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Schneller zum Visum und mit der Bahn in den Osten: Ost-Länder wollen mehr Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen
Der Fachkräftemangel setzt den ostdeutschen Bundesländern zu. Lösungen soll vor allem der Bund liefern. Was fordern die Regierungschefs aus dem Osten?
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Fehlende Arbeits- und Fachkräfte gelten unter Ökonomen und Unternehmensvertreterinnen als das größte strukturelle Problem der deutschen Wirtschaft. Schon heute, aber vor allem auch perspektivisch, wenn bis Anfang 2030 über 16 Millionen Babyboomer in Rente gehen.
Die ostdeutschen Regierungschefs haben den Bund nun aufgefordert, Hindernisse bei der Gewinnung ausländischer Fachkräfte abzubauen. Die Fachkräftesicherung müsse höchste Priorität haben, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nach einem Treffen der ostdeutschen Regierungschefs in Berlin. Verbesserungen soll es aus Sicht der Länder unter anderem im Bereich Visa-Verfahren oder bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse geben.
Bund und Länder planen neue Fachkräftestrategie
Die ostdeutschen Bundesländer leiden besonders stark unter dem Geburtenknick. Für zwei Menschen, die in Rente gehen, rückt im Moment nur etwa einer nach. Die ostdeutschen Länder wollen nun mit dem Bund eine Fachkräftestrategie unter dem Titel „Berufe der Zukunft“ erarbeiten. Nötig sei Zuwanderung über den Arbeitsmarkt, aber nicht in die Sozialsysteme, betonte Haseloff.

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Schon heute tragen in den ostdeutschen Bundesländern über 400.000 Menschen ohne deutschen Pass jedes Jahr fast 25 Milliarden Euro zum Wirtschaftswachstum bei, wie ein kürzlich erschienene Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Die Zahl der hier geborenen Beschäftigten ist dagegen rückläufig.
„Für künftiges Wachstum werden wir weiter Fachkräfte und Talent aus dem Ausland benötigen“, sagte Petra Peterhänsel, Leiterin des BMW-Werks in Leipzig kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen im September. Was unter Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft Konsens ist, sehen in der Politik längst nicht alle Parteien so.
Die AfD wirbt dafür, Deutschland solle mehr auf Geburten statt Zuwanderung setzen, um dem Fachkräftemangel beizukommen. Die Partei machte im Wahlkampf zu den ostdeutschen Landtagswahlen wiederholt Stimmung gegen Eingewanderte. Etwa mit Wahlplakat-Slogans wie „Sommer, Sonne, Remigration“ oder „Unser Land zuerst“.
Bei den Wahlen konnte sie damit historisch gute Ergebnisse erzielen: In Thüringen gewann die Partei die Wahl mit 32,8 Prozent, in Sachsen und Brandenburg belegte sie mit 30,6 und 29,2 Prozent den zweiten Platz. Neben dem Demografieproblem sehen viele Fachleute aus Forschung und Firmen die Partei als das größte Risiko für den ostdeutschen Wirtschaftsstandort.
Länder fordern zügigen Ausbau von Bahnstrecken
Die Ost-Regierungschefs drängen zusätzlich auf einen zügigen Ausbau von Bahnstrecken Richtung Osten. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nannte etwa den Ausbau der Ostbahn in Brandenburg als Beispiel. Die Strecke Berlin-Küstrin und weiter Richtung Polen ist bisher nicht elektrifiziert und auf deutscher Seite zum Teil nur eingleisig. Haseloff betonte ebenfalls, in Richtung des Anschlusses an Osteuropa müsse mehr getan werden.
Die Länder bitten den Bund zudem um eine Prüfung, ob sie bei Planungsverfahren stärker unterstützt werden können. Dabei geht es um eine Erhöhung der sogenannten Planungskostenpauschale. Bei der Vorfinanzierung der Planungskosten seien finanzschwächere Länder besonders belastet, hieß es. (mit dpa)
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