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Nancy Faeser (SPD, M), Bundesministerin für Inneres und Heimat, Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, und Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen), Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, unterhalten sich nach der Vorstellung eines Sicherheitspakets nach der Messerattacke von Solingen.

© dpa/Kay Nietfeld

Messerverbote, härtere Regeln für Geflüchtete: Diese Verschärfungen plant die Ampel konkret

Ein umfangreiches Bündel an Vorschlägen und Gesetzesverschärfungen hat die Ampel angekündigt. Worauf müssen sich die Bürger einstellen? Was gilt künftig für Geflüchtete?

Stand:

Der Kompromiss der Bundesregierung geht auf vieles ein, das sowohl aus den Reihen der Ampel, als auch von der Opposition in den vergangenen Tagen und Wochen gefordert wurde. Konkret strebt die Koalition eine Verschärfung des Waffenrechts an, Maßnahmen gegen Islamismus und härtere Regeln für Geflüchtete.

1. Verschärfte Bedingungen für Geflüchtete

Besonders viel Unverständnis hatte im Fall Solingen hervorgerufen, dass sich der mutmaßliche Täter noch in Deutschland aufhielt, obwohl er nach Bulgarien hätte abgeschoben werden können. Fällen wie diesem will die Bundesregierung nun mit einem Maßnahmenbündel entgegenwirken. Tenor: Straftäter verwirken ihren Anspruch, sich in Deutschland aufhalten zu dürfen und Ausreisepflichtige sollen schneller abgeschoben werden.

Konkret soll leichter abgeschoben werden können, wer in Deutschland eine Straftat mit einer Waffe begeht. Ebenso können Schleuser ihren Status als Geflüchteter und ihr Recht auf Asyl verwirken. So auch Personen, die Straftaten mit bestimmtem Hintergrund begehen, die etwa antisemitisch, rassistisch oder gegen die sexuelle Orientierung gerichtet sind oder grundsätzlich menschenverachtend sind. Auch wer zu einer Jugendstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt wird, soll nach dem Willen der Ampel seinen Schutzanspruch verwirken.

Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern soll darüber hinaus ermitteln, wie die Zahl der Abschiebungen in andere EU-Länder besser funktionieren kann. Wer ausreisepflichtig ist, soll keine weiteren Leistungen in Deutschland beziehen dürfen, wobei ein menschenwürdiger Umgang gewährleistet bleiben soll.

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Und auch wer ohne triftigen Grund in sein Heimatland zurückreist, hat seinen Anspruch auf Schutz in Deutschland demnach verwirkt. Das gilt allerdings nicht für Geflüchtete aus der Ukraine. Zudem will die Bundesregierung auf EU-Ebene das System der Rückführungen verbessern.

An Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan werde gearbeitet, heißt es. Mit weiteren Staaten liefen Verhandlungen zu Rücknahmen eigener Staatsbürger.

2. Verschärftes Waffenrecht

Messerattacken, etwa in Solingen und Mannheim, befeuerten in den vergangenen Wochen Forderungen nach einem verschärften Waffenrecht. Vor allem die FDP hatte sich in diesem Zusammenhang kritisch gezeigt. Nun geht die Bundesregierung dies ebenfalls an. Konkret sollen Springmesser flächendeckend verboten werden. Bei Volksfesten oder Sportveranstaltungen soll ein absolutes Messerverbot herrschen.

Gleichzeitig soll es möglich werden, an besonders kriminalitätsbelasteten Orten ebenfalls dauerhafte Messerverbotszonen für alle Klingenlängen einzurichten. Bislang war das nur möglich für Messer mit einer Länge von mehr als vier Zentimetern.

Auch in Bahnen und Fernbussen sollen Messer verboten werden. Jeweils ausgenommen sein sollen bestimmte Berufsgruppen wie Handwerker oder Jäger, außerdem Sportschützen. Auch für den Transport eines verpackten Küchenmessers sollen Ausnahmen gelten.

Zur Durchsetzung darf die Polizei dies verdachtsunabhängig stichprobenartig kontrollieren. Die zuständigen Behörden sollen Informationen über mögliche Extremisten besser austauschen dürfen, wenn es um den Besitz von Waffen geht. Die Gründe, aus denen jemand keine Waffe besitzen darf, sollen erweitert werden.

3. Islamismus verhindern

Um islamistischen Extremisten früher Einhalt zu gebieten, will die Bundesregierung eine Arbeitsgruppe zur Islamismusprävention ins Leben rufen, bestehend aus Wissenschaftlern und Praktikern. Es sollen außerdem mehr Präventionsprojekte angeboten werden und mehr Möglichkeiten zur Deradikalisierung.

Zudem sollen die Ermittler mehr digitale Instrumente nutzen dürfen, etwa Künstliche Intelligenz und biometrische Abgleiche mit Online-Daten. FDP und Grüne lehnten diese Vorschläge noch Mitte August ab. Die Bundesregierung will sich auf EU-Ebene zudem für eine stärkere Bekämpfung extremistischer Online-Inhalte einsetzen.

Kritik von der Union

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), kritisierte gegenüber dem Tagesspiegel das Vorgehen der Regierung: „Für eine Art unkonventioneller Anhörung zu Gesetzentwürfen, die die Koalition bereits im Vorfeld beraten hat und die man uns am Dienstag auf den Tisch legt, stehen wir nicht zur Verfügung. Dazu gibt es ein parlamentarisches Verfahren“. Aus Sicht der Union seien „die Zurückweisungen an den deutschen Grenzen“ das Entscheidende. „In dem Papier steht wenig Falsches drin, aber eben auch viel zu wenig, um der aktuellen Herausforderung gerecht zu werden“.

Für Lamya Kaddor, die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, zeigt das Papier hingegen, „dass die Ampel in Fragen der inneren Sicherheit handlungsfähig bleibt, auch in Zeiten der massiven Bedrohung von innen und außen“. Dabei berücksichtige man das Grundgesetz und völkerrechtliche Verträge.

Für die Umsetzung müsse man sich die Vereinbarungen natürlich jetzt im Detail anschauen – etwa die zum Datenschutz oder auch zum Aufenthaltsrecht, kündigte Kaddor zugleich an. In diesen Punkten hatten die Grünen in der Vergangenheit immer wieder Bedenken angemeldet. Kaddor lobte zugleich, dass nun neben einer Verschärfung des Waffenrechts auch die Islamismusprävention verstärkt werden soll.

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