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Nach Sabotage an Gaspipelines: Generalbundesanwalt spricht von Fortschritten bei Nord-Stream-Ermittlungen
Mehrere Sprengungen hatten die Leitungen in der Ostsee im Herbst 2022 beschädigt. Wer hinter den Attacken steckt, ist unklar. Aber es wird gegen einen zweiten Verdächtigen ermittelt, so Rommel.
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Ende September 2022 waren die beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 durch mehrere Sprengungen beschädigt und unterbrochen worden. Noch immer ist unklar, wer hinter den Attacken steckt. Nun hat Generalbundesanwalt Jens Rommel bestätigt, dass inzwischen Ermittlungen gegen einen zweiten Beschuldigten geführt werden. „Das ist aus meiner Sicht ein Erfolg, mit dem anfangs nicht unbedingt zu rechnen war“, sagte Rommel dem „Spiegel“.
Die Ermittlungen nach der Sabotage kommen dem Generalbundesanwalt zufolge zwar voran. Es bleibe allerdings noch viel zu tun. „Die Identität weiterer Beteiligter, die Tatmotivation und insbesondere die Frage nach einer etwaigen staatlichen Steuerung der Operation sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen.“ Der 52-jährige Rommel ist seit März 2024 Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof.
Die Gefahren für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung sind vielfältig, sie kommen von innen, von außen und reichen bis in den Alltag der Gesellschaft.

Jens Rommel, Generalbundesanwalt
Auf eine mögliche ukrainische Verwicklung und die Absichten der Sabotage angesprochen, sagte Rommel, dass sich die Ermittlungen daraus begründen, dass Gasleitungen beschädigt worden seien, die einen wichtigen Teil der deutschen Gasversorgung gewährleisten sollten. „Damit hat ein erheblicher Angriff auf die Energieversorgung unseres Landes stattgefunden, der geeignet war, die hiesige Wirtschaft und Gesellschaft zu destabilisieren – unabhängig von jeder politischen Einordnung.“
Zu den Tätern und den Drahtziehern kursierten lange unterschiedliche Spekulationen. Mitte August war bekanntgeworden, dass der Generalbundesanwalt in dem Fall einen Ukrainer sucht, der sich von Polen in sein Heimatland abgesetzt haben soll. Bisher ist er nicht gefasst.
Deutlich mehr Verfahren beim Generalbundesanwalt
Angesprochen auf die Warnungen deutscher Nachrichtendienste vor russischen Saboteuren sagte Rommel: „Wir haben im April zwei Personen festnehmen lassen, die in Deutschland für Russland spioniert und Sabotageakte vorbereitet haben sollen.“ Der Fall gehe demnächst vor Gericht.
Zudem würden Ermittlungen wegen zweier auffälliger Paketsendungen geführt, die im Sommer per Luftfracht über den Leipziger Flughafen transportiert worden und in Brand geraten seien. „Ob insoweit von einem staatlich gesteuerten Hintergrund auszugehen ist, steht nach dem Stand der Ermittlungen noch nicht fest“ so der Generalbundesanwalt.
Rommel warnte in dem Gespräch, dass die Gefahr durch Rechtsextreme, Islamisten und Spione wachse. „Wir leben in unruhigen Zeiten. Die Gefahren für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung sind vielfältig, sie kommen von innen, von außen und reichen bis in den Alltag der Gesellschaft“. Der Generalbundesanwalt weiter: „Die Anschläge durch mutmaßliche Terroristen in Mannheim und Solingen hätten jeden treffen können, der zufällig vor Ort war.“
Die Zahl der Verfahren der Generalbundesanwaltschaft sei erheblich gestiegen. „Es verändert sich also nicht nur das Sicherheitsgefühl, sondern auch die Sicherheitslage“, so Rommel. „Es gibt keinen Grund zur Entwarnung, aber wir sind auch nicht vollkommen schutzlos. Die Sicherheitsbehörden unternehmen erhebliche Anstrengungen, diese Gefahren abzuwehren.“
Ihm zufolge hat die politisch motivierte Kriminalität zuletzt in allen Bereichen zugenommen: „Sie ist rechts deutlich stärker gestiegen als links, aber noch deutlicher beim islamistischen Terrorismus. Ich tue mich daher schwer, da eine Rangfolge festzulegen.“
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