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Die um Wähler werben: eine Szene aus dem Wahlkampf 2021

© dpa / Kay Nietfeld

Politik kostet Geld: Warum Parteien Aufsicht brauchen

Das Verfassungsgerichtsurteil zur Parteienfinanzierung ist zu weich, um das Parlament zum Sparen anzuhalten. Nötig ist eine andere Form der Kontrolle.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Alle wollen Geld und brauchen es, auch die bundesdeutschen Parteien. Deshalb ist es in Ordnung, wenn sie zuweilen mehr bekommen. Das Leben wird teurer, nicht nur wegen der Inflation. Trotzdem ist es gut, dass ihnen das Bundesverfassungsgericht für ihren letzten Griff in die Kasse auf die Finger klopft. Man muss nun überlegen, wie es weitergehen soll.

Die Parteien stehen auf finanziell soliden Füßen. Ihre staatliche Teilfinanzierung sichert Bestand und Entwicklung, ist hinreichend an ihren Erfolg beim Volk sowie Preissteigerungen geknüpft und vermeidet bisher, dass der politische Wettbewerb über Geldmittel Privater entschieden wird.

Trotzdem ist das alte Problem auch das neue: Weil die Mandatsträger im Bundestag neben dem Volk auch de facto die Interessen ihrer Parteien vertreten, entscheiden sie – auch – in eigener Sache.

Jost Müller-Neuhof

Trotzdem ist das alte Problem auch das neue: Weil die Mandatsträger im Bundestag neben dem Volk auch de facto die Interessen ihrer Parteien vertreten, entscheiden sie – auch – in eigener Sache. Da liegt es nahe, mehr Geld zu beschaffen, wenn es in deren Kasse knapper wird. So geschehen vor ein paar Jahren, als SPD und Union in koalitionärer Eintracht per Gesetz die bis dahin geltende „absolute Obergrenze“ sprengten.

Dies hat das Gericht jetzt beanstandet, doch nur in formaler Hinsicht. Der Gesetzgeber hätte besser begründen müssen, dass er in der Digitalisierung jene „einschneidende Veränderung“ erkannt hat, die allein es rechtfertigen kann, die „absolute Obergrenze“ anzuheben. Und begründen können Juristinnen und Juristen eigentlich alles. Sie lernen das in ihrer Ausbildung.

Diese neue Begründungspflicht dürfte daher kaum geeignet sein, den Bundestag zu bremsen, wenn die Parteien erneut eine „einschneidende Veränderung“ auszumachen glauben. Die Digitalisierung steht, vermutlich, erst an ihrem Anfang.

Zu erwägen wäre eine unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wichtiger aber wäre die demokratischste aller Kontrollen: Öffentlichkeit. Die Groko hatte ihr Projekt damals in einem Schnellverfahren durchgezogen, nach dem Motto: Wenn eine Opposition nichts mitkriegt, kann sie gar nicht erst entstehen.

So etwas darf nicht passieren, wenn der Gesetzgeber – wie bei Abgeordneten-Diäten oder Parteifinanzen – selbst betroffen ist. Schade, dass das in Karlsruhe nicht verboten wurde. Also sollte es der Gesetzgeber tun.

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