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Politik: Merkel soll bei Putin deutlich werden

Der erste Besuch der Kanzlerin in Moskau: Alle erwarten viel – sie erwartet eine „lebendige Diskussion“

Berlin - Mit einem ganzen Bündel von Erwartungen im Gepäck reist Bundeskanzlerin Angela Merkel heute zu ihrem ersten offiziellen Besuch nach Moskau. Dort erwartet sie Präsident Wladimir Putin, der seinerseits davon ausgeht, dass ihr Treffen die „Kontinuität in der Entwicklung einer strategischen Partnerschaft“ deutlich machen wird, wie er verlauten ließ. Merkel soll hingegen nach dem übereinstimmenden Wunsch der Grünen und der FDP, aber auch führender Vertreter ihrer eigenen Partei, der CDU, einen anderen Akzent setzen: auf nüchterne Zusammenarbeit.

Die Chefs von Grünen und FDP, Claudia Roth und Guido Westerwelle, und CDU-Vize Christian Wulff plädieren für einen neuen, grundsätzlich kritischeren Ton. Westerwelle erwartet, dass Merkel nicht nur dieses Mal die Klagen von Bürgerrechtlern und Oppositionellen anhört, Roth drängte dazu, jetzt und dann stetig die Menschenrechtslage in Tschetschenien anzusprechen wie die Situation von Nichtregierungsorganisationen, und Wulff hält ein „offenes Wort unter Freunden“ für angebracht. Auch „Human Rights Watch“ und „Reporter ohne Grenzen“ haben in diesem Sinn an Merkel geschrieben.

Außerdem soll sich die Kanzlerin für den Aufbau demokratischer Strukturen einsetzen, dabei „Hilfe anbieten“, wie Roth ergänzte, und nach dem Erdgasstreit zwischen Russland und der Ukraine sowohl Russland mäßigen als auch Fürsprecherin der baltischen Staaten und Polens sein. Wenngleich andererseits die deutsche Wirtschaft in dem Gaspipelineprojekt mit Russland – das zu harter Kritik an Merkels Vorgänger Schröder geführt hat – große Vorteile sieht und darin den konkretesten Ausdruck der strategischen Partnerschaft.

In diesem Sinn jedenfalls äußerte sich Klaus Mangold, der Vorsitzende des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, im Tagesspiegel. Mangold zählte sich zu den „leidenschaftlichen Befürwortern“, auch wegen der Möglichkeiten, die sich aus Russlands technologischem Rückstand ergäben. Diese Möglichkeiten zu eröffnen und eine „neue Qualität der Beziehungen“, soll jetzt Merkel obliegen, war von Vertretern deutscher Unternehmen zu hören. Der Versuch einer weiteren Heranführung Russlands an die Europäische Union gilt dabei als selbstverständlich. Bei alledem hofft der sozialdemokratische Koalitionspartner auch, dass Merkel die Gemeinsamkeiten mit Russland „in den Mittelpunkt rückt“, wie Experte Gert Weisskirchen erklärte. Für Westerwelle stand aber schon vorab fest, dass „Merkels Besuch in Moskau so erfolgreich sein wird wie der in Washington“.

Merkel selbst, die Russisch spricht, sagte, sie erwarte in Moskau eine „lebendige Diskussion“. cas

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