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Philipp Türmer, Bundesvorsitzender der Jungsozialisten (JUSO), spricht bei einer Veranstaltung (Archivbild).

© dpa/Sebastian Willnow

SPD streitet über Wehrpflicht: Juso-Chef stellt sich gegen Pläne von Pistorius – Konzept aus „der Vergangenheit“

Kurz vor dem SPD-Parteitag hat sich die Nachwuchsorganisation gegen Pläne des Verteidigungsministers für die Bundeswehr gewandt. Türmer äußerte sich „irritiert“ über Pistorius.

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Widerstand für den Verteidigungsminister von der Nachwuchsorganisation der Sozialdemokraten: Kurz vor dem SPD-Parteitag am Wochenende in Berlin haben sich die Jusos gegen Überlegungen von Boris Pistorius (SPD) für eine teilweise Rückkehr zur Wehrpflicht gewandt.

„Es ist mir ein Rätsel, warum jetzt die Wehrpflicht wieder auf den Tisch kommt“, sagte Juso-Chef Philipp Türmer dem Portal „t-online“ am Donnerstag. Auf dem Parteitag wollen die Jusos zu dem Thema einen Initiativantrag vorlegen.

Ziel sei, dass der am Freitag beginnende Parteitag „die ablehnende Position der SPD“ zur Wehrpflicht bekräftige, sagte Türmer. Über das Vorgehen von Pistorius äußerte er sich „irritiert“. Türmer argumentierte: „Die Wehrpflicht greift zu stark in das Leben junger Menschen ein, mit einem dabei mehr als ungewissen Nutzen.“ Er sprach von einem Konzept aus „der Vergangenheit“.

Wir werden wahrscheinlich (...) mit der gegenwärtigen Freiwilligkeit alleine nicht hinkommen, sondern zusätzliche Elemente einer Wehrpflicht brauchen.

Friedrich Merz, Bundeskanzler (CDU)

Die Jusos berufen sich in dem Antrag auf die offizielle Parteilinie. Die SPD habe sich in ihrem Wahlprogramm klar dazu bekannt, sich für ein Modell einzusetzen, das auf Freiwilligkeit basiere, schreiben sie. „Hieran gilt es unbedingt festzuhalten.“ Tatsächlich hieß es im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025: „Der neue Wehrdienst soll auf Freiwilligkeit basieren.“ Von einer Wehrpflichtoption war nicht die Rede.

Die Wehrpflicht ist in Deutschland seit 2011 ausgesetzt, aber nicht abgeschafft. Sie kann mit einfacher Mehrheit der Regierungskoalition von Union und SPD wieder eingeführt werden. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD auf einen Wehrdienst verständigt, „der zunächst auf Freiwilligkeit basiert“. Die Union dringt aber darauf, schnell zu entscheiden, ob die Aufstockung auf Grundlage der Freiwilligkeit möglich ist. 

Pistorius hatte vor einigen Tagen angekündigt, er wolle in dem von der Regierung geplanten neuen Wehrdienstgesetz eine Option für eine teilweise Rückkehr zur Wehrpflicht verankern. Demnach könnte eine „Teilverpflichtung von Teiljahrgängen“ in Kraft gesetzt werden, wenn die erwartete Zahl von Freiwilligen nicht ausreiche, um den Personalbedarf der Streitkräfte zu decken.

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hält es für wahrscheinlich, dass die Wiedereinführung einer Wehrpflicht in Deutschland nötig wird, um die geplante Vergrößerung Bundeswehr zu ermöglichen. „Wir werden wahrscheinlich (...) mit der gegenwärtigen Freiwilligkeit alleine nicht hinkommen, sondern zusätzliche Elemente einer Wehrpflicht brauchen“, sagte er am Montag beim Tag der Industrie in Berlin.

In dem Initiativantrag der Jusos, aus dem auch die Agentur Reuters zitiert, heißt es: „Forderungen nach einer Verpflichtung von jungen Menschen zum Wehrdienst oder die Wiedereinführung der Wehrpflicht lehnen wir ab.“ Der Antrag hat die Überschrift: „Freiwilligkeit statt Zwang“. Letzterer sei „keine Antwort auf die strukturellen Probleme der Bundeswehr“, heißt es in dem Dokument weiter.

60.000
zusätzliche Soldaten werden vermutlich zusätzlich benötigt.

Weiter heißt es demnach: „Eine Stärkung der Bundeswehr wird nicht mit zwangsweise verpflichteten jungen Menschen erreicht, sondern durch die Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr, angemessener Ausrüstung, attraktiven Arbeitsbedingungen und einem guten Sold.“ Außerdem wolle man den freiwilligen Reservedienst stärken.

Pistorius sieht im Kabinettsbeschluss für deutlich höhere Verteidigungsausgaben die Grundlage für eine massive Stärkung der Bundeswehr. Mit dem Haushalt 2025 werden auch rund 10.000 zusätzliche militärische und rund 1000 zivile Planstellen geschaffen, teilte das Verteidigungsministerium weiter mit.

Der Verteidigungsminister schätzt den Bedarf für die neuen Nato-Planungsziele insgesamt auf 50.000 bis 60.000 zusätzliche Soldaten. Derzeit dienen etwas mehr als 180.000 Frauen und Männer in der Bundeswehr.

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