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Politik: Struck weicht Kraftprobe in der SPD aus

Unternehmenssteuer: Keine Abstimmung in der Fraktion – Gegner hoffen weiter auf Korrekturen

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Berlin - Der SPD-Bundestagsfraktion steht ein zähes Ringen um die Unternehmensteuerreform bevor. Auf Betreiben von Fraktionschef Peter Struck brachten die SPD-Abgeordneten die parteiintern umstrittene Reform am Dienstag in den Bundestag ein, ohne über diesen Schritt zu debattieren und abzustimmen. Der linke Parteiflügel erhob keine Einwände gegen das Verfahren, hält seinen Widerstand gegen das Projekt aber aufrecht und setzt auf Korrekturen. Nach Einschätzung aus der Fraktionsführung hätten im Fall einer Abstimmung bis zu 50 Abgeordnete gegen die Einbringung gestimmt – fast ein Viertel der gesamten Fraktion. Bis zur endgültigen Entscheidung im Bundestag will Struck um jeden Einzelnen werben.

Die Unzufriedenheit der Linken mit dem Gesetzentwurf von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist nach wie vor groß. Bereits am Montag im Parteivorstand hatten Kritiker wie die SPD-Abgeordnete Andrea Nahles ihren Widerstand bekräftigt: Der Gesetzentwurf stimme nicht mit den Beschlüssen der Partei überein, wonach die Reform „weitgehend aufkommensneutral“ finanziert werden sollte. Auch der Sprecher der Parlamentarischen Linken (PL) in der Fraktion, Ernst Dieter Rossmann, lehnt das Vorhaben unter Verweis auf zu hohe Steuerausfälle in seiner jetzigen Form strikt ab: „Hier wird ohne Not eine Finanzierungslücke geschaffen, die mit 25 Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren eindeutig zu hoch ist.“ Derartige Einnahmeausfälle seien den Bürgern angesichts der Mehrwertsteuererhöhung sowie der Kürzung der Pendlerpauschale nicht vermittelbar.

In einem Positionspapier verlangt die Parlamentarische Linke, in der rund 80 der 222 SPD-Abgeordneten zusammengeschlossen sind, umfangreiche Korrekturen an Steinbrücks Prestigeprojekt. So soll der Körperschaftsteuersatz nicht wie geplant auf 15, sondern nur auf 19 Prozent gesenkt werden, um die Reform aufkommensneutral zu gestalten. Außerdem müsse darauf verzichtet werden, die Abgeltungsteuer einzuführen. Mit dieser 25-prozentigen Pauschalbesteuerung auf alle Kapitalerträge will der Finanzminister verhindern, dass Anleger ins Ausland abwandern. Grundsätzlich will die SPD-Linke die Verabschiedung der Unternehmensteuerreform im Bundestag am Zusagen der Union koppeln, die Erbschaftsteuer zu erhöhen und Mindestlöhne einzuführen.

Einen Großteil dieser Forderungen könnte die SPD-Führung freilich nur um den Preis der Demontage des Finanzministers erfüllen: Für Steinbrück sind die Senkung der Körperschaftsteuer die Einführung der Abgeltungsteuer zentrale Bestandteile seiner Reform. Beschädigt würde obendrein der SPD-Vorsitzende Kurt Beck, der die Reform ebenfalls zu seiner Sache gemacht hat. Damit steht SPD-Fraktionschef Peter Struck weiter vor der unangenehmen Aufgabe, die Reform ohne wesentliche Abstriche in der Fraktion durchzusetzen. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Fraktion den Finanzminister, den Parteichef und ihn selbst im Regen stehen lasse, gab Struck jüngst zu Protokoll.

Ein anderer führender Sozialdemokrat ist da inzwischen vorsichtiger geworden. Für Vizekanzler Franz Müntefering steht die Geschlossenheit der Fraktion offenbar nicht mehr an erster Stelle. Zu seinen Erwartungen bei der Schlussabstimmung über die Unternehmensteuerreform im Bundestag Ende Mai sagte er kürzlich: „Was heißt geschlossen? In einer großen Koalition ist der Zwang zur Einvernehmlichkeit nicht so groß wie bei Rot-Grün, als wir nur knappe Mehrheiten hatten. Man muss das pragmatisch sehen.“

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