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Standortbestimmung. Ein Schild markiert den Platz der Kanzlerin beim Gipfel. Die lobte alle Beteiligten für die „Meisterleistung“ – und damit vor allem sich selbst.

© dapd

Nach dem Euro-Gipfel: SPD will Merkel nicht kritisieren

Die Opposition hat an den Ergebnissen des Gipfels wenig auszusetzen. Aber bei Griechenland vermisst sie Taten.

Von
  • Antje Sirleschtov
  • Hans Monath

Keiner der drei potenziellen Kanzlerkandidaten der SPD wollte sich am Dienstag zu den Ergebnissen des am Vortag zu Ende gegangenen EU-Gipfeltreffens zu Wort melden. Dass dieser Umstand etwas mit der Ankündigung von Sigmar Gabriel zu tun haben könnte, man wolle 2013 keinen Bundestagswahlkampf gegen Angela Merkel führen, ist schwer vorstellbar. Erklären könnte man die Stille an der Spitze der Sozialdemokratie wohl eher mit einem gewissen stillen Eingeständnis. Denn auch die SPD-Führung hatte in den zurückliegenden Monaten immer wieder auf ein europäisches Konzept zum gemeinsamen Schuldenabbau gedrängt.

Und nun hat die Bundeskanzlerin ausgerechnet das beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel umgesetzt: einen Fiskalpakt, in dem sich 25 der 27 EU-Länder zur Einhaltung von Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild verpflichten. Eine „Meisterleistung“ sei das gewesen, lobte Merkel ihre europäischen Partner in Brüssel Montagnacht – und damit auch sich selbst ein wenig.

Für die Opposition blieb da nicht sehr viel mehr, als den Pakt als nicht ausreichend zu kritisieren, seine Ratifizierung in den 25 Unterzeichnerländern anzuzweifeln und sich über den Vorschlag der schwarz-gelben Koalition vor dem Gipfel zu entrüsten, den Griechen rasch einen Sparkommissar zu senden, um die Forderungen von EU, Internationalem Währungsfonds und Weltbank nach rascher Haushaltskonsolidierung umzusetzen. Damit habe sich Deutschland „isoliert“, sagte Grünen- Fraktionschefin Renate Künast.

Allerdings lenkten Gewerkschafter, aber auch Oppositionspolitiker, den Blick auf die Rettung Griechenlands. Im gleichen Maße, wie auf Drängen der deutschen Regierungschefin am Montag dem übermäßigen Schuldenmachen in Europa ein Ende gesetzt wurde, tauchte die Frage auf, wie der südeuropäische Nachbar, dessen Wirtschaft noch immer nicht auf die Beine kommen will, jemals die Sparauflagen der internationalen Geldgeber einhalten und aus eigener Kraft wieder Wirtschaftswachstum erzeugen soll.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Hubertus Heil jedenfalls warf der Bundesregierung vor, sie habe zwar in den vergangenen eineinhalb Jahren eine Menge Ankündigungen gemacht – von unterstützendem Personal bis hin zu einer Art „Marshallplan“. Allerdings habe man die Griechen danach im Regen stehen lassen. Insbesondere dem Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), der die Griechen besucht hatte, um konkrete Hilfe zu leisten, warf Heil eine „naive Herangehensweise“ vor. „Rösler hatte weder eine Strategie noch Wege zu einer Finanzierung, die beide Voraussetzung für ein länger angelegtes Aufbauprogramm sind“, sagte Heil dem Tagesspiegel. Die beste Schuldenbremse sei Wirtschaftswachstum in Griechenland. Für eine Stärkung der Realwirtschaft in dem Krisenland habe die Bundesregierung bislang aber nichts getan. „Außer Spesen ist nichts gewesen“, meinte Heil mit Blick auf die Griechenland-Reise des Wirtschaftsministers.

Auch Michael Sommer argumentierte in diese Richtung und sprach von einem „Etikettenschwindel“. Der Fiskalpakt beantworte überhaupt nicht die Frage, wie man zu mehr Staatseinnahmen kommt, sagte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Das strikte Sparen mache die Staaten arm und handlungsunfähig.

Der Industrieverband BDI begrüßte dagegen die Einigung der Staats- und Regierungschefs: „Allerdings müssen verschärfte EU-Schuldenregeln sowie nationale Schuldenbremsen sich erst noch in der Praxis beweisen.“ In den hoch verschuldeten Euro-Ländern müssten jetzt vorrangig Arbeitsmärkte und Sozialsysteme reformiert werden.

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