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Aufstieg der AfD in Bayern: Jetzt inszeniert sich die CSU als Kümmererpartei für die Kommunen
Bayerns Christsoziale kommen ab Freitag zum Parteitag zusammen. Wichtiger als die internen Wahlen sind dabei die in Städten und Gemeinden am 8. März – dort könnte primär eine Partei zulegen.
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Am Tag vor seinem Parteitag nimmt sich der CSU-Vorsitzende besonders viel Zeit, um seinen Beitrag zu den Beschlüssen des Koalitionsausschusses in der Nacht zuvor zu würdigen – und die eigene Bundesregierung gleich mit. Die ist laut Markus Söder wegen der vielen verabschiedeten Gesetze, etwa bei der Migration, „viel besser als ihr Ruf“ und „so stabil, dass sich Radikale keine Hoffnung machen dürfen“.
Die Botschaft, dass die Regierungsbeteiligung der Christsozialen nicht nur wegen Innenminister Alexander Dobrindt lohnt, buchstabiert der Ministerpräsident aus München noch detailliert aus. „Ohne unseren bayerischen Einsatz“, verkündet er zum Beispiel, hätte der Freistaat nun nicht 850 Millionen Euro beim Länderfinanzausgleich gespart.
Und wenn mit dem „Infrastruktur-Zukunftsgesetz“ schneller gebaut werden kann, dann nicht, weil Bürgerinitiativen vor Ort weniger gehört würden, sondern wegen der vereinbarten Änderung des Verbandsklagerechts. „Irgendwelche NGOs, die von woanders kommen“, so Söder in bester identitätspolitischer Manier, „können nicht mehr das Verfahren blockieren.“
Der Lokalpatriotismus ist Programm, auch bei dem an diesem Freitag beginnenden CSU-Parteitag in München. Natürlich wird am ersten Tag auch darauf geschaut, wie weit unterhalb der 96,56 Prozent von 2023 das Ergebnis bei der Wiederwahl Söders als Parteivorsitzender liegen wird. Im Zentrum aber stehen die Wahlen zu Kreis-, Stadt- und Gemeinderäten am 8. März – für die CSU und ihren Chef ein wichtiger Stimmungstest.
Selbst eine eigene Umfrage bannt die AfD-Gefahr nicht
Zwar liegt die CSU in Umfragen weiter stabil in Führung, doch vor allem das Erstarken der AfD macht den Christsozialen im Freistaat Sorgen. 2020 landete die AfD bei den Kommunalwahlen noch bei mageren 4,7 Prozent, doch seitdem haben die Rechten auch in Bayern Fuß gefasst. Bei den Landtagswahlen 2023 holte die AfD bereits 14,6 Prozent, inzwischen liegt sie in Umfragen um die 20 Prozent.
Daran kann auch eine Umfrage zur politischen Stimmung in Bayern nichts ändern, die die CSU beim Institut GMS selbst in Auftrag gegeben hat. Die Dauerregierungspartei kommt demnach auf eine Zustimmungsrate von aktuell 40 Prozent, während die AfD mit 19 Prozent auf dem zweiten Rang liegt. Generalsekretär Martin Huber wertet das trotzdem unverdrossen als klaren Rückenwind für die Kommunalwahlen: „Die CSU ist die einzige Kraft, die bayerische Interessen über alle politischen Ebenen hinweg vertritt.“
Die AfD will raus aus der EU, raus aus dem Euro, raus aus der Nato. Sie ist der verlängerte Arm Putins. Die AfD ist keine Alternative, sondern eine Gefahr für Deutschland.
CSU-Generalsekretär Martin Huber
Anders als 2020 scheint es den Ultrarechten bei dieser Kommunalwahl zu gelingen, flächendeckend Kandidaten auf die Wahlzettel zu bringen. Dass die AfD zur Bedrohung für die CSU geworden ist, davon zeugen auch die Frontalattacken der Christsozialen in den vergangenen Wochen.
„Für uns war, ist und bleibt unmissverständlich klar, dass wir kategorisch jede Zusammenarbeit mit der AfD ausschließen“, sagte Huber dieser Tage vor Journalisten in Berlin, ohne überhaupt auf die AfD angesprochen worden zu sein. Er arbeitete dabei erneut die inhaltlichen Differenzen heraus: „Die AfD will raus aus der EU, raus aus dem Euro, raus aus der Nato. Sie ist der verlängerte Arm Putins.“ Sie sei „keine Alternative, sondern eine Gefahr für Deutschland“.
Die Kommunalwahlen sind für Söders Partei kein leichtes Pflaster. Schon 2020 holte sie nur 34,5 Prozent der Stimmen und musste einen Einbruch von 5,2 Prozentpunkten hinnehmen. In größeren Städten konnten zuletzt die Grünen Erfolge feiern, im ländlichen Raum bekommt die CSU von Freien Wählern und AfD Konkurrenz.
Die neue kommunale Kümmererpartei?
Und so versucht sich die CSU vor ihrem Parteitag als Kümmererpartei für die Kommunen zu inszenieren. Der achtseitige Leitantrag hat die Parteispitze unter die Überschrift „starkes Bayern, starke Kommunen“ gestellt. Stolz verweisen Söder & Co. bei jeder Gelegenheit darauf, dass die bayerischen Kommunen im nächsten Jahr 4,7 Milliarden Euro mehr erhalten als in diesem, wobei dies vor allem auf die Mittel des Sondervermögens des Bundes zurückzuführen ist.
Eigentlich hatte man sich in Bayern Rückenwind von der Regierungsbeteiligung in Berlin erhofft, doch inzwischen befinden sich die Beliebtheitswerte von Schwarz-Rot auf Ampel-Niveau. So hat sich Söder auch am Donnerstagmorgen nach dem Koalitionsausschuss wieder als Mahner für gutes Regieren präsentiert, der keine „Zitterpartie“ wie vor der Rentenabstimmung und auch keine „Leichtsinnsfehler“ mehr will, sondern die Erfolge betonen möchte.
Tatsächlich waren die Verabschiedung der Mütterrente, die Senkung der Gastro-Steuer, die Erhöhung der Pendlerpauschale und die Rückkehr zur Agrardiesel-Rückerstattung alles Vorhaben, die aus München vorangetrieben worden waren. Doch hinter vorgehaltener Hand beklagen sich führende Christsoziale immer wieder über den Streit in der Hauptstadt, der auch in Bayern Stimmen koste.
Eine wichtige Zahl dürften jene 33,3 Prozent sein, die die NRW-CDU von Hendrik Wüst unlängst bei ihren Kommunalwahlen eingefahren hat. Was Söders Konkurrent um eine wann auch immer anstehende Nachfolge von Friedrich Merz gegen den Bundestrend erreicht hat, machte den Bayern im September durchaus ein wenig nervös, wie CSU-Insider dem Tagesspiegel berichten. Der Parteichef liege für den politischen Fall der Fälle immer noch „auf der Lauer“, da soll unionsintern niemand klar besser dastehen.
Nach außen bleibt Söder, der am Freitag ohne Gegenkandidaten zur Wiederwahl steht, bescheiden. Das gilt auch für seine eigene Prozentwerte. „Gern so viel wie möglich“, sagt Söder nur.
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