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Debatte um Scholz: Altkanzler Schröder hält SPD-Diskussion für schädlich – Ex-Chef Gabriel kritisiert Parteispitze
Der frühere Bundeskanzler sieht in der Diskussion über einen neuen SPD-Kanzlerkandidaten eine Gefahr für seine Partei. Sigmar Gabriel wiederum teilt gegen Esken und Klingbeil aus.
Stand:
Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hält die Debatte über den richtigen SPD-Kanzlerkandidaten für schädlich für seine Partei.
„Jede Debatte über einen amtierenden Bundeskanzler, den man nicht austauschen kann, schadet allen“, sagte Schröder der „Süddeutschen Zeitung“. „Die Partei kann doch nicht den eigenen Bundeskanzler demontieren.“ Scholz attestierte er, einen „ordentlichen Job zu machen“.
Schröder sagte dem Bericht zufolge weiter, für Scholz sei es mit der aus drei Parteien zusammengesetzten Ampel-Koalition noch schwerer gewesen als für ihn selbst zu Zeiten der rot-grünen Koalition von 1998 bis 2005. Er selber hatte nach der verlorenen Landtagswahl in NRW im Jahr 2005 die Vertrauensfrage im Bundestag gestellt, diese verloren und somit Neuwahlen herbeigeführt.
Über Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte Schröder, dieser mache seine Sache sehr gut. Man müsse aber die Konsequenzen der öffentlichen Kandidatendebatte bedenken: „Es werden beide dadurch beschädigt“, sagte Schröder.
An der Basis der SPD steigt jeden Tag der Widerstand gegen ein „Weiter-so“.
Sigmar Gabriel, Ex-SPD-Chef
Die Frage der Kanzlerkandidatur ist in der SPD noch nicht entschieden. Vor allem aus Nordrhein-Westfalen meldeten sich zuletzt einflussreiche Sozialdemokraten zu Wort, die das Rannen offenhielten.
Ex-SPD-Chef Gabriel kritisiert Parteispitze
Ex-Parteichef Sigmar Gabriel kritisiert in der Diskussion über die Kanzlerkandidatur derweil die Parteispitze. „An der Basis der SPD steigt jeden Tag der Widerstand gegen ein „Weiter-so“ mit Kanzler Scholz. Und der SPD Führung fallen nur Beschwichtigungen und Ergebenheitsadressen ein“, schrieb der frühere Bundesaußen- und Bundeswirtschaftsminister bei X.
Jetzt sei mutige politische Führung gefragt, schrieb Gabriel weiter und warnte: „Wer das laufen lässt, bringt die SPD unter 15 %!“ Der ehemalige Vizekanzler Gabriel ist heute Chef des Vereins Atlantik-Brücke.
Unterdessen dringt der frühere SPD-Chef Norbert Walter-Borjans auf eine schnelle Klärung der K-Frage. „Olaf Scholz hat unser Land in einer extrem schweren Zeit vor viel Bedrohlichem bewahrt“, lobte er in der „Rheinischen Post“ einerseits den Bundeskanzler, der für seine Partei wieder als Kanzlerkandidat ins Rennen gehen will.
Wahr ist aber auch, dass Merz nur mit einem Kanzler zu verhindern wäre, der auf den letzten Metern die Kraft aufbringt, selbstkritisch und nahbar den Unterschied deutlich zu machen.
Ex-SPD-Chef Norbert Walter-Borjans
Angesichts der laufenden Debatten sagte Walter-Borjans zugleich: „Wahr ist aber auch, dass Merz nur mit einem Kanzler zu verhindern wäre, der auf den letzten Metern die Kraft aufbringt, selbstkritisch und nahbar den Unterschied deutlich zu machen. Das ist bisher Olaf Scholz’ schwacher Punkt“. Walter-Borjans mahnte: „Die Konsequenz daraus müssen die besprechen und bitte rasch entscheiden, die jetzt in der Verantwortung sind. Notfalls in einer Nachtsitzung.“
Der Parteivorstand muss jetzt schnell entscheiden, wer unser Kanzlerkandidat wird, damit wir uns auf den Wahlkampf konzentrieren können.
Johannes Fechner, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion
Ähnlich äußerte sich Johannes Fechner, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. „Der Parteivorstand muss jetzt schnell entscheiden, wer unser Kanzlerkandidat wird, damit wir uns auf den Wahlkampf konzentrieren können“, sagte Fechner der „Welt“. „Aktuell befinden wir uns in einem unguten Schwebezustand.“
„Es ist wichtig, dass die Parteispitze jetzt schnell entscheidet“, findet auch Juso-Chef Philipp Türmer. „Es stehen Olaf Scholz und Boris Pistorius im Raum. Bei Scholz muss die Parteispitze beantworten, wie wir die schlechte Stimmung drehen und verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen“, sagte er dem „Spiegel“.
Es braucht schon eine Strategie, egal wer der Kandidat ist.
Juso-Chef Philipp Türmer
Wenn sich die Parteispitze für Pistorius entscheide, müsse sie beantworten, wie die hohen Beliebtheitswerte des Verteidigungsministers auch im Wahlkampf gehalten werden können, fordert der Chef der SPD-Jugendorganisation. Zugleich warnte Türmer davor, „jetzt einfach in den Wahlkampf zu stolpern. Es braucht schon eine Strategie, egal wer der Kandidat ist“.
Rückendeckung für Scholz von Faeser und Schulz
Scholz bekommt zugleich Rückendeckung von wichtigen Sozialdemokraten. Die stellvertretende Parteivorsitzende Anke Rehlinger sagte dem Magazin „Stern“: „Die SPD stellt den Kanzler, das ist eine große Chance. Deshalb ist Olaf Scholz der natürliche und richtige Kanzlerkandidat.“
„Dass es daneben weitere gute SPD-Politiker gibt, ist doch wunderbar – Boris Pistorius leistet hervorragende Arbeit“, betonte die saarländische Ministerpräsidentin.
Der Kanzler ist der Kanzler und tritt als solcher erneut an.
Ex-SPD-Chef Martin Schulz
Ähnlich äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser. „Für mich ist klar, dass der Bundeskanzler unser Kandidat wird“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Scholz habe das Land „umsichtig und entschieden durch schwere Krisenzeiten geführt“.
Auch habe Scholz als ehemaliger Finanzminister, Arbeitsminister, Hamburger Bürgermeister und heutiger Bundeskanzler eine sehr große Kompetenz und Erfahrung in allen wesentlichen Politikbereichen. „Ganz anders als Friedrich Merz, der noch nicht einen Tag in seinem Leben Regierungsverantwortung hatte“, schob Faeser mit Blick auf den CDU-Chef und Unionskanzlerkandidaten nach.
Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz begründet die Kanzlerkandidatur von Scholz mit Verweis auf dessen Amt. „Der Kanzler ist der Kanzler und tritt als solcher erneut an. Das finde ich logisch“, sagte Schulz der „Rheinischen Post“. Schulz war selbst 2017 als SPD-Kanzlerkandidat gescheitert. Einen möglichen Wechsel zu Pistorius als Kanzlerkandidat bezeichnete Schulz als „theoretische Debatte“. (dpa/AFP)
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