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Feilschen um den Euro. Mit der Hilfe eines Sonderkontos sollen die Forderungen der Griechenland-Gläubiger abgegolten werden.

© dapd

Griechenland-Rettung: Merkel und Sarkozy setzen alles auf ein Konto

Der Vorschlag von Merkel und Sarkozy, die EU solle Athens Einnahmen und Kredite verwalten, dürfte die Griechen weiter erzürnen. Der Druck auf Griechenland wächst allerdings weiter.

Von Antje Sirleschtov

Die Verwirrung war groß, in Paris genauso wie in Athen und auch in Berlin. Während sich in Griechenland die Regierungsparteien auch am Montag wieder nicht auf einen gemeinsamen Sparkurs einigen konnten und die internationalen Geldgeber zusehends die Geduld mit Athen verlieren, platzten der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem neuen überraschenden Vorschlag zur Rettung Europas heraus: ein Sonderkonto, auf das künftig alle staatlichen Einnahmen Griechenlands und die ausländischen Kredite fließen und welches gemeinsam von der griechischen Regierung und der Europäischen Union verwaltet werden soll.

Auch wenn nach der Ankündigung Merkels und Sarkozys in Paris zunächst noch völlig unklar war, wie dieses Sonderkonto am Ende aussehen soll, eines kann man schon sagen: Der Vorschlag der beiden Regierungschefs zielt in erster Linie darauf ab, die europäischen Gläubiger und die Kritiker in den eigenen Reihen zu besänftigen. Denn unter ihnen wächst die Furcht, den Griechen im März weitere Milliardenkredite zu überweisen, ohne dass sichergestellt wäre, dass jemals ein Cent davon zurückfließt.

Das Konto, so hieß es am Montag in der Bundesregierung, müsse man sich wie ein Mietkautionskonto vorstellen, auf das ein Teil der rund 130 Milliarden Euro fließen sollen, die EU und Internationaler Währungsfonds (IWF) im Rahmen des nächsten Griechenland-Hilfspaketes an Athen überweisen wollen. Durch eine Vorrangfestlegung solle sichergestellt werden, dass aus diesem Sonderkonto auf jeden Fall sämtliche Zinszahlungen an die Gläubiger ausgezahlt werden. Verwaltet werden soll das Konto sowohl von der griechischen Regierung als auch dem IWF.

In einer solchen Konstruktion könnte allerdings die Gefahr weiterer innenpolitischer Verhetzung in Athen liegen. Denn den Griechen wäre dadurch der Zugriff auf einen Teil ihrer Einnahmen verwehrt. Dem griechischen Parlament wäre das Etatrecht auf diesen Teil faktisch entzogen. Was die stolzen Griechen, die schon empört auf den Vorschlag des Unionsmannes Volker Kauder (CDU) zu einem Sparkommissar reagiert haben, kaum widerspruchsfrei hinnehmen dürften. In der Bundesregierung wurde am Montag jedenfalls schon mal betont, es handle sich „nur um einen Vorschlag“, der jetzt mit der Euro-Gruppe und mit der griechischen Regierung besprochen werden soll. Man wolle Griechenland schließlich „helfen und es nicht erobern“.

"Es muss jetzt schnell etwas geschehen"

Der griechische Regierungschef Lucas Papademos hat die ursprünglich für Montag angekündigten Gespräche mit den Chefs der die Regierung stützenden Parteien über die Akzeptanz weiterer von der Troika aus EU, IWF und Weltbank geforderter Einsparungen und Reformen indes erneut verschoben und auch die Verhandlungen mit den Banken über einen Schuldenschnitt kamen noch zu keinem Ergebnis. Ob der deutsch-französische Vorschlag es am Ende dem griechischen Regierungschef sogar noch schwerer machen könnte, das Einverständnis der anderen großen Parteien zu bekommen, war noch nicht absehbar. Auf jeden Fall nahm der internationale Druck auf Athen weiter zu. „Es müssen Entscheidungen getroffen werden, der Ball liegt im Feld der Griechen“, sagte ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn und drängte zur Eile.

Kanzlerin Merkel warnte in Paris, es könne „kein neues Griechenland-Programm geben, wenn es nicht mit der Troika zu einer Einigung kommt“. Zwar versicherte Merkel, „wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt“. Allerdings drängt sie die Griechen zu Entscheidungen. „Es muss jetzt schnell etwas geschehen“, sagte Merkel.

Auch Sarkozy sagte, dass „die Situation in Griechenland nun ein für allemal geregelt werden muss“. Griechenland ist derzeit bereits mit rund 350 Milliarden Euro verschuldet und benötigt bis Ende März ein Hilfspaket mit weiteren 130 Milliarden Euro, um seine Staatsschulden umfinanzieren zu können. Sollten die EU und der IWF dieses nächste Hilfspaket nicht genehmigen, wäre Griechenland pleite. Am Wochenende hat bereits Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker eine Staatspleite öffentlich als reale Möglichkeit benannt. Auch in der deutschen Innenpolitik wird immer offener ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone diskutiert. Entsprechende Äußerungen werden jedoch vorerst als Versuch gewertet, den Druck auf Athen zu erhöhen. Schließlich muss der Bundestag einem weiteren Griechenland-Paket zustimmen, was keinesfalls ausgemacht ist, wenn Griechenland nicht rasch klare Signale für Reformanstrengungen liefert.

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), forderte die Athener Regierungsparteien am Montag auf, Kompromissbereitschaft zu zeigen. „Es ist jetzt nicht die Zeit, zu pokern. Es ist jetzt die Zeit, zu handeln“, sagte Schulz. Er warnte vor den Folgen einer Pleite. „Der Zusammenbruch Griechenlands würde auch zu einem Zusammenbruch des griechischen Bankensystems führen“, sagte der EU-Parlamentschef. In der Folge könne es zu einem „Dominoeffekt“ für französische, deutsche und italienische Geldinstitute kommen, „der uns wahrscheinlich teurer zu stehen käme als die Rettung Griechenlands“.

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