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Migranten kommen auf einem Rettungsboot im Hafen von Malaga an.

© Jesus Merida/SOPA Images via ZUMA Wire/dpa

Offener Brief an Angela Merkel: Bonn, Düsseldorf und Köln wollen gerettete Flüchtlinge aufnehmen

Es ist eine parteiübergreifende Initiative: In einem offenen Brief an Angela Merkel werben drei Oberbürgermeister für die Seenotrettung im Mittelmeer.

Angesichts der Debatte um die Seenotrettung im Mittelmeer und die Aufnahme von geretteten Flüchtlingen wächst die Bereitschaft in deutschen Kommunen, Geflüchtete vorübergehend unterzubringen. Ein Zeichen dafür: Die Oberbürgermeister von Köln, Düsseldorf und Bonn haben in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel angeboten, „in Not geratene Geflüchtete“ aufzunehmen, weil ihre Städte dazu in der Lage seien. Henriette Reker (parteilos), Thomas Geisel (SPD) und Ashok Sridharan (CDU) wollen sich damit „gegen die vermeintlich herrschende Stimmung stellen, dass Zäune und Mauern statt eines gerechten europäischen Verteilsystems die Not der Geflüchteten lösen könnten“. Und weiter steht in dem Brief vom 24. Juli: „Wir wollen ein Signal für Humanität, für das Recht auf Asyl und für die Integration Geflüchteter setzen.“ Ausgangspunkt für die Aktion ist Düsseldorf. Der dortige Stadtdirektor Burkhard Hintzsche sagte dem Tagesspiegel, man wolle damit auch andere ermuntern. „Es wären viele Kommunen in der Lage, die Aktion zu unterstützen.“ Der Hintergrund ist, dass nach dem starken Rückgang der Flüchtlingszahlen seit dem Höhepunkt 2016 viele damals eingerichtete Unterkünfte jetzt zum Teil leer stehen. Düsseldorf hatte laut Hintzsche damals bis zu 10000 Flüchtlinge unterzubringen, derzeit seien es etwa 5000. Der zur Verfügung stehende Platz, meist in eigens gebauten Gemeinschaftsunterkünften, sei damit zu 80 Prozent belegt. Hintzsche betont aber, man habe in dem Brief bewusst keine konkrete Aufnahmeabsicht mit Zahlen genannt. Es gehe darum, jetzt Flüchtlinge aufzunehmen, „bevor Menschen im Meer ertrinken“, sagte der Düsseldorfer Lokalpolitiker.

Städtetag steht dahinter

Reker, Geisel und Sridharan schreiben in ihrem Brief, bis eine angestrebte europäische Lösung vereinbart sei, „ist es dringend geboten, die Seenotrettung im Mittelmeer wieder zu ermöglichen und die Aufnahme der geretteten Menschen zu sichern“. Der Deutsche Städtetag steht hinter dem Anliegen. „Solange Menschen auf der Flucht im Mittelmeer sterben, muss es intensive politische Anstrengungen geben, dieses Drama zu lösen. Der Deutsche Städtetag hält es deshalb für eine große Geste, dass die Städte Köln, Düsseldorf und Bonn ein Signal für Humanität, für das Recht auf Asyl und für die Integration Geflüchteter setzen wollen“, sagte Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetages. Ob andere Städte ebenfalls anbieten könnten, Menschen aus der Seenotrettung aufzunehmen, bis eine europäische Lösung vereinbart sei, könne aber nur vor Ort entschieden werden, sagte sie.

Berliner Senat: ist schon unsere Linie

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) wollte sich der Initiative der drei Oberbürgermeister nicht anschließen. Eine Senatssprecherin sagte, auch ohne diese plakative Aktion sei es bereits Berliner Linie, Flüchtlinge aus dem Mittelmeer aufzunehmen. Die Sprecherin verwies auf entsprechende Aussagen des Regierungschefs Ende Juli im Konflikt um das Rettungsschiff „Lifeline“. Damals hatte Müller erklärt, Berlin sei grundsätzlich bereit, Hilfe zu leisten und Menschen aufzunehmen. Zugleich hatte der Regierungschef gefordert, die Bundesregierung müsse im Sinne der Humanität dafür aber konstruktive Möglichkeiten entwickeln und mit anderen Staaten eine europäischen Lösung in der Flüchtlingspolitik finden. Zugleich liefen auf Arbeitsebene Gespräche zum Beitritt Berlins in das europaweite Netzwerk solidarischer Städte. Das Netzwerk lehnt sich an die Idee der Sanctuary Cities in den USA und Kanada an, die sich als Zufluchtsorte für Flüchtlinge verstehen, die abgeschoben werden sollen.

1500 Ertrunkene und Vermisste seit Januar

Nach Zahlen der Internationalen Organisation für Migration in Genf sind seit Jahresbeginn etwa 1500 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ertrunken oder verschollen, drei Viertel davon auf dem zentralen Überfahrtsweg zwischen Nordafrika und Italien. Nach den Angaben sind seit Januar etwa 55000 Personen als Bootsflüchtlinge in den Mittelmeerstaaten der EU registriert worden. Die Tendenz ist damit rückläufig: Das sei etwa die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr und etwa ein Fünftel im Vergleich zu 2016, teilte die Organisation mit. Die Situation im Mittelmeer hat sich verschärft, weil die neue italienische Regierung den Schiffen der internationalen Rettungsmissionen das Einlaufen in die Häfen des Landes verweigert hat. Viele Hilfsorganisationen haben ihre Missionen deshalb ausgesetzt. (mit KNA/epd)

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