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Leerstand: Wohnungen in Ostdeutschland werden abgerissen. Foto: picture alliance

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Politik: Noch nicht aufgeholt

Einheitsbericht: Ostdeutschland bleibt deutlich hinter dem Westen zurück.

Berlin - Die Aufholjagd der Ostdeutschen nach Lebensverhältnissen wie im Westen ist auch 22 Jahre nach der Wiedervereinigung noch lange nicht vorbei. Nach dem am Mittwoch vorgestellten Bericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit liegt die Bevölkerung in den neuen Bundesländer in zentralen Fragen weiterhin deutlich hinter der in Westdeutschland zurück. Innenminister Hans-Peter Friedrich pochte auf weitere EU-Förderungen für Ostdeutschland. Sozialverbände warnten vor einem Auseinanderklaffen der Lebensverhältnisse in beiden Teilen Deutschlands.

Nach dem Bericht sind die Haushaltseinkommen in Ostdeutschland ein Fünftel niedriger als im Westen. Bei der Kaufkraft liegen Thüringen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt 16 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Im vergangenen August lag die Arbeitslosigkeit im Osten über zehn Prozent, im Westen bei sechs Prozent. Die Wirtschaft schließt nicht auf: Die Produktivität liegt bei 80 Prozent von der im Westen. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner kommt auf 71 Prozent von dem der Mitbürger im Westen.

Als Ursache für die wirtschaftliche Schwäche wird in dem Bericht unter anderem das Fehlen großer Konzerne aufgeführt. Eine Folge davon sei, dass es weniger Arbeitsplätze für Hochqualifizierte gebe als im Westen. Ostdeutschland als Wohnort scheint auch in den Augen der Bürger weniger attraktiv zu sein als Westdeutschland. Von 1990 bis 2008 nahm die Bevölkerung in den neuen Bundesländern um fast zwölf Prozent ab. Nach den Vorhersagen des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerung in ganz Deutschland zwischen 2008 und 2030 um 5,7 Prozent schrumpfen.

Dramatisch ist dabei die Entwicklung in Ostdeutschland. Dort wird ein Bevölkerungsrückgang von 15 Prozent erwartet. Am schlimmsten soll es Sachsen-Anhalt treffen, dessen Einwohnerzahl um 21,2 Prozent abnehmen soll. Dabei sind dem Bericht zufolge wesentliche Weichen für die Prosperität der ehemaligen DDR gestellt worden. Seit 1991 seien 82 Milliarden Euro in Infrastrukturmaßnahmen wie Autobahnen und Schienen geflossen. In diesem Zeitraum habe Ostdeutschland mit einem gesamtdeutschen Bevölkerungsanteil von 20 Prozent und einem Flächenanteil von 34 Prozent knapp 36 Prozent der Gesamtinvestitionen in diesem Bereich kassiert.

In der kommenden Förderperiode der EU werde es schwierig für die ostdeutschen Länder, sagte Innenminister Friedrich im Bundestag. „Aber wir sind der Meinung, dass ein Sicherheitsnetz von zwei Dritteln des jetzigen Förderniveaus geschaffen werden muss.“ Er zeigte sich zuversichtlich, dass diese Forderung in Brüssel durchgesetzt werden kann.

Die Volkssolidarität, ein in Ostdeutschland 1945 gegründeter Dachverband gemeinnütziger Organisationen, warnte vor einem erheblichen Rückstand der Lebensverhältnisse im Vergleich zu den alten Bundesländern. Es bestehe ein dringender Handlungsbedarf, insbesondere um Armut von Kindern und Jugendlichen sowie im Alter zu verhindern. Für die Grünen warf deren Abgeordneter Stephan Kühn Minister Friedrich vor, der ostdeutschen Wirtschaft keine Impulse zu geben. Statt in Infrastruktur sollten Investitionen in Bildung und Innovationen fließen. rtr

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