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Soldaten der Bundeswehr beim Gelöbnis (Archivbild von 2019).

© Imago/Mika Schmidt

SPD kritisiert Koalitonspartner: „Die Union macht es sich beim Thema Wehrpflicht viel zu leicht“

Die SPD will – anders als die Union – keine Wehrpflicht, sondern die Truppe als Arbeitgeberin interessanter machen. Verteidigungspolitiker Falko Droßmann hat etliche Vorschläge dafür.

Stand:

Herr Droßmann, wie hält es Ihre SPD denn nun mit der 2011 beendeten Wehrpflicht? Kommt sie doch wieder?
Sie bleibt so lange ausgesetzt, bis der Bundestag eine andere Entscheidung trifft.

Ihr Koalitionspartner träfe die am liebsten gleich. CDU und CSU verweisen auf die angespannte Sicherheitslage und die neuen Nato-Vorgaben, die beim anstehenden Gipfel offiziell beschlossen werden. Haben sie nicht recht, wenn der Truppe nun statt 20.000 und 80.000 Soldaten fehlen?
Die Union macht es sich beim Thema Wehrpflicht viel zu leicht. In erster Linie muss der Soldatenberuf attraktiver werden, um die von uns geforderte Truppenstärke zu erreichen. Das bringt auch mehr Freiwillige in das neue Wehrdienstmodell, auf das wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben.

Ihre Partei hat mit der Formulierung vom „zunächst“ freiwilligen Dienst aber indirekt einer Verpflichtung zugestimmt, wenn die Zahlen zu gering sind.
Das stimmt. Wir schließen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht nicht kategorisch aus. Aber: Die SPD wird keinem so schwerwiegenden Eingriff in die Lebensplanung der jungen Männer dieses Landes zustimmen, bevor nicht alles für eine attraktivere Truppe getan wurde, in die wir die Menschen nicht hineinzwingen müssen.

Welche Art von Attraktivitätsprogramm schwebt Ihnen vor?
Da gibt es viele Ansatzpunkte. Wir brauchen verschiedene Dienstzeitmodelle, individuell auf die Interessenten zugeschnitten. Sie brauchen für sich und ihre Familien eine gewisse Planbarkeit und sollten wissen, wo sie wann eingesetzt werden.

Wer in der Bundeswehr dient, sollte dort umsonst den Führerschein machen können, wer sich bewirbt, eine zugewandte Truppe erleben, die nicht ewig für eine Antwort braucht.

Wer seine Gesundheit oder sein Leben für unser Land aufs Spiel setzt, muss einen deutlich höheren Sold bekommen als bisher.

Falko Droßmann über die Gehälter bei der Bundeswehr

Verschimmelte Duschen in Kasernen müssen der Vergangenheit angehören. Und natürlich geht es um mehr Geld: Wer seine Gesundheit oder sein Leben für unser Land aufs Spiel setzt, muss einen deutlich höheren Sold bekommen als bisher.

Welches Plus können Sie sich denn vorstellen?
Es muss ein kräftiges Plus sein. Das ist übrigens ein Grund, warum die Union den vermeintlich einfacheren Weg einer neuen Wehrpflicht gehen will. Sie scheut davor zurück, die höheren Gehälter anderen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes erklären zu müssen.

Ist ein Grund nicht auch, dass die Umsetzung der von Ihnen beschriebenen Maßnahmen Jahre dauert? Neue Kasernen, neue Strukturen, neue Gesetze.
Die SPD kann nicht akzeptieren, dass es in Deutschland einfacher sein soll, einen Pflichtdienst einzuführen, als neue Kasernen zu bauen.

In der Energiekrise 2022 war es möglich, im neuen „Deutschland-Tempo“ ein Flüssiggasterminal zu bauen. Ich habe selbst eine Behörde geleitet und sage: Das geht. Im Zweifel soll die Bundeswehr ihre neuen Gebäude selbst bauen.

Wann sagt die SPD, dass es ohne einen gewissen Anteil Wehrpflichtiger doch nicht geht? Will die Bundeswehr bis 2029 voll einsatzfähig sein, kann man schlecht erst 2027 feststellen, nicht weit genug gekommen zu sein.
Es gibt keinen festen Zeitpunkt für eine solche Entscheidung. Wir Sozialdemokraten müssen überzeugt werden, dass alles andere versucht wurde, um das neue Personalziel zu erreichen.

Sich den Aufwand zu sparen und jetzt sofort ins Gesetzgebungsverfahren zur Reaktivierung der Wehrpflicht zu gehen, hielte ich für einen großen Fehler.

Sie wissen, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius Ihrer Partei angehört?
Mein Appell richtet sich insbesondere an ihn: Ich erwarte von Boris Pistorius, dass er nun sehr schnell Maßnahmen für eine attraktivere Bundeswehr vorlegt, aber da vertraue ich ihm.

Von der Union erwarte ich, ihn seine Arbeit machen zu lassen, statt die Diskussion über eine schnelle Wiedereinführung der Wehrpflicht immer neu anzuheizen.

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