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In Hamburg gilt bereits seit Karfreitag eine nächtliche Ausgangsbeschränkung zwischen 21.00 und 5.00 Uhr.

© Markus Scholz/dpa

Exklusiv

Neue Einschätzung des Kanzleramts: Lockdown könnte länger dauern – womöglich bis Ende Mai oder Mitte Juni

Die Bundesregierung erwartet noch mehrere Wochen eine verschärfte Infektionslage. Die per Bundesgesetz geplanten Maßnahmen könnten länger gelten als gedacht.

Deutschland steht möglicherweise vor einer längeren Lockdown-Phase als bisher gedacht. Nach Informationen des Tagesspiegels hat Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) in einer Besprechung mit den Ländern am Sonntag deutlich gemacht, dass die Bundesregierung von einer verschärften Infektionslage ausgeht, die noch sechs bis acht Wochen dauern könne.

Daraus ist zu schließen, dass in Berlin damit gerechnet wird, die jetzt per Bundesgesetz geplanten Lockdown-Maßnahmen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 bis Ende Mai oder Mitte Juni aufrecht erhalten zu müssen. Nach Angaben aus Länderkreisen ist der Bund nicht bereit, vom Inzidenzwert als alleinigem Maßstab für die Lockdown-Verfügung abzugehen, auch nicht angesichts der steigenden Impfquote.

Braun trat auf Twitter dem Eindruck entgegen, es sei schon jetzt klar, dass harte Maßnahmen auch tatsächlich bis Juni nötig seien. "Das Bundesgesetz hat das Ziel, das Infektionsgeschehen zügig einzudämmen, damit die betroffenen Regionen schnell wieder selber entscheiden können."

Nach dem bisher vorliegenden Entwurf zur Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes soll der Bund gesetzlich verfügen, dass auf Kreisebene bei einem Überschreiten der 100-er-Inzidenz an drei Tagen nacheinander einige Lockdown-Maßnahmen automatisch greifen. Private Zusammenkünfte werden eingeschränkt, es soll eine nächtliche Ausgangsbeschränkung geben, alle Geschäfte (mit den bisher schon geltenden Ausnahmen wie Lebensmittelshops) sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen müssen wieder schließen. Die Gastronomie bleibt dicht.

Steigt der Inzidenzwert auf 200, müssen automatisch Schulen und Kitas geschlossen werden. Länder und Kommunen haben keinen Ermessensspielraum mehr. Etwa die Hälfte aller Land- und Stadtkreise liegt derzeit über 100.

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Da das gesetzlich verfügt wird und nicht per Verordnung, können Kläger die Maßnahmen nur vor dem Bundesverfassungsgericht anfechten. Daher gibt es Kritik an dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – unter anderem wegen des relativ niedrigen Inzidenzwerts und der scharfen Einschränkung einer Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr.

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In den Ländern gibt es daher Bedenken. So wird eingewendet, dass neben dem Inzidenzwert auch andere Kriterien herangezogen werden sollten. Zudem gibt es die Forderung, Geschäfte nicht komplett zu schließen, sondern etwa „click&collect“ zuzulassen. 

Das sieht die Änderung im Infektionsschutzgesetz vor:

  • Harter, regionaler Lockdown bei Überschreiten des Schwellenwerts von 100.
  • Private Zusammenkünfte werden auf die Angehörigen eines Haushalts und eine weitere Person beschränkt.
  • Ausgangssperren von 21 bis 5 Uhr, mit Ausnahmen für Notfälle oder aus beruflichen Gründen. 
  • Sport ist nur noch sehr begrenzt und maximal zu zweit möglich.
  • Auch alle Geschäfte müssen dichtmachen – mit Ausnahme des Lebensmittelhandels, Apotheken, Drogerien und Tankstellen.
  • Auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen wie Zoos, Schwimmbäder, Museen etc. müssen schließen.
  • Die Gastronomie bleibt geschlossen. Abholung und Lieferung von Speisen ist aber erlaubt.
  • Ist der Inzidenzwert von 100 drei Tage lang wieder unterschritten, können die Maßnahmen entfallen. Liegt er drei Tage lang darüber, treten sie wieder in Kraft.
  • Schulen und Kitas dürfen nur bei Inzidenz unter 200 offen bleiben. Selbst dann dürfen Schüler nur am Unterricht teilnehmen, wenn sie sich zweimal pro Woche testen.

Auch wird kritisiert, dass Modellprojekte zum Öffnen automatisch bei Überschreiten der 100er-Schwelle beendet werden müssten. Wie es heißt, will der Bund dem nicht entgegenkommen.

[Lesen Sie hier mehr zum Thema: „Das wird ziemlich schnell aus dem Ruder laufen“ - So läuft das Corona-Modellprojekt im Saarland (T+).]

Streit könnte es, vor allem wegen der nun möglicherweise bis Juni dauernden Einschränkungen, auch wegen des Verbots geben, Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken zu Verfügung zu stellen. Das gilt auch dann, wenn im Kreis des Angebots – also etwa an der Ostsee – der Wert unter 100 liegt, der anreisende Gast aber aus einem Kreis mit Lockdown kommt, weil der Wert über 100 liegt. Hier ist dann die Frage, ob Geimpfte oder Getestete nicht doch reisen dürfen sollten.

Um das zu regeln, hat sich der Bund eine Verordnungsermächtigung ins Gesetz geschrieben. Doch ist unklar, wie er die nutzen will. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat ins Gespräch gebracht, dass ab dem 15. Tag nach der Zweitimpfung Grundrechtseinschränkungen aufgehoben werden könnten. Es könnte hier grundsätzlich auch dazu kommen, dass Reisen im Inland unmöglich werden, nicht aber ins Ausland.

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