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Nach dem Vonovia-Schock: Ampel streitet über die Mietenpolitik
In Berlin steigen die Mieten von 40.000 Vonovia-Mietern um 15 Prozent. SPD-Generalsekretär Kühnert macht die FDP mitverantwortlich, die wehren sich entschieden und machen Gegenvorschläge.
Stand:
Nach bis zu 15-prozentigen Mieterhöhung für Zehntausende Berlinerinnen und Berlinern durch den Wohnungskonzern Vonovia streiten die Ampel-Parteien über den richtigen Kurs in der Mietenpolitik.
„Um Mieter vor drastischen Mieterhöhungen zu schützen, brauchen wir rechtsverbindliche Änderungen im Mietrecht“, forderte die Grünen-Abgeordnete Hanna Steinmüller und verwies auf eine Absenkung der Kappungsgrenzen von 15 auf elf Prozent, „damit die Lohnzuwächse der letzten Monate nicht komplett von der Miete aufgefressen werden“.
Bereits am Vortag hatte SPD-Generalsekretär Kevon Kühnert Justizminister Marco Buschmann (FDP) für die Mietsteigerungen in Berlin mitverantwortlich gemacht. „Es macht mich wütend, wenn unsere Koalition einerseits um mehr Netto für Millionen Beschäftigte kämpft, während die FDP gleichzeitig dieses Netto durch riesige Mietsteigerungen auffressen lässt“, sagte er dem Tagesspiegel und kritisierte ebenfalls Verzögerung der Absenkung der Kappungsgrenze, die im Ampel-Koalitionsvertrag vereinbart worden war. Sie soll garantieren, dass Mieterhöhungen innerhalb von drei Jahren nur noch maximal elf Prozent betragen dürfen.
FDP verärgert über Kritik an ihrem Minister
Die FDP reagierte verärgert über die Kritik an ihrem Minister. „Das ist Politik aus der sozialistischen Mottenkiste, die noch nie funktioniert hat“, sagte der Generalsekretär der Liberalen, Bijan Djir-Sarai, dem Tagesspiegel. Kühnert verkenne die Realität, für günstigen Wohnraum müsse schnell und mehr gebaut werden. „Die SPD will hingegen leider nur den Mangel verwalten – mit immer mehr staatlichen Eingriffen“, sagte Djir-Sarai.
Auch der Fraktionsvize und Berliner Landesvorsitzende der FDP, Christoph Meyer, warb für mehr Bauflächen, schnellere Genehmigungsverfahren und reduzierte Bauvorschriften. „CDU und SPD haben Jahrzehnte in Berlin regiert und das Ergebnis ist Überregulierung, zu wenig Bauland und in Konsequenz zu wenig Wohnungsangebot“, sagte Meyer und forderte einen Kurswechsel in Berlin: „Die Randbebauung vom Tempelhofer Feld und die Bebauung vom ehemaligen Flughafen Tegel muss so schnell wie möglich erfolgen, um den Preisdruck im Berliner Wohnungsmarkt zu reduzieren“, sagte Meyer.
Unser Problem in Deutschland ist nicht zu viel Regulierung, sondern dass wir zu wenig Wohnungen haben.
CDU-Politiker Jan-Marco Luczak fordert, dass mehr gebaut wird.
Justizminister Buschmann wollte sich auf Tagesspiegel-Anfrage nicht zu der Kritik äußern. Der Deutschen Presseagentur erklärte er aber, dass ein Entwurf für die Verlängerung der Mietpreisbremse, die Mieterhöhungen bei Neubezug deckelt, dem Kanzleramt übergeben worden sei. Ende Juni hatte Buschmann zudem seine Blockade bei den Kappungsgrenzen erklärt. „Die immobilienökonomische Lage hat sich sehr zugespitzt“, sagte er damals der „Rheinischen Post“. Die Zinsen seien gestiegen, es fehlten hunderttausende Wohnungen. „Wir sollten den Neubau nicht unattraktiver machen, indem er sich weniger lohnt“, sagte Buschmann damals.
Doch bei den Grünen pocht man auf die Einhaltung des Koalitionsvertrags. Dabei wähnen sie Bundeskanzler Olaf Scholz an ihrer Seite. Er hatte in der Regierungsbefragung am 3. Juli gesagt, dass alle mietrechtlichen Vereinbarungen des Koalitionsvertrags umgesetzt werden sollten.
Grüne bestehen auf Einhaltung des Koalitionsvertrags
„Hier nehmen wir ihn beim Wort“, sagte die Grünen-Abgeordnete Steinmüller: „Ich erwarte eine zeitnahe Umsetzung und auch, dass alle weiteren Beteiligten sich ebenfalls an ihr Wort halten. Das gilt auch für freiwillige Vereinbarungen, wie vom Berliner Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen.“
Der baupolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jan-Marco Luczak, unterstütze dagegen den Kurs der Liberalen. „Unser Problem in Deutschland ist nicht zu wenig Regulierung, sondern dass wir zu wenig Wohnungen haben“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel. Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) seien mit ihrem Ziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr „grandios gescheitert“. 2024 würden nur etwa die Hälfte der versprochenen Wohnungen gebaut, sagte Luczak. „Das ist dramatisch und der eigentliche Grund für die steigenden Mieten.“
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