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Der französische Präsident Emmanuel Macron, Kanzlerin Angela Merkel und die britische Premierministerin Theresa May (Mitte) auf dem Westbalkangipfel im Mai in Sofia.

© AFP PHOTO / POOL / Stephane LEMOUTON

EU-Gipfel: Merkel und Macron arbeiten an gemeinsamen Vorschlägen

Merkel legte erstmals ihre Vorstellungen für eine Reform der Eurozone dar. Parallel reagierte sie auf die Pläne Emmanuel Macrons, eine Eingreiftruppe der EU einzurichten.

In der Debatte um eine Reform der Eurozone hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Vorstellungen dargelegt. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" antwortete sie damit auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, der seit Monaten intensiv für seine Reformvorschläge wirbt und dabei auf eine Zusammenarbeit mit Deutschland setzt. Wegen der langwierigen Regierungsbildung in Berlin musste Macron aber lange auf eine Positionierung der Bundesregierung warten.

Ein diskutierter Vorschlag ist die Einführung eines Investitionshaushalts für die Eurozone. Dazu bekennen sich Union und SPD im Koalitionsvertrag. Merkel sagte nun, dieses Budget solle im "unteren zweistelligen Milliardenbereich" liegen. Die Kanzlerin will diesen Haushalt schrittweise einführen und dann in seiner Wirkung bewerten.

Merkel will wirtschaftliche Unterschiede in der Eurozone ausgleichen

Offen ließ Merkel in dem Interview, ob dieser Haushalt zum regulären EU-Budget gehören oder - wie Macron es will - bei den Finanzministern der Eurozone angesiedelt sein soll. In der Union hatte es in den vergangenen Wochen Kritik daran gegeben, einen neuen Finanztopf außerhalb des EU-Budgets einzurichten.

Nach Vorstellung Merkels soll der Investitionshaushalt genutzt werden, um wirtschaftliche Unterschiede in der Eurozone auszugleichen. "Wir brauchen in der Eurozone eine schnellere wirtschaftliche Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten", sagte sie der "FAS". "Dafür müssen wir die Innovationsfähigkeit stärken, und zwar mit Hilfe zusätzlicher Strukturpolitik." Es solle Ländern geholfen werden, die "bei Wissenschaft, Technologie und Innovation Nachholbedarf haben".

Ein weiteres Vorhaben ist ein Europäischer Währungsfonds

Ein weiteres Vorhaben ist, den Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds weiterzuentwickeln. Merkel schlug vor, Ländern mit kurzfristigen Krediten zu helfen, die durch äußere Umstände in Schwierigkeiten geraten. Damit kommt die Kanzlerin Macron entgegen, Merkel formulierte aber auch klare Bedingungen für eine solche Unterstützung: "Immer gegen Auflagen natürlich, in begrenzter Höhe und mit vollständiger Rückzahlung."

Deutschland und Frankreich wollen vor dem EU-Gipfel Ende des Monats gemeinsame Pläne für eine Reform der Eurozone vorlegen. Die Gespräche zwischen Berlin und Paris laufen derzeit. Der Gipfel gilt als letzter Termin, um vor der Europawahl im Mai 2019 zumindest noch kurzfristig mögliche Projekte auf den Weg zu bringen.

Merkel sprach sich in dem Zeitungsinterview dafür aus, die Verhandlungen über das nächste Mehrjahresbudget der Europäischen Union für die Jahre 2021 bis 2027 vor der Europawahl abzuschließen. "In den heutigen unsicheren Zeiten muss Europa zu jedem Zeitpunkt handlungsfähig sein", sagte sie.

"Wenn wir die Beratungen auf die lange Bank schieben, könnte es sein, dass wir ein ganzes Jahr lang keine Erasmus-Stipendien vergeben oder sich der Ausbau von Frontex verzögert oder wichtige Projekte der Bekämpfung von Fluchtursachen nicht durchgeführt werden können, ganz zu schweigen von Strukturfondsmitteln und den wichtigen Forschungsprogrammen", warnte die Kanzlerin.

Merkel geht bei europäischer Verteidigungspolitik auf Macron zu

Parallel ging Merkel in der Debatte über eine engere europäische Verteidigungspolitik auf Macron zu. "Ich stehe Präsident Macrons Vorschlag einer Interventionsinitiative positiv gegenüber", sagte Merkel der "FAS". Eine solche Interventionstruppe mit einer gemeinsamen militärstrategischen Kultur müsse aber in die Struktur der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit eingepasst werden, fügte sie mit Blick auf die vereinbarte engere Zusammenarbeit der EU-Staaten (Pesco) hinzu. Bisher hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine Beteiligung an Macrons Initiative abgelehnt, die der Präsident außerhalb der Pesco-Zusammenarbeit plante.

Damit öffnet Merkel die Tür für einen Kompromiss in einem Streitthema zwischen Deutschland und Frankreich. Macron reicht die Pesco-Zusammenarbeit nicht, die etwa eine engere Kooperatin in der militärischen Logistik oder Beschaffung vorsieht. Er argumentiert, dass die EU über eine Truppe verfügen müsse, die schnell und planbar einsatzbereit ist. Dabei sucht er auch eine Zusammenarbeit mit Großbritannien, das im März 2019 aber aus der EU austritt. Großbritannien verfügt zusammen mit Frankreich über die schlagkräftigste Armee in Europa sowie über Atomwaffen. "Wir können ja eine solche Initiative für ein Land wie Großbritannien zusätzlich öffnen", sagte Merkel nun in dem Interview.

Die Kanzlerin schränkte allerdings ein, dass die Bundeswehr eine sogenannte Parlamentsarmee bleiben solle, somit jeder Einsatz im Ausland stets vom Bundestag vorab gebilligt werden müsse. Eine solche Interventionsinitiative bedeute auch nicht, "dass wir bei jedem Einsatz dabei sind". (AFP, reuters)

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