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„Spitzenduo“: Annalena Baerbock und Robert Habeck sind die bekanntesten Grünen.

© dpa/Kay Nietfeld

Nur ein bisschen Kanzlerkandidat: Grüne wollen „Spitzenduo“ Habeck und Baerbock im Wahlkampf

Seit Monaten schien Robert Habeck für die Grünen als Kanzlerkandidat gesetzt. Nun will seine Partei ihn als „Kandidat für die Menschen in Deutschland“ ins Rennen schicken.

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Eigentlich schien die Frage seit dem 10. Juli nur noch Formsache. Nachdem Annalena Baerbock beim US-Sender CNN erklärt hatte, dass sie wegen ihrer Aufgaben als Außenministerin bei der kommenden Bundestagswahl nicht als Kanzlerkandidatin für die Grünen bereitstünde, war klar, dass dieses Mal Robert Habeck übernehmen wird.

Der Wirtschaftsminister und Vizekanzler galt als die natürliche Wahl. Monatelang kokettierte er mit seiner Kandidatur, am vergangenen Freitag verkündete Habeck sie schließlich in einem neunminütigen Video von einem Küchentisch. Doch unmittelbar vor dem Parteitag der Grünen in Wiesbaden ist nun klar: Offizieller Kanzlerkandidat seiner Partei wird Habeck nicht.

Am Donnerstag veröffentlichte der scheidende Bundesvorstand der Grünen einen Dringlichkeitsantrag, über den die Delegierten am Sonntag abstimmen sollen. Darin heißt es, man kämpfe für ein starkes grünes Ergebnis: „Dafür treten wir an mit Robert Habeck als Kandidat für die Menschen in Deutschland.“

Habeck soll den Antrag selbst geschrieben haben

Kandidat für die Menschen in Deutschland? Es ist die Formulierung, die Habeck auch in seinem Küchentisch-Video gewählt hat. Im Antrag des Bundesvorstands der Grünen wird Habeck immerhin attestiert, dass er das Land erfolgreich durch die Energiekrise gebracht und den Klimaschutz auf Kurs gebracht habe. „Robert Habeck hat das Zeug zu einem guten Bundeskanzler“, heißt es im Tonfall eines Zeugnisses.

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Doch so richtig Kanzlerkandidat ist Habeck auch nicht, das wird im letzten Absatz des Antrags deutlich. Dort heißt es: „Im Spitzenduo mit Annalena Baerbock wirbt er für ein Deutschland, das mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit, die seiner Nachbarn und der Ukraine übernimmt. Gemeinsam stehen sie für ein starkes, demokratisches und weltoffenes Europa.“

Das ganze Verfahren ist weit weg vom Selbstverständnis der Partei.

Ein Grünen-Mitglied hält nichts von dem Vorgehen der Parteispitze.

Bei vielen Grünen-Mitgliedern kommt der Antrag nicht gut an. „Der zurückgetretene Bundesvorstand – bevor er selber vollends kalt ist – serviert noch schnell den Spitzenkandidaten? Jetzt haben wir wirklich alles gesehen“, schreibt ein Mitglied in einem internen Grünen-Chat.

Andere ägern sich, dass es für die Basis keine Möglichkeit gibt, Änderungsanträge zu stellen. „Das ist nicht satzungskonform und wird der Basisdemokratie nicht gerecht“, schreibt ein Grünen-Mitglied. Wieder ein anderes Mitglied hat ein Problem damit, dass Habeck und Baerbock beide zum Realo-Flügel gehören. „Das ganze Verfahren ist weit weg vom Selbstverständnis der Partei.“

Nach Tagesspiegel-Informationen hat Robert Habeck den Antrag jedoch selbst verfasst. Im Sommer hatte er noch energisch für eine entsprechende Beinfreiheit im Wahlkampf geworben. Inzwischen scheint er sich um ein starkes Ergebnis auf dem Parteitag zu sorgen.

Bei den Grünen fremdeln viele Mitglieder mit Habecks Stil. Ein Teil der Basis und Funktionärsebene findet zudem, dass es einer feministischen Partei nicht gut steht, einen starken Mann an der Spitze zu haben. Es war wohl auch ein Grund, warum Annalena Baerbock 2021 ins Rennen geschickt wurde. Damals als „Kanzlerkandidatin“.

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