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Im öffentlichen Dienst fehlt schon jetzt massiv Personal.

© picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

„Schleichender Blackout“: Gemeindebund warnt wegen Personalmangel vor Kollaps des öffentlichen Dienstes

Städte- und Gemeinden schlagen Alarm: Wenn nicht schnell gegengesteuert werde, drohe der Verwaltung der Zusammenbruch. Zwingend nötig sei auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

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Lange Wartezeiten bei Ämtern, überlastete Kitas und Pflegeheime, Chaos im öffentlichen Nahverkehr: Bereits jetzt spüren die Menschen in Deutschland vielerorts Einschränkungen und Beeinträchtigungen im Alltag. Der Grund ist oft, dass nicht genug Arbeitskräfte vorhanden sind. Nach Ansicht des Städte- und Gemeindebunds ist dies aber nur ein Vorgeschmack auf das, was Deutschland in Zukunft drohen könnte: der Kollaps der Verwaltung.

„Fehlendes Personal wird die Arbeit des öffentlichen Dienstes und vor allem der Kommunen massiv beeinträchtigen und kann die Daseinsvorsorge an den Rand des Zusammenbruchs bringen“, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Bereits heute seien mehr als 100.000 Stellen in den Kommunen unbesetzt, weil kein Personal gefunden werde.

Wenn Digitalisierung in Deutschland weiterhin im Schneckentempo umgesetzt wird, verspielen wir mutwillig unsere Zukunftschancen.

André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds

„In den kommenden zehn Jahren werden annähernd 500.000 der rund 1,65 Millionen Beschäftigten in den Kommunen in den Ruhestand gehen“, fuhr Berghegger fort. „Bis zum Jahr 2030 werden in den Kommunen rund 230.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen.“

Das wirke sich nicht nur auf die Bearbeitungszeiten in den Behörden aus. „In den nächsten fünf Jahren gehen beispielsweise mehr als 50.000 Busfahrer in den Ruhestand, zudem fehlen bereits jetzt mehr als 100.000 Fachkräfte in den Kitas“, warnte Berghegger.

„Wenn wir nicht schnell und entschieden gegensteuern, wird dies gravierende Folgen für die Bürgerinnen und Bürger und den Standort Deutschland insgesamt haben.“ Der Hauptgeschäftsführer sprach von einem „schleichenden Blackout“.

Digitale Lösungen wie Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI) könnten dazu beitragen, die drohenden Folgen in vielen Bereichen abzumildern. „Klar ist: KI bedroht keine Jobs, sondern ist zwingend notwendig, um den Betrieb in der öffentlichen Verwaltung zu sichern“, sagte Berghegger.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes: André Berghegger.

© Imao/Marten Ronneburg

„Es ist daher mehr als fahrlässig, dass die Politik in Deutschland immer noch Vorbehalte bei der Digitalisierung hat. Wenn es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz geht, werden stets zunächst die Risiken diskutiert“, kritisierte er.

Für langwierige Abwägungen sei aber keine Zeit mehr. Nötig sei weniger „Geht nicht“ und mehr „Machen“.  „Wenn Digitalisierung in Deutschland weiterhin im Schneckentempo umgesetzt wird, verspielen wir mutwillig unsere Zukunftschancen.“

Die Politik dürfe Beschäftigung nicht mehr aus der Perspektive des letzten Jahrhunderts denken, mahnte Berghegger. „Wir sollten flexible, an die jeweilige Lebenssituation angepasste Modelle entwickeln, um den öffentlichen Dienst attraktiv zu halten.“

Neben digitalen Werkzeugen könne auch „eine gemeinsame oder geteilte Erbringung von Aufgaben“ eine Rolle spielen. „Es muss gelingen, starre Strukturen aufzubrechen und neue Abläufe zu ermöglichen“, forderte Berghegger. (lem)

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