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Polizisten sichern den Tatort in Solingen.

© AFP/Roberto Pfeil

Update

Messerattacke in Solingen: Was nach der Tat mit drei Toten bekannt ist – und was nicht

Ein Angreifer sticht bei einem Stadtfest in NRW anscheinend wahllos auf Menschen ein. Der IS bekennt sich zu der Tat. Ein Überblick über die Nachrichtenlage.

Stand:

Schock in Nordrhein-Westfalen: Ein Angreifer ist auf einem Jubiläumsfest der Stadt Solingen offenbar wahllos mit einem Messer auf Menschen losgegangen und hat drei von ihnen getötet. Am Samstag nimmt die Polizei einen Tatverdächtigen fest. Was genau ist in Solingen passiert? Und was wissen wir über den Täter oder seine Beweggründe? Ein Überblick:

Die Tat in Solingen

Am Freitagabend um 21.37 Uhr gingen nach Polizeiangaben erste Notrufe ein, weil ein unbekannter Angreifer plötzlich auf Besucher des Straßenfests eingestochen habe. Wegen seines zielgerichteten Vorgehens stufte die Polizei die Tat bald darauf als Anschlag ein. Der Angreifer tötete zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56 Jahre alte Frau. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer.

Die Festnahme: Nach eintägiger Großfahndung stellte sich der mutmaßliche Täter selbst. Nach Polizeiangaben gab der 26-Jährige an, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul sagte, die Polizei sei den ganzen Tag einer „heißen Spur“ nachgegangen. Bei dem Festgenommenen handle es sich um jemanden, „den wir im höchsten Maße verdächtigen“, sagte Reul am Samstagabend in den ARD-„Tagesthemen“.

Die Polizei eskortiert den Tatverdächtigen.

© REUTERS/Heiko Becker

Nach „Spiegel“-Angaben handelt es sich bei dem Mann um einen 26-jährigen Syrer. Er kam nach diesen Angaben Ende Dezember 2022 nach Deutschland und stellte einen Antrag auf Asyl. Den Sicherheitsbehörden war er nach „Spiegel“-Informationen bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt. Diese Informationen wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt.

Eigentlich sollte der Mann im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden, weil sein Asylantrag abgelehnt worden war. Der Syrer war über Bulgarien in die Europäische Union eingereist. Da er zwischenzeitlich allerdings in Deutschland untergetaucht sei, sei die Abschiebung vorerst hinfällig gewesen, schrieb die „Welt“. Später sei der Syrer nach Solingen überstellt worden. Dem sogenannten Dublin-Abkommen ist in der Regel das Land für einen Asylantrag zuständig, das zuerst von einem Asylbewerber betreten wird.

IS-Bekennerschreiben taucht auf

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat den tödlichen Messerangriff von Solingen für sich beansprucht. Der Angreifer sei IS-Mitglied gewesen und habe die Attacke, bei der drei Menschen getötet und acht schwer verletzt wurden, aus „Rache für Muslime in Palästina und anderswo“ verübt, hieß es in einer Mitteilung beim IS-Sprachrohr Amak. Die Polizei Düsseldorf hat nach eigenen Angaben ein Bekennerschreiben der Terrormiliz erhalten. Jetzt müsse geprüft werden, ob dieses Schreiben echt sei, hieß es.

Ermittlungen: Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen von der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf übernommen. Die oberste deutsche Anklagebehörde ermittelt wegen Mordes und des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Mögliche Komplizen

Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus. Allerdings wurde auch ein 15 Jahre alter Jugendlicher im Zusammenhang mit der Tat festgenommen. Als möglicher Vorwurf gegen ihn steht die Nichtanzeige geplanter Straftaten im Raum.

Nach Zeugenaussagen soll eine bisher nicht bekannte Person kurz vor der Tat mit dem Jugendlichen über Absichten gesprochen haben, die zur Tatausführung passen würden. Ob diese Person der Täter sei, wisse man nicht, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers.

Eine Frau stellt im Gedenken an die Opfer eine Kerze in der evangelischen Stadtkirche in Solingen auf.

© dpa/Thomas Banneyer

Durchsuchung: In Solingen durchsuchte die Polizei mit großem Aufgebot - darunter ein Spezialeinsatzkommando - eine Flüchtlingsunterkunft. Eine Person wurde nach Polizeiangaben auf eine Polizeiwache gebracht, weil sie Kontakt zum Täter gehabt haben soll. Es handele sich nach aktuellem Stand um einen Zeugen.

Der Tatort in Solingen

Tausende feierten in der Solinger Innenstadt am Abend das 650-jährige Jubiläum der Stadtgründung. Auf dem gut besuchten Fronhof, einem Marktplatz, war für das Fest eine Bühne aufgebaut. Unmittelbar vor der Bühne schlug der Täter zu.

Nach der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest stehen am Samstagmorgen Zelte von Polizei und Feuerwehr am Tatort vor der Bühne auf dem Fronhof.

© dpa/Christoph Reichwein

Die Opfer der Messerattacke

Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums scheint der Täter bei der Feier wahllos auf Menschen losgegangen zu sein, seine Opfer also zufällig ausgewählt zu haben. Auf der Pressekonferenz am Samstagnachmittag berichteten die Ermittler hingegen, dass der Angreifer „sehr gezielt“ auf den Hals seiner Opfer eingestochen habe. Bei den Getöteten handle es sich um eine Frau und zwei Männer. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer.

Die Flucht des Täters

Dem Täter gelang es, im Tumult und in der sich anfangs ausbreitenden Panik nach der Tat im gut besuchten Stadtzentrum zu entkommen. Ungeklärt ist nach wie vor, wie der Täter nach dem Anschlag untertauchte - und wo sich der nun gefasste Mann vor seiner Festnahme versteckt hielt.

Das Motiv des Täters

Hier hat die Polizei noch keine Informationen. Allerdings hält sie einen terroristischen Hintergrund für möglich - einfach weil ein anderes Motiv kaum ersichtlich ist. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft sprach am Samstag vom „Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat“. Sollten sich die Hinweise verdichten, komme eine Übernahme des Falles durch den Generalbundesanwalt in Betracht. Dies ist mittlerweile geschehen.

Der Tatverdächtige im Fall des Solinger Messerangriffs mit drei Toten kommt in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe habe Haftbefehl unter anderem wegen Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und wegen Mordes erlassen, teilte die Bundesanwaltschaft mit.

Gaza-Krieg: Der Islamische Staat (IS) gab in seiner Mitteilung als Grund für die Attacke „Rache für Muslime in Palästina und anderswo“ an. Das legt einen Zusammenhang mit dem Krieg im Gazastreifen zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas nahe. Ob dies zutrifft, ist nicht erwiesen. Gleiches gilt für die Frage, ob der mutmaßliche Attentäter tatsächlich Verbindungen zum IS hatte.

Die Zeugen der Messerattacke

Die Polizei richtete eine Webseite für Hinweise ein, über die Zeugen des Geschehens Handyfotos und Videos hochladen können (www.nrw.hinweisportal.de). Eine polizeiliche Videoüberwachung hat bei der Veranstaltung nicht stattgefunden.

Die Warnung der Polizei

Wer Verdächtiges beobachtet, soll nicht auf eigene Initiative handeln, sondern den Notruf 110 wählen. Die Polizei ruft die Menschen in Solingen dazu auf, im Innenstadtbereich vorsichtig zu sein.

Die Tatwaffe

Die mutmaßliche Tatwaffe des Messerangriffs von Solingen ist offenbar am Samstag in einem Mülleimer in der Innenstadt gefunden worden. Das verlautete aus Ermittlerkreisen. Zur Größe oder Art des Messers gab es zunächst keine weiteren Informationen. Zwischenzeitlich gab die Polizei allerdings an, man habe mehrere Messer sichergestellt und prüft noch, welches davon der Tat zugeordnet werden kann.

Die Beweise: Bei der Festnahme des Tatverdächtigen wurden Innenminister Reul zufolge auch „Beweisstücke“ gefunden. Es blieb aber unklar, worum es sich dabei handelte. (dpa)

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