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Verteidigungsminister Boris Pistorius und Kanzler Olaf Scholz bei der Verkündung von Scholz’ Nominierung zum Kanzlerkandidaten.

© REUTERS/ANNEGRET HILSE

SPD-Vorstand nominiert Scholz: Der halbe Kandidat

Olaf Scholz will Bundeskanzler bleiben, obwohl die von ihm geführte Regierung gescheitert ist. Die SPD bindet sich mit Scholz einen Mühlstein um den Hals.

Daniel Friedrich Sturm
Ein Kommentar von Daniel Friedrich Sturm

Stand:

Wie verzweifelt Olaf Scholz in den Bundestagswahlkampf zieht, zeigt die Behauptung, die er am Montag verbreitet: Scholz versucht den Bürgerinnen und Bürgern die Angst einzujagen, alle anderen Parteien außer der SPD wollten die Hilfe für die Ukraine künftig zu Lasten von Rente, Gesundheit und innerer Sicherheit gewähren. Diese Behauptung ist schlicht perfide.

Ansonsten gab Scholz nach seiner Nominierung durch den SPD-Vorstand einen Illusionskünstler („wir wollen stärkste Partei werden“), der aber gar nicht weiß, mit wem er künftig regieren kann – und was er in der Legislaturperiode 2025 bis 2029 zu tun gedenkt. „Wir wollen uns dafür einsetzen, dass es weiter geht in unserem Land“, sagt Scholz, und leiert SPD-Prosa („gute Zukunft“, „mehr Gerechtigkeit“, „stabile Renten“) herunter.

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Die SPD hat am Montag das alte Herbert Wehnersche Leitmotiv, wonach die Partei wichtiger ist als jedes Einzelinteresse, auf Bitten von Scholz über Bord geworfen. Nicht Boris Pistorius, der es mit Friedrich Merz hätte aufnehmen können, wurde Kandidat, sondern Scholz, der unbeliebteste Politiker Deutschlands. Die SPD tritt mit einem halben Kandidaten an. Das wird sie viele Mandate kosten, sie vielleicht gar vom ersten Platz auf Rang Drei oder Vier verbannen.

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Viele Sozialdemokraten haben Bauchschmerzen mit Scholz, fürchten eine krachende Wahlniederlage. Scholz hat keine Bauchschmerzen, kennt keine Selbstzweifel. Scholz macht in seiner Selbstwahrnehmung keine Fehler, niemals. Er ist, anders als mancher Parteifreund gehofft hatte, eben nicht in sich gegangen. Er hat darauf verzichtet, sich selbst kritisch zu prüfen, sich zu hinterfragen: Bin ich wirklich der richtige Kandidat?

Dass Scholz sich am Montag als „Freund“ von Pistorius inszeniert, ist, bestenfalls, ein schlechter Witz. Die Wahrheit ist: Scholz misstraut Pistorius. Dem Kanzler ist die politische Eigenständigkeit, die Kommunikationsfähigkeit und erst recht die Beliebtheit des Verteidigungsministers suspekt. Scholz mag keine eigenständigen, souveränen, machtbewussten Menschen in seiner Umgebung. Pistorius war deshalb nur Scholz’ zweite Wahl. Am Vorabend des Ukraine-Krieges hatte er die unbedarfte, „ungefährliche“ Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin nominiert.

In Europa herrscht Krieg, nordkoreanische Truppen kämpfen gegen einen Partner Deutschlands, was Deutschlands Lieblings-Handelspartner China gefällt. In den USA wird der unberechenbare Donald Trump in zwei Monaten wieder das Sagen haben. Bei der Bundestagswahl stehen AfD und Wagenknecht Erfolge ins Haus. Es ist geradezu absurd, dass die SPD in dieser Zeit mit Scholz antritt. Die politische Konkurrenz der Sozialdemokratie, ob demokratisch oder extrem, kann Scholz nur eines zurufen: Schönen Dank!

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