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Bundeskanzler Olaf Scholz spricht bei einer Pressekonferenz zur Ukraine-Krise.

© Odd Andersen/Pool/ REUTERS

Update

Nach Vorschlag von Polen: Klare Absage an Lieferung von MiG-29-Kampfflugzeugen in die Ukraine

Warschau ist zur Lieferung von MiG-29-Kampfjets bereit. Nach Bundeskanzler Scholz spricht sich auch die US-Regierung klar gegen den Vorschlag aus.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die US-Regierung sind gegen eine Lieferung von MiG-29-Kampfflugzeugen aus der Nato an die von Russland angegriffene Ukraine. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau verwies er am Mittwoch in Berlin auf Finanzhilfen, humanitäre Unterstützung und die Lieferung einzelner Waffensysteme.

„Und ansonsten ist es aber so, dass wir sehr genau überlegen müssen, was wir konkret tun. Und dazu gehören ganz sicherlich keine Kampfflugzeuge“, sagte Scholz.

Das polnische Außenministerium hatte am Dienstagabend erklärt, die Regierung sei bereit, alle Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 unverzüglich und kostenlos auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zu verlegen und die Maschinen den USA zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig ersuche man die USA, dem Land gebrauchte Flugzeuge mit entsprechender Einsatzfähigkeit zu überlassen, hieß es.

Trudeau warnte vor einer Eskalation. Sein Land werde weiter Ausrüstungsgegenstände und Waffen schicken. „Wir müssen Seite an Seite mit unseren Partnern vorgehen und müssen aufpassen, dass wir nicht zur Eskalation beitragen“, sagte er. „Wir wollen den Konflikt deeskalieren und beenden.“ Ziel sei es auch, die Ukraine auf alle erdenkliche Weise zu unterstützen.

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Am späten Mittwochabend erteilte die US-Regierung dem polnischen Vorschlag endgültig eine Absage. Das Vorhaben könnte „zu einer erheblichen russischen Reaktion führen, die die Aussichten auf eine militärische Eskalation mit der Nato erhöhen könnte“, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Man habe daher auch kein Interesse, die Kampfjets in US-Gewahrsam zu haben.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin habe sich aber bei Polen für die Bereitschaft bedankt, nach Wegen zu suchen, die Ukraine zu unterstützen. Man müsse bei jeder Entscheidung darauf achten, das „Potenzial für eine Eskalation“ nicht noch zu erhöhen, sagte Kirby weiter. Denn das sei weder gut für die Nato, die USA oder für die Ukraine. Der Krieg dürfe nicht noch zerstörerischer werden - auch mit Blick darauf, welche Möglichkeiten Russlands Präsident Wladimir Putin noch zur Verfügung habe.

Kirby fügte außerdem hinzu: „Wir gehen davon aus, dass die Aufnahme von Flugzeugen in das ukrainische Inventar die Effektivität der ukrainischen Luftwaffe im Verhältnis zu den russischen Fähigkeiten wahrscheinlich nicht wesentlich verändern wird.“ Der Gewinn aus so einer Verlegung sei daher „gering“.

Auf dem Rollfeld der Ramstein Air Base stehen Flugzeuge der U.S. Air Force.
Auf dem Rollfeld der Ramstein Air Base stehen Flugzeuge der U.S. Air Force.

© dpa/Oliver Dietze

Zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken skeptisch auf Vorschlag Polens reagiert. „Uns ist schlicht nicht klar, ob es eine stichhaltige Begründung für die gestern vorgeschlagene Vorgehensweise gibt“, sagte Blinken am Mittwoch in Washington bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit seiner britischen Kollegin Liz Truss. Die Entscheidung über eine Weitergabe militärischer Ausrüstung an die Ukraine müsse jede Regierung für sich alleine treffen.

Polens Vorschlag zeige, dass die Frage der Sicherheitsunterstützung für die Ukraine nicht ganz einfach sei, sagte der US-Chefdiplomat. „Wir müssen sicherstellen, dass wir es richtig machen.“ Die Idee Polens werfe ernsthafte Bedenken für die gesamte Nato auf. Daher liefen derzeit intensive Beratungen mit Polen und anderen Nato-Staaten über die logistischen Herausforderungen dieser Frage.

Warschau lehnt direkte Lieferung ab

Warschau hat eine direkte Lieferung der Flugzeuge in das Nachbarland - die von Russland als direkter Eingriff in den Krieg verstanden werden könnte - wiederholt ausgeschlossen. „Entscheidungen über die Lieferung von Offensivwaffen müssen auf der Ebene der gesamten Nato einstimmig getroffen werden“, sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki am Dienstagabend in Oslo. Polen könne keine eigenständigen Schritte unternehmen, weil es nicht an diesem Krieg beteiligt sei.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte sich am Dienstag zurückhaltend zu den Überlegungen geäußert. Man müsse sicherstellen, dass sich dieser Krieg nicht auf Nato-Gebiet ausweite, sagte Baerbock in „Bild-TV“. Auch mit Waffenlieferungen dürfe keine Steilvorlage dafür gegeben werden, dass gesagt werde, „wir beteiligen uns am Krieg“, sagte die Grünen-Politikerin.

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Dem Vernehmen nach hatte Kiew um die Flugzeuge gebeten, weil die Piloten der ukrainischen Luftwaffe für das Fliegen der anfangs in der damaligen Sowjetunion entwickelten Modelle geschult sind. Eine mögliche Überlassung der Kampfflugzeuge wurde seit Tagen auch mit der US-Regierung diskutiert. Das Weiße Haus betonte dabei stets, es handle sich um eine Entscheidung Polens als souveränem Staat.

„Wir haben uns in keiner Weise dagegen ausgesprochen, dass Polen Flugzeuge an die Ukraine transferiert“, sagte US-Präsident Joe Bidens Sprecherin Jen Psaki etwa am Montag.

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Mit dem Vorhaben seien allerdings „eine Reihe herausfordernder praktischer Fragen verbunden. „Von wo werden sie abheben? Wo werden sie landen? Das sind hier alles sehr wichtige Fragen“, betonte Psaki. Die „ziemlich komplizierte Logistik“, Polen nach einem möglichen Transfer an die Ukraine mit anderen Kampfflugzeugen zu unterstützen, werde geprüft, sagte sie.

Russland hatte am Sonntag gewarnt, dass es als Einmischung in einen bewaffneten Konflikt gewertet werde, falls Staaten ukrainische Maschinen auf ihren Flugplätzen landen ließen, die anschließend russische Streitkräfte angriffen.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris soll an diesem Mittwoch zu einem Besuch in Polen und Rumänien aufbrechen, um angesichts des russischen Angriffskriegs die „Stärke und Einheit“ der Nato und der US-Unterstützung für die osteuropäischen Partnerstaaten zu unterstützen, wie das Weiße Haus vergangene Woche erklärt hatte. (dpa)

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