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Unternehmenssteuern: Steinbrück: Es geht nicht um Geschenke

Finanzminister Peer Steinbrück hat seinen Gesetzentwurf für die geplante Unternehmenssteuerreform in den Bundestag eingebracht. Von den Regierungsplänen profitierten nur 15 Prozent der Unternehmen, kritisieren die Grünen.

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Berlin - Steinbrück verteidigte bei der ersten Lesung das auch in der großen Koalition umstrittene Projekt: "Mit dieser Reform stärken wir die Wachstumsbasis in Deutschland." Der an der Gesetzesformulierung beteiligte hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zeigte sich aber offen, "über die eine oder andere Sache" zu reden. Die FDP nannte die Pläne verfassungsrechtlich bedenklich, die Grünen kritisierten die damit verbundene Bürokratie.

Nach den Regierungsplänen sollen die Steuern für Kapitalgesellschaften ab 2008 statt wie bisher im Schnitt bei knapp 39 Prozent nur noch bei knapp unter 30 Prozent liegen. Die Steuerausfälle sollen fünf Milliarden Euro pro Jahr betragen - in den ersten Jahren werden sie allerdings höher liegen.

Steinbrück sagte, falls die Bundesregierung nichts tue, werde es noch größere Mindereinnahmen geben. Es gehe nicht um Geschenke an irgend jemanden. "Diese Reform ist eine Investition in den Standort Deutschland." Steinbrück mahnte dabei, angesichts der sinkenden Arbeitslosenzahlen und sprudelnden Steuereinnahmen nicht so zu tun, als ob alle Probleme gelöst seien. "Wir haben insbesondere haushaltspolitisch dieselben Probleme wie vor eineinhalb Jahren."

Koch sagte, die Reform werde "weit über die Jahre hinaus für die deutsche Wirtschaft eine Bedeutung haben". Deutschland komme nun zu einem international wettbewerbsfähigen Steuersatz. "Es gibt keinen Grund mehr, einen Bogen um Deutschland zu machen." Koch wie Steinbrück wiesen außerdem Kritik auch aus den eigenen Reihen zurück, die Reform bringe Nachteile für den Mittelstand. Diese Befürchtung hatte unter anderem Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) geäußert.

"Verfassungsrechtlich sehr bedenklich"

Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms sagte, auch die Liberalen seien für niedrigere Steuern für die Unternehmen. Was die große Koalition allerdings vorgelegt habe, sei "völlig unzusammenhängend, unsystematisch, ungerecht und verfassungsrechtlich sehr bedenklich". Solms warf Steinbrück und Koch vor, die gewinnschwachen, kapitalschwachen und forschungsintensiven Unternehmen zu schwächen und damit "genau die falsche Lenkungswirkung" zu erzielen. "Das ist eine Reform für Siegerunternehmen."

Die Grüne Finanzexpertin Christine Scheel sagte, von den Regierungsplänen profitierten nur 15 Prozent der Unternehmen. Außerdem sei die Reform strukturell nicht so vernünftig aufgestellt, dass die Probleme gelöst würden. Steinbrück habe zudem eine Finanzierungslücke von neun Milliarden Euro geschaffen, die nicht solide finanziert sei. Die Reform schaffe "bürokratische Mehrbelastungen" für Unternehmer. Der Fraktionschef der Linkspartei, Oskar Lafontaine, nannte die Pläne schlicht ungerecht. Die Steuern der Unternehmen müssten nicht noch weiter gesenkt werden, den DAX-Unternehmen "läuft das Geld aus den Ohren".

Handel fordert Nachbesserungen

Der Handelsverband BGA begrüßte grundsätzlich die Unternehmenssteuerreform und die geplante rasche Verabschiedung des Gesetzes. Gleichzeitig forderte BGA-Präsident Anton Börner allerdings Nachbesserungen. Die geplanten "massiven Komplizierungen" ließen die Vorteile der Reform rasch dahinschmelzen. "Die Unternehmensteuerreform wird so zum Stachel im Fleisch unternehmerischer Investitions- und Finanzierungsentscheidungen", erklärte Börner.

Steinbrück wies in der Debatte allerdings den Vorwurf zurück, mit der Reform übertriebene Zusatzkosten für Bürokratie zu schaffen. Die geschätzten 180 Millionen Euro im Jahr bedeuteten bei der Zahl von fünf Millionen profitierenden Unternehmen eine jährliche Belastung von gerade mal 36 Euro je Betrieb. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe) übt der neu geschaffene Bürokratie-TÜV der Bundesregierung deutliche Kritik an den Steinbrück-Plänen. Es würden 40 neue Informationspflichten geschaffen, gleichzeitig aber nur drei abgeschafft. (tso/AFP)

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