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Thorsten Frei (CDU), Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben, aufgenommen bei einem Interview.

© dpa/Michael Kappeler

„Manche Leistungen müssen entfallen“: Kanzleramtsminister Frei kündigt Streichungen im Gesundheitssystem an

Der Vertraute von Merz hält es für zwingend nötig, dass Deutschland im medizinischen Bereich spart – und zieht Vergleiche zu anderen Ländern. „Wir werden deshalb nicht kränker“, sagt der CDU-Politiker.

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Die schwarz-rote Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) sucht nach Wegen, um die Sozialsysteme abzusichern. Dabei rückt immer mehr auch das Gesundheitssystem in den Fokus. Experten wie Spitzenpolitiker aus der Koalition – darunter Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) – halten es für nicht mehr finanzierbar. Nun stimmt auch Kanzleramtschef Thorsten Frei die Bürgerinnen und Bürger auf Einschnitte ein.

„Klar ist auch, dass manche Leistungen entfallen müssen, um das Gesundheitssystem günstiger zu machen, was in anderen Ländern auch funktioniert“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Wir werden deshalb nicht kränker.“ Das werde zwar Widerstände hervorrufen, „aber wir müssen das im Interesse des Ganzen durchsetzen“, sagte der Vertraute von Merz.

Deutschland habe das teuerste Gesundheitssystem der Welt, die Bevölkerung sei aber nicht überdurchschnittlich gesund. Welche Leistungen gestrichen werden sollten, sagte Frei nicht. Franzosen gingen statistisch gesehen seltener zum Arzt. „Das dürfte rein medizinisch betrachtet kaum zu begründen sein“, sagte der Kanzleramtschef.

Frei fordert Regelung für Besuche beim Facharzt

Der CDU-Politiker bemängelte zudem, „dass bei uns jeder in einer – naturgemäß – eher laienhaften Betrachtung selbst entscheidet, zu welchem Facharzt er geht“. Diese Entscheidung müsse ein Primärarzt, in der Regel der Hausarzt, übernehmen.

Zuvor hatte bereits die Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“, die die Bundesregierung beraten, eine höhere Selbstbeteiligung von Kassenpatienten und eine Praxisgebühr gefordert. „Wir müssen die Prävention stärken. Aber wir werden auch die Selbstbeteiligung erhöhen müssen“, sagte Monika Schnitzer angesichts steigender Kassenbeiträge an Heiligabend der „Rheinischen Post“.

„Eine Praxisgebühr ist sinnvoll, wenn es gelingt, sie bürokratiearm einzuziehen. Statt die Ärzte damit zu belasten, könnten die Krankenkassen sie einziehen.“

Schnitzer sagte weiter: „Das Gesundheitssystem muss effizienter werden.“ Leistungen wie Homöopathie und „andere Kassenleistungen ohne Evidenz“ könnten gestrichen werden, schlug sie vor.

Ein Sprecher des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) kritisierte, die Forderung nach der Wiedereinführung einer Praxisgebühr lenke von den „grundlegenden Problemen in unserem Gesundheitssystem ab“.

Debatte über Praxisgebühr 2.0

Die GKV-Ausgaben für höhere Honorare, Kliniken, Medikamente und insgesamt mehr Leistungen würden im kommenden Jahr um rund 23 Milliarden Euro auf rund 370 Milliarden Euro steigen. „Gegen diese Ausgabendynamik hilft keine Praxisgebühr.“ Es brauche „grundlegende Strukturreformen“.

Mitte Dezember hatte auch der Verband der Kassenärzte neue Einnahmequellen für das Gesundheitssystem gefordert. Vorstellbar sei „eine Art Praxisgebühr 2.0, bei der die Kassen das Geld bei den Patienten einziehen“, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der „Rheinischen Post“. „Zehn Euro Praxisgebühr pro Quartal sind zumutbar, das ist der Preis eines Döners.“

Der Bundesrat hatte vor Weihnachten ein erstes Sparpaket verabschiedet, das vor allem Kosten in Kliniken bremsen soll. Warken brachte im „Spiegel“ für das nächste Krankenkassen-Sparpaket auch höhere Zuzahlungen in der Apotheke ins Gespräch.

Merz hatte versprochen, dass die Beiträge und Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung nicht steigen werden. Große Krankenkassen kündigen dennoch Beitragserhöhungen zum Jahreswechsel an. Sie halten das erste Sparpaket der Bundesregierung für zu klein.

So müssen Millionen Versicherte 2026 mit höheren Zusatzbeiträgen rechnen. Nach einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox mit Stand 23. Dezember haben schon 31 Krankenkassen einen Anstieg für ihre Kunden angekündigt.

Betroffen sind etwa Versicherte der zwei großen bundesweiten Krankenkassen. Bei der Techniker Krankenkasse (TK) steigt der Zusatzbeitrag von 2,45 Prozent auf 2,69 Prozent. Die DAK-Gesundheit erhöht ihn von 2,8 Prozent auf 3,2 Prozent.

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