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Die "Wladiwostok" bei ihrer Jungfernfahrt im vergangenen März. Im Herbst soll der französische Hubschrauberträger an Russland ausgeliefert werden.

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Update

Ukraine-Krise: Paris legt Lieferung von Kriegsschiff an Russland auf Eis

Paris beugt sich dem internationalen Druck und legt die umstrittene Lieferung eines Hubschrauberträgers an Russland auf Eis. Moskau reagiert enttäuscht.

Die französische Regierung hat die umstrittene Lieferung eines Hubschrauberträgers der Klasse Mistral an Russland vorerst annulliert. Nach einer Sitzung des Verteidigungsrates in Paris erklärte der Elysée-Palast am Mittwoch, die Bedingungen für eine Lieferung seien trotz der Aussicht auf einen Waffenstillstand in der Ukraine „derzeit nicht gegeben“. Im Oktober war die Lieferung des ersten von zwei Kriegsschiffen an Russland geplant, das zweite Schiff sollte im kommenden Jahr geliefert werden. Das Rüstungsgeschäft hatte angesichts der Ukraine-Krise international Kritik ausgelöst.

Mit der Entscheidung will die Regierung in Paris offenbar eine mögliche Kontroverse mit den USA über die Russland-Politik während des zweitägigen Gipfels der Nato an diesem Donnerstag und Freitag im walisischen Newport vermeiden. Noch am Mittwoch hatte der US-Botschafter bei der Europäischen Union, Anthony Gardner, vor dem Europaparlament Kritik an der geplanten Lieferung der Hubschrauberträger geäußert. Der milliardenschwere Mistral-Deal sei angesichts der aktuellen Entwicklung in der Ukraine „nicht willkommen“, sagte Gardner. Aus französischen Diplomatenkreisen in Newport hieß es, der Vertrag über die Lieferung der Kriegsschiffe sei bis November ausgesetzt.
Mit dem Rückzieher bei der Lieferung an Russland nimmt Frankreichs Staatschef François Hollande zudem der Kritik von EU-Partnern den Wind aus den Segeln. Gegenwärtig bereiten sich die EU-Staaten auf eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland vor. Nicht zuletzt wuchs auch in Frankreich zuletzt der Druck auf Hollande, die Mistral-Lieferung zu annullieren. Am Montag hatte der ehemalige französische Verteidigungsminister Hervé Morin die für Oktober geplante Lieferung des ersten Mistral-Schiffs im Radiosender „Europe 1“ als „nicht vermittelbar“ bezeichnet.

Russland reagierte mit Enttäuschung auf die Entscheidung Frankreichs. „Paris riskiert seinen Ruf als sicherer Lieferant“, sagte Vizeregierungschef Dmitri Rogosin am Mittwoch in Moskau. Solche Entscheidungen würden die Ukraine-Krise nur weiter verschärfen. Russlands Vize-Verteidigungsminister Juri Borrissow sprach von einem „unangenehmen Schritt“, der die Spannungen verstärke. Es handele sich zwar um „keine besondere Tragödie“, Russland behalte sich aber vor, von Frankreich die im Vertrag genannte Ersatzzahlung zu fordern, sagte er der Agentur Itar-Tass.

2011 unterzeichneten Paris und Moskau die Vereinbarung

Das Rüstungsgeschäft war unter Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy im Jahr 2011 eingefädelt worden. Angesichts der russischen Aggression gegenüber der Ukraine steht Hollande einem Dilemma gegenüber. Einerseits könnten die beiden Hubschrauberträger, die auf die Namen „Wladiwostok“ und „Sewastopol“ getauft wurden, vom Schwarzen Meer aus gegen die ukrainische Armee eingesetzt werden. Auf der anderen Seite drohen Frankreich Entschädigungen in Milliardenhöhe, falls der Rüstungsdeal komplett annulliert werden sollte.

EU-Abgeordneter Gahler begrüßt Entscheidung der Regierung in Paris

Der sicherheitspolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Michael Gahler, begrüßte die Entscheidung der französischen Regierung, die umstrittene Lieferung eines Hubschrauberträgers auf Eis zu legen. „Jetzt ist unsere Politik konsistent. Vorher war sie es nicht", sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel mit Blick auf die Haltung der EU gegenüber Russland. Gahler regte an, die Rohlinge der Mistral-Klasse umzurüsten und der EU-Grenzschutzagentur Frontex zur Rettung von Flüchtlingen vor der libyschen Küste und in der Ägäis zur Verfügung zu stellen. Die Finanzierung der Umrüstung solle von den EU-Staaten gemeinsam getragen werden, regte Gahler an. Der Europaabgeordnete schränkte allerdings ein, dass eine derartige Umwidmung der Schiffe ohne den gemeinsamen politischen Willen der EU-Staaten nicht möglich sei. (mit dpa)

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