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Die SPD-Chefs Lars Klingbeil und Saskia Esken vor ihrem Generalsekretär Matthias Miersch

© REUTERS/ANNEGRET HILSE

Update

Noch keine Entscheidung in der K-Frage: Abendliche Telefonkonferenz der SPD-Parteiführung ohne Ergebnis

In der SPD wird hektisch diskutiert, welche Vorteile eine Entscheidung für Pistorius bringen würde. Und darüber, auf wen Scholz hört. Doch die Parteiführung schiebt die Frage zunächst auf.

Von Hans Monath

Stand:

Zunächst sah es aus, als würde die Entscheidung der SPD in der K-Frage noch am Dienstagabend fallen. Die SPD-Führung hatte eine Telefonschalte des Vorsitzes einberaumt. Doch offenbar lässt sich die SPD-Führung mit der öffentlichen Nominierung ihres Kanzlerkandidaten weiter Zeit.

Nach der Konferenz drangen am Abend keine Neuigkeiten nach außen – weder zu einer erneuten Nominierung von Kanzler Olaf Scholz, noch zu einem Austausch gegen Verteidigungsminister Boris Pistorius.

Es habe sich um eine der regelmäßig stattfindenden Schalten zur Vorbereitung der Bundestagswahl und des anstehenden Parteitags gehandelt, hieß es im Willy-Brandt-Haus.

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Auch mehrere TV-Interviews von Bundeskanzler Olaf Scholz zum Abschluss des G20-Gipfels brachten keine Klarheit. Scholz betonte mehrfach die Unterstützung der Parteispitze für ihn und hob die Geschlossenheit seiner Partei hervor. Der Kanzler wird heute Vormittag in Berlin zurückerwartet.

Die Parteichefs und der Generalsekretär haben sich zu einer erneuten Kanzlerkandidatur von Bundeskanzler Olaf Scholz bekannt, es gibt aber noch keinen Beschluss des Parteivorstands. In den vergangenen Tagen hatten sich immer mehr SPD-Politiker auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene offen für eine Kandidatur von Verteidigungsminister Boris Pistorius ausgesprochen.

In der gesamten Partei werden hektisch Überlegungen debattiert, welche Vorteile und Nachteile eine Entscheidung für Pistorius bringen würde und ob sich Scholz jemals von seinem Entschluss abbringen lassen würde, die Sache durchzuziehen. „Jeder SPD-Bundestagsabgeordnete sitzt jeden Tag vor dem Taschenrechner und kalkuliert, ob er nach der vorgezogenen Wahl draußen ist“, sagt ein langjähriger, intimer Kenner der Partei, der unter mehreren Vorsitzenden im Willy-Brandt-Haus gearbeitet hat.

Wahlkampf 2021 bestärkt Scholz

Von sich aus, so seine Einschätzung, werde Scholz auch angesichts einer massiven Meinung gegen ihn in Umfragen und Medien stur auf seiner Aufgabe bestehen. Tatsächlich gehört es zu den Prinzipien des Kanzlers, nicht beizudrehen, wenn er unter Druck durch andere gerät. Einen einmal gefassten Plan durchzuziehen, darauf ist er stolz, das hat er auch in seinem Programmbuch „Hoffnungsland. Eine neue deutsche Wirklichkeit“ aus dem Jahr 2017 aufgeschrieben.

Und die Erfahrung des Wahlkampfs 2021, als die SPD Anfang des Jahres weit abgeschlagen auf dem dritten Platz lag und dann doch die meisten Abgeordneten stellte, bestärken Scholz und seinen engsten Berater, Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, in dieser Auffassung, nach dem Motto: Das können wir noch einmal drehen.

Deshalb wird nun in der SPD auch darüber geredet, wer ihm die Botschaft überbringen könnte, dass es vorbei ist. „Es braucht eine deutsche Pelosi in der SPD!“, sagt der ehemalige SPD-Stratege. Die demokratische US-Politikerin hatte gemeinsam mit Ex-Präsident Barack Obama den abgeschlagenen amtierenden Präsidenten Joe Biden in die Zange genommen und so lange bearbeitet, bis dieser ein Einsehen hatte.

Dabei spielte offenbar auch der Umstand eine Rolle, dass das Drängen der beiden den Medien gesteckt wurde, was den Druck auf Biden massiv erhöhte. Der Plan könnte aber nicht aufgehen: „Eine Pelosi gibt es nicht in der SPD“, sagt der Parteikenner.

In den internen Überlegungen geht es nun auch darum, wer diese Aufgabe übernehmen könnte. Co-Chef Klingbeil trauen das viele nicht zu, das positive Urteil über ihn lautet: „Er ist kein Putschist.“ Zudem dürfte Klingbeil wenig Interesse daran haben, Pistorius in eine stärkere Position zu verhelfen.

Videos zu den Ampel-Parteien sehen Sie hier

Damit geraten zwei sozialdemokratische Ministerpräsidenten ins Blickfeld, nämlich Stephan Weil aus Niedersachsen und Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern. Könnten Sie das Blatt mit einem Gespräch mit Scholz oder mit einer öffentlichen Parteinahme wenden? Weil gilt aber seit seinem Zögern beim Griff nach dem Parteivorsitz im Jahr 2019 in der SPD als nicht konfliktfreudig, obwohl er persönlich immer Abstand zu Scholz hielt.

Schwesig hatte die jüngste Landtagswahl im Nordosten gewonnen, schaut im Moment aber auf miserable Umfragewerte ihrer Landespartei. Ein Motiv hätte sie damit. Ob sie angesichts der jüngsten miserablen Umfragewerte für den Kanzler Pistorius für den besseren Kandidaten hält, ist nicht bekannt.

Und noch eines kommt Scholz nun in der Krise zugute: Der knappe Zeitpunkt bis zur Bundestagswahl nährt in seiner Partei die Furcht, der Aufbau eines neuen Kanzlerkandidaten und eine Reorganisation der auf Scholz ausgerichteten Kampagne sei schon zeitlich kaum noch zu stemmen.

Pistorius hält sich Kandidatur offen

Pistorius wiederum hält sich eine Kanzlerkandidatur der Sozialdemokraten grundsätzlich offen. „In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen, ganz egal, worum es geht“, sagte der SPD-Politiker bei der Veranstaltungsreihe „Menschen in Europa“ der Mediengruppe Bayern in Passau.

„Das Einzige, was ich definitiv ausschließen kann, ist, dass ich noch Papst werde“, sagte der Minister augenzwinkernd. Bundeskanzler Scholz habe einen richtig guten Job gemacht, unterstrich der Verteidigungsminister. „Und er hat gesagt, er will weitermachen. Das ist das Normalste der Welt.“

Pistorius erklärte weiter: „Da ich erstens ein zutiefst loyaler Mensch bin, zweitens in meiner Lebensplanung nie drinstand, Verteidigungsminister zu werden oder gar Bundeskanzler, werde ich 'nen Teufel tun und mir jetzt sagen: Ich mache das, ich trete jetzt an. Nein, das werden Sie von mir nicht hören. Ich bin Parteisoldat.“ Pistorius schob hinterher: „In meiner Lebensplanung findet das nicht statt und das muss auch ehrlich gesagt nicht sein.“

Der Verteidigungsminister sprach auch über Persönliches. Er sei jetzt 64 Jahre alt, habe seine erste Frau an den Krebs verloren, sei wieder glücklich verheiratet und habe zwei Kinder sowie zwei Enkelkinder. Vielleicht könne man sich vorstellen, dass er sich auch für etwas anderes entscheide. Und diese Entscheidung möchte er sich gern offenhalten. (mit dpa)

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