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Berlin: Nancy Faeser (SPD, r), Bundesministerin für Inneres und Heimat, Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, und Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen), Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, stellen ein Sicherheitspaket nach der Messerattacke von Solingen vor.

© dpa/Kay Nietfeld

Maßnahmenpaket nach Solingen-Anschlag: Bundesregierung will manchen Asylbewerbern Leistungen streichen – und Heimaturlaub verbieten

Nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag in Solingen reagiert die Ampel mit einem Migrations- und Asylpaket. Unter anderem soll das Asylrecht verschärft werden.

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Nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen hat sich die Bundesregierung auf die Streichung von Leistungen für bestimmte Asylbewerber geeinigt. Dabei geht es um Migranten, für die ein anderer europäischer Staat zuständig wäre, der der Rückübernahme zugestimmt hat. Das sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Berlin.

Zudem kündigte sie ein Messerverbot auf Volksfesten, bei Sportveranstaltungen und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen angekündigt. „Messer haben auf Volksfesten nichts zu suchen“. Auch im Fernverkehr der Bahn und anderer Anbieter solle „künftig ein generelles Messerverbot“ gelten, sagte Faeser. Auch werde die Regierung „ein generelles Umgangsverbot für Springmesser einführen“.

Die Bundesregierung will bei der Beantragungen von Waffenscheinen zudem strenger kontrollieren lassen. „Keine Waffenscheine für Extremisten“, sagte Faeser.

Bei der Islamismusprävention soll die Polizei künftig stärker Daten im Netz nutzen und auswerten können, auch unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Darüber hinaus wird es eine Taskforce Islamismusprävention aus Wissenschaft und Praxis geben. Bestehende Programme würden fortgeführt und ausgebaut, so Faeser. Islamistische Organisationen oder Vereine sollen verboten werden.

Kriminelle und Gefährder wollen wir künftig auch nach Syrien und Afghanistan abschieben.

Justizminister Marco Buschmann (FDP)

Justizminister Marco Buschmann (FDP) sprach von einem sinnvollen und nützlichen Paket, um die Sicherheitslage in Deutschland zu verbessern und bei der Migration eine noch verschärfte Realpolitik durchzuführen.

Es sei schockierend, dass die Rückführung des Solingen-Attentäters, ein Dublin-Fall, einzig und allein daran gescheitert sei, dass er beim ersten Versuch nicht angetroffen worden sei, ergänzte Buschmann. So etwas müsse verhindert werden.

Bei Erwachsenen und auch Jugendlichen sollen daher Angreifer mit Messer künftig schneller abschiebbar sein. „Kriminelle und Gefährder wollen wir künftig auch nach Syrien und Afghanistan abschieben“, sagte Buschmann. Wer in Deutschland Schutz suche und erhalten habe und dann in seiner Heimat Urlaub mache, verliere seinen Schutzstatus.

Ukrainer und Ukrainerinnen in Deutschland sollen von der Regelung ausgeschlossen sein. Auch „sittliche Pflichten“, wie der Besuch von Beerdigungen in den Heimatländern der Asylbewerber seien weiterhin erlaubt, sagte Buschmann.

Gespräche mit der Opposition

Die Maßnahmen sollen Basis für Gespräche mit den Bundesländern und der Union sein, hieß es in Koalitionskreisen. Es gebe bereits eine Voranfrage zur Findung eines Termins mit der Union Anfang kommender Woche.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Mittwoch angekündigt, dass man gemeinsam mit Bundesländern und Union Konsequenzen aus dem Anschlag in Solingen ziehen wolle. Dabei waren drei Menschen getötet und acht verletzt worden. Scholz hatte ein Gesprächsangebot von Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) begrüßt. Merz hatte jedoch Forderungen wie die Ausrufung einer „nationalen Notlage“ oder die Abweisung von Syrern und Afghanen an deutschen Grenzen erhoben, die in der Regierung auf Ablehnung stoßen.

Grünen Innenpolitik-Experten fordern „Zeitenwende“

„Die Zeit von ergebnislosen Gesprächskreisen ist vorbei“, forderte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der „Rheinischen Post“. „Dazu müssen wir unsere Grenzen besser schützen, bereits an der Grenze zurückweisen und die Dublin-Prinzipien anwenden.“ Außerdem müsse Deutschland konsequenter abschieben, „insbesondere Straftäter und Gefährder, auch nach Afghanistan und Syrien“. Auch Scholz hatte betont, dass die Regierung mit Hochdruck Abschiebungen von Straftätern nach Syrien und Afghanistan vorbereite.

Bei den Grünen hatten die Innen-Experten Irene Mihalic und Konstantin von Notz eine „Zeitenwende“ in der Innenpolitik gefordert. Auch sie waren offen etwa für eine engere Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten. Stationäre Grenzkontrollen sehen sie dagegen kritisch.

Der FDP-Innenexperte Manuel Höferlin sagte „Welt“-TV: „Eins ist klar, wir brauchen endlich einen Wandel in der Migrationspolitik.“ Es müsse die Rechtslage überarbeitet und zugleich bestehendes Recht durchgesetzt werden, sagte der Bundestagsabgeordnete. Dabei sei eine Zusammenarbeit mit CDU/CSU und den Bundesländern sehr wichtig. Höferlin bekräftigte, dass „vollziehbar Ausreispflichtige“ keine Sozialleistungen mehr erhalten dürften.

Eine Mehrheit der Befragten ist für harte Maßnahmen

Derzeit gibt es nicht nur Probleme mit Abschiebungen in problematische Länder wie Syrien und Afghanistan. Die Bundesregierung wollte im vergangenen Jahr auch mehr als 73.000 Flüchtlinge in andere europäische Staaten zurückführen. Dies klappte allerdings in zehntausenden Fällen nicht. So hätte auch der mutmaßliche Attentäter von Solingen, ein Syrer, bereits im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Hintergrund ist die sogenannte Dublin-Regel, dass das zuerst betretene Land für den jeweiligen Flüchtling zuständig sein soll – im Fall des Syrers war dies Bulgarien.

Der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, René Springer, sagte, die Überlegungen gingen in Richtung der bisherigen AfD-Forderungen, die Leistungen für Flüchtlinge massiv einzuschränken und damit einen „Pullfaktor“ für illegale Migration abzustellen.

Laut RTL/ntv-Trendbarometer stoßen die meisten der abgefragten Forderungen bei einer Mehrheit der Bundesbürger grundsätzlich auf Zustimmung. Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan halten 87 Prozent der Befragten dies in einer Forsa-Umfrage für angemessen und richtig. Dass man ausreisepflichtigen Ausländern keine Sozialleistungen bezahlten sollte, unterstützen 73 Prozent. Für ein generelles Verbot zum Tragen von Messern sprechen sich hingegen nur noch 68 Prozent aus.

Knapp die Hälfte der Befragten (53 Prozent) sind für dauerhafte Grenzkontrollen an deutschen Grenzen. Einen Aufnahmestopp von Geflüchteten aus Afghanistan und Syrien fänden 45 Prozent richtig. 48 Prozent sprechen sich dagegen aus. (Reuters/dpa/AFP/epd/KNA/Tsp)

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