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Ringen um Verfassungsänderungen : Was Sie über die Debatte um Sondervermögen und Schuldenbremse wissen müssen
Am Donnerstag geht es um alles – oder etwa noch nicht? Die Lage vor der Sondersitzung des Bundestags ist unübersichtlich. Die Parteien haben sich in spieltheoretischem Kuddelmuddel verhakt.
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Die Ansage ist klar. „Alternativen: keine“, heißt es im Gesetzentwurf, den Unions- und SPD-Fraktion im Vorgriff auf die gewünschte neue Regierung in den alten Bundestag eingebracht haben. Sie wollen Verfassungsänderungen erreichen: eine Ausnahme von der Schuldenbremse für die Verteidigung, ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Infrastruktur und eine Lockerung der Schuldenbremse für die Länder.
Doch tatsächlich gibt es sehr wohl Alternativen. So viele, dass die Lage vor der Sondersitzung des Bundestags am Donnerstag reichlich unübersichtlich ist. Die Parteien haben sich in dickem spieltheoretischen Kuddelmuddel verhakt.
Am Mittwoch meldete sich einer zu Wort, der doch eigentlich gar nicht mehr mitspielen will in der vordersten Reihe: Robert Habeck, scheidender Vizekanzler. Er empfahl seinen Grünen, dabei zu bleiben, dass sie nur für mehr Verteidigungsausgaben zur Verfügung stehen – nicht aber für den 500-Milliarden-Euro-Topf für die Infrastruktur.
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Die Grünen haben so etwas Ähnliches zwar immer gewollt, aber nicht so: als Verschiebebahnhof, das kritisieren die Grünen, um teure Wahlgeschenke von Pendlerpauschale bis Mütterrente zu finanzieren.
„Sie werden von meiner Partei, auch von mir nicht erwarten, dass wir die Lüge zur Grundlage einer Zustimmung machen. Das wird nicht passieren“, sagte Habeck bei der Eröffnung der Münchner Handwerksmesse. Dort war auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der konterte mit der Warnung, im Bundestag würden AfD und Linke „gröhlend und feixend auftreten. Ich weiß nicht, ob wir ihnen diesen Erfolg gönnen und möglich machen sollten.“
Wollen die Grünen sich noch überzeugen lassen, dem schwarz-roten Gesamtpaket zuzustimmen, und wenn ja, zu welchem Preis? Sie haben sehr klar gemacht, sich nicht einfach zu fügen, und einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem nur die Frage der Verteidigung geregelt würde. Es ist ein Spaltpilz für Schwarz-Rot, ist doch für die Union nur die Verteidigung Herzensangelegenheit. Für die SPD ist hingegen das Geld für die Infrastruktur unverhandelbar.
Szenario Heizungsgesetz
Im Regierungsviertel wird unter Hochdruck verhandelt. Der Tag, auf den es aus Sicht von Schwarz-Rot ankommt, ist aber nicht der Donnerstag. Sondern der kommende Montagabend. Denn am Dienstag soll die Grundgesetzänderung in der entscheidenden zweiten und dritten Lesung im Parlament verabschiedet werden.

© dpa/Carsten Koall
Das bedeutet: Bis Montagabend muss die politische Einigung stehen, falls man eine findet. Die Formalitäten, so hofft man bei Union und SPD, ließen sich dann regeln.
Bei den Grünen hingegen hat man noch in lebhafter Erinnerung, wie einst der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann das Heizungsgesetz mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht vorübergehend stoppte. Es hatte mit hektischen Eilmanövern durchs Parlament gebracht werden sollen. So nicht, sagte Karlsruhe.
Nun warnen Vorsichtige: Je später und intensiver an den Gesetzentwürfen, die vorliegen, noch herumgeschraubt wird, desto größer das Risiko, dass später das Verfassungsgericht alles wieder einkassiert. Ob die Situationen sich rechtlich tatsächlich ähneln, ist aber wiederum umstritten.
Als Drohkulisse wirkt auf alle Parteien, dass sie im neuen Bundestag gemeinsam keine Zweidrittelmehrheit mehr haben werden. Die Frage ist auch: Wer hat am meisten Nervenstärke?
Und es gibt es einen weiteren Unsicherheitsfaktor: die Abgeordneten, die jüngst aus dem Parlament geflogen sind, nun aber noch einmal auf den Plan gerufen werden. Fraktionsdisziplin ist für den einen oder anderen womöglich nur noch ein relativer Begriff.
Es kursieren harte Szenarien. Denkbar, dass die schwarz-rote Koalition in spe am Ende vor der Entscheidung steht, dem Entwurf der Grünen zuzustimmen, um wenigstens Deutschlands Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen – oder es bleiben zu lassen. (mit fha, chz)
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