistorius.

Russland verfüge über Waffen dieser und anderer Reichweiten schon seit geraumer Zeit und habe dazu den Rüstungskontrollvertrag INF verletzt und aufgekündigt, der nukleare Mittelstreckensysteme regelt, erläuterte der Verteidigungsminister.

Pistorius: Keine Bedrohung, sondern „echte Abschreckung“

Bei der Stationierung weiterreichender Waffen mit konventionellen Sprengköpfen gehe es nun um „echte Abschreckung“, sagte Pistorius. „Es geht jetzt darum, diese Lücke auf unserer Seite zu schließen, nicht um irgendjemandem zu bedrohen, sondern um deutlich zu machen, ein möglicher, ein eventueller Angriff auf Nato-Gebiet, auf Nato-Verbündete hätte für Russland einen so hohen Preis, dass das Risiko nicht mehr kalkulierbar wäre.“

In Deutschland hatte 1979 der Nato-Doppelbeschluss zur „Nachrüstung“ mit Atomraketen erbitterte Auseinandersetzungen ausgelöst. Er wurde am 12. Dezember 1979 von den Außen- und Verteidigungsministern der Nato gefasst – als Reaktion auf die Aufstellung sowjetischer Raketen des Typs SS-20, die Ziele in Westeuropa erreichen konnten. Zugleich wurden Moskau Gespräche über Rüstungskontrolle angeboten.

Bundeswehr erstmals mit zwei Schiffen bei „Rimpac“-Übung

Pistorius besucht derzeit auf Hawaii die US-geführte Militärübung „Rimpac“ an der die Bundeswehr erstmals mit zwei Schiffen und 450 Männern und Frauen der Deutschen Marine beteiligt ist. Der Minister sieht eine zunehmende Verantwortung Deutschlands für den Schutz internationaler Regeln in der geopolitisch wichtigen Indopazifik-Region.

Drei Eurofighter überfliegen die Fregatte „Baden-Württemberg“.

© dpa/Luftwaffe/Francis Hildemann

Stabilität und Sicherheit in diesem Teil der Welt und in Europa seien eng verbunden, sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch der Gedenkstätte des US-Marinestützpunktes Pearl Harbor auf Hawaii. „Es ist nicht das Eine denkbar ohne das Andere“, sagte Pistorius.

Pistorius: China sorgt für Unruhe in der Region

Pistorius stellte fest, dass China vordringe und seine Interessen in einer Weise geltend mache, die „insgesamt für Unruhe sorgt in der Region, für Verunsicherung“. Von Deutschland werde Unterstützung auch in weiter entfernten Regionen erwartet.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (l., SPD) unterhält sich auf der deutschen Fregatte „Baden-Württemberg“ an der Reling mit Flottillenadmiral Axel Schulz (r.).

© dpa/Soeren Stache

„Wir sind die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und als solche haben wir mit vielen anderen zusammen eine Verantwortung“, sagte der Minister. Es gehe darum, mit Partnern zusammen für die internationale regelbasierte Ordnung einzustehen und Schutz zu gewährleisten.

Nicht gegen irgendjemanden, sondern schlicht und ergreifend, um deutlich zu machen: Wir sind da.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

„Nicht gegen irgendjemanden, sondern schlicht und ergreifend, um deutlich zu machen: Wir sind da. Wir wissen um den Wert der Freiheit der Meere, der Freiheit der Navigation und eben die internationale regelbasierte Ordnung“, sagte Pistorius. „Wir überschätzen uns nicht, aber wir sind Partner in der Region und werden als solche auch wahrgenommen und wertgeschätzt.“

Pistorius gedenkt in Pearl Harbor getöteter US-Soldaten

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) besucht in Pearl Harbor das „USS Arizona“-Memorial und legt einen Kranz nieder.

© dpa/Soeren Stache

Pistorius besuchte auch die auf dem Wasser errichtete Gedenkstätte über dem Wrack der „USS Arizona“, die 1941 nach dem Angriff Japans auf Pearl Harbor sank und Ruhestätte für mehr als 1000 getötete Seeleute ist, die damals an Bord waren.

Der Angriff markierte einen Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg: Der japanische Überfall führte zum Eintritt der USA in den Krieg aufseiten der Alliierten gegen die Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan.

Japan hatte die Pazifikflotte der USA im Dezember 1941 völlig überraschend angegriffen und fast völlig zerstört. Etwa die Hälfte der 2400 getöteten Amerikaner starb auf dem Schlachtschiff „USS Arizona“. Das Wrack liegt bis heute nur wenige Meter unter der Wasseroberfläche und gilt als Kriegsgrab. 1962 wurde quer über dem gesunkenen Schiff ein weißer Bau errichtet, der einer der größten Touristenmagnete Hawaiis ist. (dpa)

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