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Junge Menschen stoßen mit Gläsern an.

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Strikte Grenze: Sollte Alkohol erst ab 18 Jahren erlaubt sein?

Gesundheitspolitiker sind einer höheren Altersgrenze auch bei Wein und Bier nicht abgeneigt. Mediziner finden das gut, Branchenvertreter sind skeptisch.

Von
  • Lothar Ebbertz
  • Jakob Maske
  • Jürgen Rehm
  • Christian Schwörer

Stand:

Jugendliche dürfen, sobald sie 14 Jahre alt sind, im Restaurant oder der Kneipe Alkohol trinken, wenn sie dort gemeinsam mit ihren Eltern sind. Dieses sogenannte begleitete Trinken klingt nicht nur anachronistisch, die Gesundheitsminister der Länder wollen es auch abschaffen.

Denn inzwischen ist klar: Alkohol ist nicht nur ein traditionelles Mittel zur Auflockerung steifer Runden und Schwunggeber für müde Partys, sondern auch und vor allem ein Nervengift. Gesundheitspolitiker von SPD und CDU im Bund zeigen sich außerdem offen dafür, das generelle Mindestalter für den Konsum von Alkohol auf 18 Jahre anzuheben. Bisher ist das Trinken von Bier und Wein nämlich ab 16 erlaubt, auch ohne Eltern.

Ist das sinnvoll? In unserer Rubrik „3 auf 1“ haben wir dazu vier Experten befragt.


Andere EU-Länder machen es vor

Das Mindestalter für den Erwerb oder Konsum alkoholischer Getränke sollte in Deutschland auf 18 Jahre angehoben werden. Warum?

Erstens entwickelt sich das menschliche Gehirn in diesem Alter noch, und Alkohol oder andere Rauschmittel beeinflussen diese Entwicklung negativ. Zweitens sind die Erfahrungen mit einem höheren Mindestalter hinsichtlich der Gesundheit bei Jugendlichen in allen Ländern positiv.

So sinken die Raten sexuell übertragbarer Krankheiten, die Anzahl von Verkehrs- und anderen Unfällen und von Suiziden. Schließlich gibt es für die Betroffenen auch Langzeitfolgen, wie weniger Alkoholabhängigkeit und geringere Sterblichkeit noch einige Jahrzehnte später, wie Studien aus den USA oder Finnland zeigen.

Natürlich wird ein solches Gesetz nicht verhindern, dass Jugendliche Alkohol schon vorher konsumieren. Aber es wird im Schnitt weniger Alkohol konsumiert und Rauschtrinken nimmt ab. Mit anderen Worten: Alkoholkonsum und Rauschtrinken werden weniger normal, mit den genannten Folgen. Deshalb entscheiden sich immer mehr Länder für ein höheres Mindestalter für Alkohol, einige EU-Länder auch für ein Mindestalter von 21 Jahren.


Eltern in der Verantwortung, nicht das Gesetz

Der DWV befürwortet, das sogenannte „begleitete Trinken“ ab 14 Jahren ersatzlos aus dem deutschen Jugendschutzgesetz zu streichen, ist jedoch dafür, dass die bewährte Altersgrenze bei 16 Jahren verbleibt.

Das Gesetz soll Kinder und Jugendliche wirksam vor Gefahren schützen, gleichzeitig aber auch ihre Entwicklung zu selbstbestimmt handelnden Persönlichkeiten fördern. Der DWV setzt sich für einen starken Jugendschutz ein, zum Beispiel mit den Präventionskampagnen „Wine in Moderation“ oder „Don’t drink and drive“. Erfreulicherweise belegen die Daten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass Jugendliche heute – anders als frühere Generationen – viel besser die Risiken von Alkoholmissbrauch einschätzen können und immer verantwortungsbewusster mit alkoholischen Getränken umgehen.

Es bleibt entscheidender Faktor, dass Eltern und andere erwachsene Bezugspersonen ihre Verantwortung wahrnehmen und eine Vorbildfunktion gegenüber Kindern und Jugendlichen erfüllen.

Christian Schwörer, Generalsekretär Deutscher Weinbauverband

Die deutsche Weinwirtschaft wird weiter in ihren Präventionskampagnen für einen starken Jugendschutz und einen moderaten Genuss ihres Produktes eintreten und vor Risiken des Alkoholmissbrauchs warnen. Gleichzeitig bleibt es entscheidender Faktor, dass Eltern und andere erwachsene Bezugspersonen ihre Verantwortung wahrnehmen und eine Vorbildfunktion gegenüber Kindern und Jugendlichen erfüllen.


Gefahr fürs Gehirn

Die Gehirnentwicklung des Menschen ist erst zwischen 21 bis 25 Jahren vollständig abgeschlossen, das Gehirn ist also bis zu diesem Zeitpunkt besonders empfindlich für Einflüsse von außen wie zum Beispiel Alkohol.

So steigt bei frühem Alkoholkonsum nachweislich die Suchtgefahr, aber auch die sogenannten neurokognitiven Defizite. Diese führen zu Verhaltensauffälligkeiten, Verschlechterung der Gehirnleistung und der Informationsverarbeitung.

Besonders deutlich wird dies, wenn Alkohol in der Schwangerschaft konsumiert wird. Hier kommt es zu einer schweren Schädigung des noch sehr unreifen Gehirns des Ungeborenen, die zu lebenslangen, schwersten Beeinträchtigungen des Kindes führen und schon bei geringen Mengen Alkohol entstehen können.

Da die Kombination aus Party, Alkohol und Sexualität gerade in dieser Altersgruppe nicht ungewöhnlich ist, bedarf es hier immer wieder der Information Heranwachsender durch Eltern, Lehrer*innen und Ärzt*innen.

Aus rein medizinischer Sicht machen Aufklärung, aber auch ein Alkoholverbot bis 18 also durchaus sehr viel Sinn. Entsprechende Maßnahmen zeigen in anderen Ländern, wie zum Beispiel Island schon erhebliche Erfolge.


Den Umgang mit Alkohol lernen

Die Brauwirtschaft lehnt eine Anhebung des Mindestalters für den Konsum schwach alkoholischer Getränke auf 18 Jahre ab.

Ohne Frage: Der Missbrauch von Alkohol birgt Risiken! Umso wichtiger ist es, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, den Umgang mit Alkohol zu erlernen. So erkennen sie die mit übermäßigem Konsum verbundenen Gefahren und werden nachhaltig in die Lage versetzt, Alkohol bewusst zu genießen und eine Gefährdung der eigenen Gesundheit, aber auch Dritter zu vermeiden.

Wichtiger als Verbote ist konsequente Aufklärung über die mit übermäßigem Alkoholkonsum verbundenen Risiken. Dass diese Aufklärungsarbeit, in die sich auch die Brauer-Verbände einbringen, wirkt, belegen Statistiken des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit: Rund 90 Prozent der 12-17-Jährigen konsumieren heute seltener als einmal wöchentlich irgendein alkoholisches Getränk – Tendenz seit Jahrzehnten: rückläufig.

Die gestaffelte Altersgrenze für die Abgabe schwach alkoholhaltiger Getränke (ab 16) und Spirituosen (ab 18) hat sich, kombiniert mit konsequenter Aufklärungsarbeit, bewährt. Ältere Jugendliche konsumieren heute Alkohol sehr risikobewusst. Die Freiheit, sich ab 16 für den Genuss eines Glases Bier oder Wein zu entscheiden, sollte man ihnen lassen.

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