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Flüchtlinge an Bord des Seenotrettungsschiffs „Alan Kurdi“.

© Fabian Heinz/Sea-Eye/dpa

Update

Nach Anlegeverbot in Italien: Malta schließt seinen Hafen für „Alan Kurdi“

Nach Drohungen aus Italien hat das Rettungsschiff seinen Kurs geändert. Doch auch in Malta ist es nicht willkommen.

Maltesische Behörden haben dem Rettungsschiff „Alan Kurdi“ mit Dutzenden Migranten an Bord untersagt, im Hafen der Insel anzulegen. „Sie haben keine Erlaubnis, in maltesische Hoheitsgewässer einzudringen“, sagte ein Armeesprecher im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Das Schiff der Organisation Sea-Eye hatte nach eigenen Angaben 65 Migranten in internationalen Gewässern vor Libyen von einem Schlauchboot gerettet.

Die Organisation hat die Hoffnung jedoch nicht verloren: „Wir sind sicher, dass Malta uns einen sicheren Hafen bieten wird, sobald Deutschland und andere EU-Staaten anbieten, die Menschen aufzunehmen. Wir erwarten, dass Malta damit nicht allein gelassen wird“, sagte Sea-Eye-Sprecherin Carlotta Weibl dpa am Sonntag.

Zuvor hatte das Rettungsschiff angesichts massiver Drohungen der italienischen Regierung seinen Kurs Richtung Malta geändert. Das zuletzt vor Lampedusa liegende Schiff werde den Inselstaat als nächsten sicheren Hafen ansteuern, erklärte die Hilfsorganisation Sea-Eye am Samstagabend. Zuvor war das Segelboot "Alex" der Hilfsorganisation Mediterranea mit 41 Migranten an Bord trotz Verbots in den Hafen von Lampedusa eingefahren. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bot an, einen Teil der Geflüchteten in Deutschland aufzunehmen.

Die „Alan Kurdi“ fahre wegen des Anlegeverbots der italienischen Behörden in Lampedusa und Strafandrohungen gegen die Besatzung nach Malta, erklärte Sea-Eye. Dort werde das Rettungsschiff am Sonntagnachmittag ankommen. "Wenn die Staats- und Regierungschefs ihre Kritik am italienischen Innenminister ernst meinen, können sie uns auf Malta einlaufen lassen", wurde Gorden Isler, Einsatzleiter der "Alan Kurdi", von Sea-Eye zitiert.

Die "Alan Kurdi" hatte nach eigenen Angaben am Freitag 65 Menschen von einem Schlauchboot im Mittelmeer gerettet. Ein Angebot der libyschen Küstenwache, den Hafen der Stadt Sawija als "sicheren Zufluchtsort" anzulaufen, lehnte das Rettungsschiff ab.

Am Samstagmorgen hatte Sea-Eye bei Twitter mitgeteilt, die italienische Finanzpolizei sei "persönlich vorbeigekommen", um ein Dekret des Innenministers Matteo Salvini zu überbringen: "Der Hafen ist zu."

Das Segelschiff "Alexa" setzte sich dagegen über Salvinis Verbot hinweg und legte im Hafen von Lampedusa an. Dort wartete am Samstagabend ein Großaufgebot von Polizisten auf das Schiff. Zuvor hatte die Organisation den Notstand auf dem Boot ausgerufen.

Die hygienischen Bedingungen an Bord seien nicht länger tragbar, schrieb Mediterranea nach zwei Tagen Wartens vor der Küste im Kurzbotschaftendienst Twitter. Lampedusa sei der einzig mögliche sichere Hafen.

Innenminister Salvini von der rechtsradikalen Lega schrieb nach dem Andocken des Schiffes bei Twitter, bei der Crew der "Alex" handele es sich um "Schakale". Er verbot den Menschen, das Schiff zu verlassen. Daraufhin forderte Mediterranea den Vizeregierungschef per Twitter auf, "die unnötige Grausamkeit" zu beenden und alle von Bord zu lassen.

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Seehofer forderte nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin Salvini in einem Brief dazu auf, die Blockade italienischer Häfen für Flüchtlings-Rettungsschiffe aufzuheben. Demnach betonte Seehofer, dass es sich bei der Rettung von Menschen in Seenot um eine humanitäre Pflicht handle, die nicht in Frage gestellt werden dürfe.

Seehofer will Gerettete aufnehmen

Die Bundesregierung sei "im Rahmen einer europäisch-solidarischen Lösung bereit, einen Teil der aus Seenot Geretteten aufzunehmen", erklärte Seehofer bei Twitter. Nach AFP-Informationen betonte der CSU-Politiker gegenüber Salvini, dass diese Unterstützung nicht nur für Geflüchtete gelte, die von Schiffen unter deutscher Flagge gerettet wurden.

Migranten sitzen auf einem Boot der Hilfsorganisation Mediterranea Saving Humans in Lampedusa.
Migranten sitzen auf einem Boot der Hilfsorganisation Mediterranea Saving Humans in Lampedusa.

© Elio Desiderio/ANSA/dpa

Wegen seiner harten Haltung ist Salvinis Popularität sowie die seiner rechtsradikalen Partei Lega in Italien gestiegen. Laut einer am Samstag in der Zeitung "Corriere della Sera" veröffentlichten Umfrage stimmen 59 Prozent der Italiener der Schließung italienischer Häfen für Rettungsschiffe von Nichtregierungsorganisationen zu.

Vergangene Woche hatte die "Sea-Watch 3" der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch trotz des Verbots der populistischen Regierung in Rom Kurs auf die italienischen Hoheitsgewässer genommen und mit zuletzt noch 40 Migranten an Bord im Hafen Lampedusas angelegt. Die deutsche Kapitänin Carola Rackete war daraufhin festgenommen und erst am Dienstag wieder freigelassen worden. Rackete wird unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung vorgeworfen.

Kurz: Seenotretter ermöglichen illegale Einwanderung

Der frühere österreichische Regierungschef und ÖVP-Vorsitzende Sebastian Kurz hat den Einsatz von privaten Hilfsorganisationen als Seenotretter im Mittelmeer kritisiert. Er halte es für falsch, wenn sich Nicht-Regierungsorganisationen daran beteiligten, Menschen illegal nach Europa zu bringen, sagte Kurz der "Welt am Sonntag". "Sie wecken damit nur falsche Hoffnungen und locken damit womöglich unabsichtlich noch mehr Menschen in Gefahr." Solange die Rettung im Mittelmehr mit einem Ticket nach Europa verbunden sei, machten sich immer mehr Menschen auf den Weg. "Wenn wir sicherstellen, dass jeder, der sich illegal auf den Weg macht, zurückgebracht wird in sein Herkunftsland oder in ein Transitland, werden wir die illegale Migration stoppen, das Geschäft der Schlepper zerstören und das Wichtigste: das Ertrinken im Mittelmeer endlich beenden."

Sassoli fordert EU-Reformen im Umgang mit Flüchtlingen

Die Europäische Union braucht angesichts der Flüchtlingsdramen auf dem Mittelmeer eine Reform der sogenannten Dublin-Regeln, findet indes der neue Präsident des Europaparlaments. Zuwanderung sei ein „epochales Thema“ und einzelne EU-Staaten dürften nicht alleine gelassen werden, sagte der Italiener David-Maria Sassoli der Zeitung „Corriere della Sera“ (Sonntag). Bisher ist nach den sogenannten Dublin-Regeln der EU-Staat für Flüchtlinge zuständig, den sie zuerst erreichen. Seit Jahren kann sich die EU nicht auf eine verbindliche Quote zur Verteilung von Flüchtlingen auf alle EU-Mitgliedsländer einigen.

„Wenn wir Europa nicht die Werkzeuge an die Hand geben, um bei den Phänomenen der Migration einzugreifen und diese zu steuern, werden die Nachrichtenereignisse immer dem gleichen Schema folgen und die gleichen Fragen aufwerfen: Was tut Europa, wo ist Europa?“, sagte der italienische Sozialdemokrat dem Blatt.

14 Leichen vor Tunesien geborgen

In Deutschland demonstrierten am Samstag Tausende Menschen aus Solidarität mit den Seenotrettern im Mittelmeer für die Rechte von Schiffbrüchigen und Geflüchteten. Aufgerufen zu den Aktionen am Samstag hatte die Organisation Seebrücke. Besonders viele versammelten sich in Hamburg und Berlin: laut Polizei jeweils rund 3000.

Unterdessen hat die tunesische Küstenwache hat am Samstag die Leichen von 14 afrikanischen Migranten geborgen. Sie seien ums Leben gekommen, als ihr Boot mit mehr als 80 Menschen an Bord gekentert sei, teilte die Hilfsorganisation Roter Halbmond mit. Das Boot war demnach vom benachbarten Libyen aus Richtung Europa aufgebrochen. Das Schicksal der anderen Insassen war zunächst nicht klar. (AFP,dpa,rtr)

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