zum Hauptinhalt
Bei der Finanzierung des Deutschlandtickets für das kommende Jahr gibt es noch offene Fragen.

© dpa/Boris Roessler

Söder fordert vollständige Kostenübernahme des Bundes: Unionsfraktion signalisiert Zustimmung für Deutschlandticket

Es ist erst einmal eine gute Nachricht für Bahnfahrer: Die Finanzierung des Deutschlandtickets im kommenden Jahr scheint abgesichert. Aber wie geht es dann weiter?

Stand:

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition zeichnet sich für Bahnfahrer nun doch Klarheit beim Deutschlandticket ab. Die Unionsfraktion im Bundestag signalisierte Zustimmung zu einer Änderung des Regionalisierungsgesetzes, das die Finanzierung des beliebten Tickets sichern soll. Notwendige Beschlüsse würden aber erst nach der Vertrauensfrage von Kanzler Olaf Scholz (SPD), die am 16. Dezember geplant ist, gefasst, sagte der stellvertretende Fraktionschef Ulrich Lange (CSU). Verliert Scholz diese, wie erwartet, ist der Weg frei für die Neuwahl. Diese ist am 23. Februar geplant. Scholz' Minderheitsregierung kann Beschlüsse im Bundestag aktuell nur fassen, wenn sie Stimmen aus anderen Fraktionen für sich gewinnt

Lösung für 2025 in Sicht

Seit Mai 2023 kann mit dem Deutschlandticket der öffentliche Nahverkehr im ganzen Land genutzt werden – unabhängig von Bundesland, Verkehrsverbund oder Tarifgebiet. Aktuell kostet es in der Regel 49 Euro im Monat, im neuen Jahr sollen es nach einem Beschluss der Länder-Verkehrsminister dann 58 Euro sein. Rund 13 Millionen Menschen nutzen das Ticket.

Das Ticket sorgt aber für Einnahmeausfälle bei Verkehrsunternehmen, weil es günstiger ist als alte Tarife. Um die Ausfälle auszugleichen, finanzieren Bund und Länder das Ticket mit jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Offen ist aber noch die Frage, wie eine drohende Finanzierungslücke geschlossen werden soll. Dabei ging es darum, dass nicht genutzte Restmittel vor allem aus dem Jahr 2023 genutzt werden, weil das Ticket damals erst im Mai startete. Die Rede ist von Restmitteln in Höhe von 700 Millionen Euro.

In der Debatte geht es um die weitere Verwendung von Restmitteln des Bundes, die im Jahr 2023 nicht für das Deutschlandticket eingesetzt wurden. Diese sind nach Angaben aus Unionskreisen bisher gesperrt und könnten erst nach einer Änderung des sogenannten Regionalisierungsgesetzes freigegeben werden. Die Länder sollten das Geld für den öffentlichen Nahverkehr behalten und nutzen können, sagte Lange nun. „Damit ist das Deutschlandticket im Jahr 2025 gesichert.“

Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Isabel Cademartori, zeigte sich zufrieden. „Wir freuen uns darüber, dass die Union dem Druck nachgegeben hat und das Deutschlandticket nicht zum Spielball für politische Verhandlungen verkommen lässt“, erklärte sie. Die Unruhen in Berlin würden nicht auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger ausgetragen. 

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne), der aktuell Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz ist, hatte zuvor gewarnt, wenn das Regionalisierungsgesetz nicht geändert würde, drohe eine Finanzierungslücke.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf der Plattform X, es sei gut, dass das Deutschlandticket verlängert werde. „Es ist gut für unser Land, dass wir da, wo wir einig sind, auch einig handeln.“ Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sowie Länder forderten eine dauerhafte Lösung zur Finanzierung des Tickets ab 2026.

Merz will Deutschlandticket langfristig erhalten, erwarte aber „schwierige Verhandlungen“

„Das Deutschlandticket 2025 wird es geben“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz am Freitag nach der Fraktionssitzung in Berlin. Zur langfristigen Perspektive des Tickets sagte der Kanzlerkandidat der Union: „Wir wollen, dass so etwas wie ein Deutschlandticket erhalten bleibt.“ Wie es finanziert werde, werde „sicherlich Gegenstand schwieriger Verhandlungen im nächsten Jahr sein“.

Er sagte auf die Frage, wie er die Zukunft des Tickets nach 2025 sehe: „Das ist eine sehr schwierige Frage, die wir auch im Lichte der Haushaltsplanungen im nächsten Jahr beantworten müssen.“ Das Deutschlandticket sei wesentlich teurer geworden als ursprünglich geplant. „Die Länder haben große Probleme, das auch umzusetzen mit den entsprechenden Strecken.“ Darüber werde man im nächsten Jahr sprechen müssen.

Merz sagte zur Finanzierung des Tickets weiter, es habe die Bitte der Ministerpräsidenten an den Bund gegeben, nicht verwendete Restbeträge zu übertragen. „Wir werden den Weg freimachen, damit das Deutschlandticket im nächsten Jahr nicht an diesem Betrag scheitert“, sagte er zu. „Selbstverständlich scheitert das nicht an uns.“ Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) begrüßte dies. Er sagte im ZDF-„Morgenmagazin“, es wäre aberwitzig, wenn das Deutschlandticket daran scheitere, dass Haushaltsreste nicht in das nächste Jahr übertragen werden dürfen.

Streit zwischen Bund und Ländern droht Bayern widerspricht Merz

Schon im Vorfeld der Ticket-Einführung stritten sich Bund und Länder lange über die Finanzierung – das droht nun im kommenden Jahr erneut. Die Aufgabe, Regionalverkehr in Deutschland zu organisieren, sei in erster Linie Ländersache, erklärt Merz. „Der Bund hat eine Mitfinanzierungsverpflichtung, aber sicher keine alleinige Verpflichtung, es zu finanzieren.“

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) hingegen verlangt längerfristig eine 100-prozentige Übernahme der Kosten für das Deutschlandticket durch den Bund. „Aus bayerischer Sicht muss der Bund die Kosten künftig ganz übernehmen, schließlich war das Deutschlandticket - wie der Name schon sagt - ein Wunsch des Bundes“, sagte Bernreiter.

Er geht damit auf Distanz zu CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Dieser findet den Regionalverkehr in Deutschland zu organisieren, sei in erster Linie Ländersache. „Der Bund hat eine Mitfinanzierungsverpflichtung, aber sicher keine alleinige Verpflichtung, es zu finanzieren“, betonte er.

Ähnlich wie Bernreiter hatte sich zuvor auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geäußert. „Wenn der Bund es nicht bezahlt, dann muss es fallen. Ganz einfach“, sagte er. Nach der Wahl müsse die neue Bundesregierung prüfen, ob die Finanzierung „in der Gesamtverantwortung des Bundes“ möglich sei.

Der CSU-Chef hatte mit Blick auf die schlechte Wirtschaftslage gesagt, auf Dauer könne das Ticket kaum gehalten werden und machte deutlich, die Zukunft des Tickets sei direkt gekoppelt mit einer vollständigen Finanzierung durch den Bund. Seine Priorität sei eine Entlastung für Bayern und mehr Investitionen in Infrastruktur.

NRW fordert langfristige Perspektive

Aus Sicht von NRW-Verkehrsministers Krischer muss das Ticket über das Jahr 2025 hinaus gesichert werden. „Eine der ersten Aufgaben der nächsten Bundesregierung muss die Fortführung des Deutschlandtickets sein“, sagte der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz. „Das ist vor allem auch für Unternehmen wichtig, damit sie mit dieser Sicherheit mehr Jobtickets anbieten können. Je mehr Menschen das Ticket nutzen, desto sicherer ist die künftige Finanzierung.“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte sich dafür ausgesprochen, dass das Deutschlandticket über 2025 hinaus „entfristet“ wird. Gabriel Kapfinger, Verkehrsexperte beim Umweltverband BUND, sagte: „Neben einer Absicherung für 2025 sollte die Union sich auch zu einer dauerhaften Weiterführung bekennen.“

Verkehrsbranche: Dauerhafte Lösung nötig

Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Oliver Wolff, sagte: „Es ist gut, dass nun auch die Unionsfraktion die Finanzierung des Deutschlandtickets für das kommende Jahr in den Haushaltsberatungen mit beschließen will.“ Damit werde das Ticket nicht zum Thema im Bundestagswahlkampf und es gebe zumindest für das kommende Jahr Planungssicherheit für die Branche und Fahrgäste.

„Allerdings zeigen die Debatten der letzten Tage auch, dass wir dringend gemeinsam mit Bund und Ländern an einer Lösung arbeiten müssen, damit das Deutschlandticket nicht Jahr für Jahr aus finanziellen Gründen wieder infrage gestellt wird.“ Der Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene, Dirk Flege, forderte eine parteiübergreifende Zusage, dass das Ticket auch langfristig gewollt und finanziert werde. (dpa, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })