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Die drei Kandidaten Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Armin Laschet stellen sich der Debatte.

© via REUTERS

Streit um CDU-Parteitag: Laschet plädiert für Verschiebung, Merz lehnt dies ab

Kann der CDU-Parteitag stattfinden – und wenn ja, wie? Drei Szenarien sind denkbar. Von der Entscheidung könnte einer der drei Kandidaten profitieren.

Es war ein historisches Ereignis: der CDU-Parteitag im Dezember 2018. 1001 Delegierte in der Hamburger Messe. Angela Merkel hält nach 18 Jahren an der Spitze der CDU ihre letzte Rede als Parteichefin, das Ende einer Ära.

Bei den Reden ihrer potenziellen Nachfolger spürt man bis in die hinterste Reihe: Annegret Kramp-Karrenbauer trifft den richtigen Ton, Friedrich Merz dringt nicht durch. Die Stichwahl wird zum Showdown. Am Ende gewinnt AKK mit 35 Stimmen Vorsprung.

So gespannt man sein darf, wer Kramp-Karrenbauer nun nachfolgt: So einen Parteitag wird es diesen Dezember nicht noch einmal geben. Im Konrad-Adenauer-Haus wäre man schon froh, wenn überhaupt ein Parteitag stattfinden kann.

Denn der avisierte Termin für den 4. Dezember in Stuttgart steht auf der Kippe. Die Infektionszahlen in ganz Deutschland steigen rasant an. Da ist ein Parteitag mit 1001 Delegierten aus ganz Deutschland riskant. Und er würde – so befürchtet man in der CDU-Spitze – womöglich auch ein falsches Signal an die Bevölkerung senden, die sich immer weiter einschränken muss.

Die CDU-Vorsitzbewerber Armin Laschet und Friedrich Merz stritten am Sonntag über eine mögliche Verschiebung. Während NRW-Ministerpräsident Laschet in der „Welt am Sonntag“ für einen Aufschub des CDU-Bundesparteitages plädierte, wandte sich Merz in den Zeitungen der Funke Mediengruppe dagegen. Im Gespräch ist als Ausweg eine dezentrale Veranstaltung, die sich auf die Neuwahl der Parteispitze beschränkt.

Größere Parteiveranstaltungen seien derzeit „nicht möglich und nicht vermittelbar“, sagte Laschet der „WamS“. Der Parteitag sei auch nicht unbedingt wie bisher vorgesehen schon im Dezember erforderlich.

Alle anstehenden Fragen könnten auch nach dem Winter entschieden werden. „Wir müssen alle Kraft, Energie und Anstrengungen jetzt auf die Bekämpfung der Pandemie richten“, betonte Laschet.

Altmaier spricht sich für eine Verschiebung aus, Merz dagegen

Auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte der „WamS“, solange die Zahl der Neuinfektionen auf hohem Niveau weiter steige, sei an einen Parteitag „nicht zu denken“. Gesundheitsschutz und Infektionsschutz müssten maßgeblich sein für die Entscheidung über den Parteitag. „Danach kommt lange nichts“, unterstrich Brinkhaus.

Zuvor hatten bereits Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und CDU-Präsidiumsmitglied Mike Mohring für eine Verschiebung des Kongresses plädiert, bei dem in Stuttgart ein Nachfolger für die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer gewählt werden soll.

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Friedrich Merz hingegen wandte sich gegen eine Verschiebung: „Diese Wahl muss stattfinden, auch wenn ein Parteitag an einem Ort mit 1001 Delegierten zur Zeit nicht möglich sein sollte“. Es gebe schließlich „keinen Staatsnotstand“.

Die engste CDU-Spitze trifft sich am Sonntag um 16.00 Uhr mit den drei Kandidaten für den Parteivorsitz, um die für diesen Montag geplante Entscheidung über den Wahlparteitag Anfang Dezember vorzubereiten. Das berichtete zunächst die „Bild“-Zeitung.

Das Logo mit den Buchstaben der CDU, hier ein Foto vom Februar 2020 beim Kleinen Parteitag der CDU Niedersachsen im Weserbergland-Zentrum.
Das Logo mit den Buchstaben der CDU, hier ein Foto vom Februar 2020 beim Kleinen Parteitag der CDU Niedersachsen im Weserbergland-Zentrum.

© Hauke-Christian Dittrich/dpa

Am Montag tagt der Bundesvorstand der CDU. Dann soll die Entscheidung fallen. Trivial ist das nicht. Die Bundestagswahl steht ins Haus. Die Frage der Kanzlerkandidatur ist eng verknüpft mit der des CDU-Vorsitzes. Eine Entscheidung zwischen Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen muss her. Und je nachdem, in welcher Form der Parteitag stattfindet, könnte einer der drei profitieren.

Vibrierende Armbänder

Mehrere Szenarien stehen zur Auswahl. Die erste Möglichkeit wäre, es bei dem Termin in Stuttgart zu belassen. Das Konrad-Adenauer-Haus hat ein Hygienekonzept ausgearbeitet, das unter anderem Armbänder beinhaltet, die vibrieren, wenn ein CDUler einem anderen zu nahe kommt. Doch wegen der steigenden Infektionszahlen wird Stuttgart immer unwahrscheinlicher.

Die zweite Möglichkeit wäre, den Termin beizubehalten, den Parteitag aber an einen anderen Ort zu verlegen. Im Gespräch ist Leipzig. Dort sind die Infektionszahlen vergleichsweise niedrig. Aber es ist alles andere als sicher, dass das so bleibt.

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Die dritte Möglichkeit wäre ein dezentrales Konzept. Im Konrad-Adenauer-Haus schaut man deshalb interessiert nach Niedersachsen. Dort hat der Landesverband einen digitalen Wahlparteitag für November angekündigt. An vier verschiedenen Standorten sollen die gut 400 Delegierten sich treffen. Mit Videotechnik würden sie dann online zusammengeschaltet.

Eine solche Lösung wäre auch für den Bundesparteitag denkbar. Die Delegierten könnten dann vor Ort ihre Stimme in eine Urne einwerfen, die Auszählung würde direkt stattfinden. Dennoch gibt es auch hier Bedenken: Was, wenn etwas technisch nicht funktioniert und die Wahl dann juristisch angefochten werden kann?

Dennoch wäre das Modell Niedersachsen wohl besser als eine reine Briefwahl. Denn es ist davon auszugehen, dass keiner der drei Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit holt. Es müsste also eine Stichwahl geben – was bei einer Abstimmung per Brief bedeuten würde, dass sich das Prozedere über mehrere Wochen hinziehen kann. Die letzte Möglichkeit wäre, den Parteitag zu verschieben. Als mögliches Datum wurde März genannt. Aber es gibt auch dann keine Garantie, dass er stattfinden kann – insofern sind viele in der CDU-Spitze skeptisch.

Auch eine Forsa-Umfrage unter CDU-Mitgliedern ergab, dass 68 Prozent dafür sind, den 4. Dezember als Termin beizubehalten – sie sprechen sich aber auch dafür aus, den Parteitag anders, zum Beispiel als Briefwahl zu organisieren.

Jede Gelegenheit nutzen

Doch egal wie abgestimmt wird, für Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus ist schon klar: „Den Saal rocken, das wird nicht funktionieren“, sagte er im Tagesspiegel-Interview am vergangenen Wochenende. Er habe in letzter Zeit einige Aufstellungsversammlungen erlebt. „Da sitzen unter den gegenwärtigen Bedingungen in einer riesigen Turnhalle nur sehr vereinzelt Leute auf weit auseinandergezogenen Stühlen. Versuchen Sie da mal eine begeisternde Rede zu halten.“

So wie 2018 in Hamburg die Entscheidung zwischen Kramp-Karrenbauer und Merz auf dem Parteitag selbst fiel, so werde das Rennen 2020 garantiert nicht erst auf dem Parteitag entschieden. „Die Delegierten werden vorher im Kopf haben, wem sie ihre Stimme geben.“

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Die drei Kandidaten müssen also jetzt jede Gelegenheit nutzen, im Vorfeld für sich Werbung zu machen. Kürzlich konnten sie auch schon mal eine digitale Vorstellungsrede üben: Sie waren bei der Jungen Union zu Gast und traten in einer Internet-Veranstaltung namens „Der Pitch“ gegeneinander an. Stimmung kam aber auch hier kaum auf.

Friedrich Merz, so heißt es, hoffe trotz allem noch ein paar Unentschiedene mit einer schmissigen Rede zu begeistern. Für NRW-Ministerpräsident Laschet könnte es unterdessen ein Vorteil sein, wenn die Bewerbungsrede keine so große Rolle spielt. Er gilt nicht als besonders starker Redner, ist aber gut im Netzwerken.

Wer am Ende das Rennen macht, liegt in den Händen der 1001 Delegierten. Dennoch ist das Ergebnis der Forsa-Umfrage unter den CDU-Mitgliedern interessant: Für Friedrich Merz würden sich 45 Prozent entscheiden. 24 Prozent waren für Laschet, 13 für Röttgen.

Aber die größten Chancen, ein gutes Wahlergebnis für die Union bei der Bundestagswahl zu erreichen, trauen die meisten CDU-Mitglieder einem Kanzlerkandidaten von der CSU zu: dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. (mit AFP, dpa)

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