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Missglückter Wahlkampf: Ein Plakat der SPD mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Im Hintergrund in Übergröße das Konterfei von CDU-Chef Friedrich Merz.

© Imago/Jakub Porzycki

SPD-Arbeitsgruppe rechnet ab: „Olaf Scholz war ein Kanzler des Abwartens“

Die AG Migration und Vielfalt der SPD rechnet hart ab mit der Führungsschwäche des Kanzlers und dem Versagen der Parteispitze bei der Kandidatenkür. Dem Tagesspiegel liegt das Papier vor.

Stand:

Der Bundesvorstand der AG Migration und Vielfalt in der SPD geht nach der schweren Wahlniederlage hart mit der eigenen Partei ins Gericht. In einem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, wird die Lage in fünf Punkten analysiert, samt der Forderung nach Konsequenzen.

1 „Der Wahlsieg 2021 als ‘Glücksfall’“

Der Sieg 2021 sei weniger das Resultat eines kraftvollen, eigenen Wahlprogramms „als vielmehr ein Nebeneffekt der Schwäche des CDU/CSU-Kandidaten Armin Laschet“ gewesen, heißt es in dem Papier. Es habe der Kandidat gewonnen, „dem man Führung zutraute“. 

2 „Das Versäumnis eines ideenbasierten Kurswechsels“

Die AG befindet, der Wahlsieg sei damals nicht richtig analysiert worden, sondern die Partei habe sich mit der gewonnenen Macht begnügt. So sei die Chance vertan worden, „ein zukunftsweisendes Narrativ zu etablieren“.

Das Aufbruchsversprechen der Ampel löste sich in Luft auf.

Bundesvorstand der AG Migration

Das Ergebnis: „Das Aufbruchsversprechen der Ampel löste sich in Luft auf.“

3 „Langfristige Folgen der fehlenden Idee“

Dass eine echte Idee gefehlt habe, hatte aus Sicht der AG Migration und Vielfalt mehrere Folgen: Die Wählerinnen und Wähler hätten das Vertrauen in die Partei verloren, und die habe sich immer mehr in der Defensive befunden. Es sei in Krisenzeiten große Verunsicherung entstanden.

4 „Die innere Zerrissenheit der SPD in großen politischen Fragen und Führungslosigkeit“

„Ein weiterer entscheidender Faktor für die Wahlniederlage der SPD ist ihre mangelnde inhaltliche Geschlossenheit“, heißt es in dem Papier. Es fehle an einem Grundkonsens. Besonders in der Migrationspolitik zeige sich eine tiefe Unsicherheit darüber, „wo dieser Grundkonsens liegt und welchen Kurs die Partei einschlagen will“.

So werde die SPD von zwei Seiten kritisiert: „Progressive Wähler:innen werfen ihr vor, zu restriktiv zu agieren, während konservativere Wähler:innen sie für zu weich halten.“

Die Kritik richtet sich auch direkt an Kanzler Olaf Scholz: „Die Diskussionen um die gemeinsame Abstimmung der Union mit der AfD zeigte eklatant das Problem der SPD. Auf der einen Seite versuchte sie die berechtigte Empörung in der Gesellschaft aufzugreifen und zu punkten. Progressiven Wähler:innen blieb aber nicht verborgen, dass die Partei mit dem Kanzler, der mit dem Cover ‘Im großen Stil abschieben’ glänzte, die Debatten um die Migrationspolitik besonders angeheizt hatte.“

„Die Diskussionen um die gemeinsame Abstimmung der Union mit der AfD zeigte eklatant das Problem der SPD.

Bundesvorstand der AG Migration

Auch Innenministerin Nancy Faeser wird kritisiert. Teile der Partei hätten sich „aktiv an der Normalisierung rechter Diskurse“ beteiligt, heißt es außerdem.

Und dann geht es noch einmal um die K-Frage. Es sind Worte, die den Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken nicht gefallen können: „In der Spitze gipfelte die Führungsschwäche darin, dass eine viel zu lange Zeit, die Kandidatenfrage unbeantwortet blieb. Man kann bezüglich des Personals unterschiedlicher Meinung sein, aber egal welche Kandidatur man dabei richtig fand, hätte man deutlich schneller Klarheit schaffen müssen. Gerade, wenn ein amtierender Kanzler am Ende der Kandidat werden sollte.“

5 „Wie man sich im falschen Spielfeld einsperrt“

Bei der sozialen Sicherheit sei in der Regierung zu wenig passiert, heißt es in dem Papier. „Verteilungsgerechtigkeit wagte man sich nicht mal anzudiskutieren. Kanzler Scholz schien Finanzminister Lindner zu schützen, wo es nur ging.“

Führung sei gewünscht gewesen, „stattdessen war Olaf Scholz ein Kanzler des Abwartens“. Die SPD habe „die drängendsten Probleme der eigenen Wählerschaft“ ignoriert.

Die Partei habe den Blick dorthin gerichtet, „wo vor allem rechte und konservative Kräfte vermeintliche Lösungen präsentieren. Eklatantes Beispiel Migration. Das ist der SPD auf die Füße gefallen.“

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